Helfen uns die Sanktionen oder schaden sie mehr ?
Kluge Menschen verweisen gern darauf, jede Entscheidung vom Ende her zu denken.
Darum ist "mehr schaden" für mich eine "unsaubere" Fragestellung. Ein Beispiel:
Ein reicher Staat, eine reiche Gesellschaft, wird einen jährlichen Schaden von sagen
wir 50 Milliarden Euro, verschmerzen können. Ein armes Land, eine arme Gesellschaft,
geht vielleicht schon bei 10 Milliarden Mehrbelastung in die Knie. Oder, wie andere
sagen - Schulden kann man ruhig haben, man muss sie sich nur leisten können.
Im Falle der Sanktionen gegen Russland wird (versucht) vom Ende her zu denken.
Die Lieferung von Waffen an die Ukraine etwa, kostet auch Russland Unmengen an
Geld bzw. Unmengen an Kriegsmaterial. Ansonsten wäre die Ukraine längst verloren.
Zusätzlich richten die Sanktionen einen erheblichen Schaden für Russland an. Das Ziel
ist klar - es soll Putin die finanzielle Grundlage für einen DAUERHAFTEN Krieg entzogen
werden. Ob das gelingt, kann im Moment nur gehofft werden. Aber - so ist der Plan!
Ob das in der Netto-Geldsumme effektiv Russland oder dem Westen "mehr schadet"
ist keine entscheidende Grösse. Weil, die Alternative wäre den Krieg von Putin fleissig
weiter zu finanzieren. Was dann auf Europa zukommen könnte, mag ich mir gar nicht
ausmalen. Darum ist meine Meinung, lieber ein Ende mit Schrecken (ein u.U.
problematischer Winter für uns), als ein Schrecken ohne Ende (eine weitere Bedrohung
für europäische Staaten durch Putin).
Ich rechne durchaus damit, dass im Verhältnis zu Russland wieder normalere Verhältnisse
einkehren werden. Relativ sicher erst nach der Putin-Zeit. Die (auch meine) Hoffnung ist,
dass dieser Diktator nicht mehr zu lange sein Unwesen treiben kann. Wie stark die Kräfte
innerhalb Russlands diesen Prozess beschleunigen können - niemand kann das beurteilen.
Und zum Abschluss die Gretchenfrage: Wenn die Sanktionen uns selbst zu sehr schmerzen,
wenn wir quasi vom Gaspedal gehen, oder gar die Lieferung von Waffen einstellen ...
was wäre die Alternative? Ernsthaft verhandeln wird mit Putin niemand mehr, er hat
bis jetzt alle entscheidenden Verträge gebrochen. Jock hat dazu schon genaueres geschrieben.
Zudem steht Putin ja dazu, russische Erde heimholen zu wollen. Da gäbe es aber noch einige
Erde/Staaten mehr. Wo also wäre die Basis für konsensfähige Lösungen? Ich sehe sie nicht.
PS: Eine (natürlich leicht hinkende) argumentative Anleihe aus dem 2. Weltkrieg:
Die USA wollten lange nichts mit dem Krieg zu tun haben. Zu teuer, zu weit weg und sie
hatten wirtschaftlich genug eigene Sorgen. Erst, als Hitler anfing amerikanische
Handelsschiffe zu versenken, fand ein Umdenken statt. Wehret den Anfängen!