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Autor Thema: Geschichten aus der Geschichte  (Gelesen 85322 mal)

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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #120 am: September 24, 2021, 09:00:26 »

 vom: 05. September 2017, 15:38:31 »
________________________________________
Gestern war im oestlichen Teil von Oesterreich Schulanfang und
meine Enkelin war mittendrin.

Bilder habe ich noch nicht,aber ich kann mir vorstellen,sie im Kleid-
chen und einer riesengrossen Schultuete und ergonomischer Schul-
tasche.

Sofort stehen Bilder vor meinem geistigen Auge,die mich an meinem
ersten Schultag erinnern.

1951 war der Begriff von einer ergonomischen Schultasche unbekannt.
Ein gewoehnlicher Schulranzen tat es auch,gefuellt mit Heften und einem
Federpenal,das neben Bleistiften,Radiergummi und Bleistiftspitzer be -
stueckt war.Auch gab es damals noch keine Schultueten.

Die Muetter begleiteten die Kinder am ersten Schultag,der bei einigen mit
Traenen gefuellt war.(Vaeter hatten damals keine Zeit und mussten arbeiten).

Als sich die Klassentuere schloss,heulten die ersten los und riefen nach ihrer
Mama.

Besonders arg heulte ein Schulkollege,der spaeter als Leiter eines Zollamtes
an der tschechoslowakischen Grenze in Pension ging.
Andere wieder standen die eine Stunde tapfer durch und verliessen das Schul-
gebaeude mit dem festen Vorsatz,dass ein Tag genug fuers ganze Leben sei
und sie nie mehr wieder kommen werden.

6 Jahre spaeter betrat ich das Schulgebaeude mit dem festen Vorsatz,die ver-
gangen Jahre vergessen zu machen und den Lehrkoerper mit meinem Uni-
veralwissen zu verblueffen.

Dazu hatte ich mich gut vorbereitet.

Die langen Sommerferien hatte ich genutzt,um mir Wissen anzueigenen.

Ich studierte Joern Farrow und Rolf Torring,Sigurd,Tarzan und zum Ueberstreuen
auch noch Tom Sawyer.Da es nicht schaden konnte,nahm ich in meine Lese-
liste auch noch Zorro und Prinz Eisenherz auf.

In der festen Absicht so die Basis fuer den zweiten Nobelpreis mit 25 Jahren ge-
legt zu haben,betrat ich das Schulgebaeude.

Es roch nach gekalten Waenden und frisch gespitzen Bleistiften.

Auch die Wetterlage bot die besten Voraussetzungen,sich der Wissenschaft zu
widmen.
Seit Menschengedenken ueberzog eine Schlechtwetterfront um den 25 August her-
um unser Gebiet.Danach war es zu kalt,um in den umliegenden Teichen Baden
zu gehen - kurz,der Herbst war ins Land gezogen und keinerlei Ablenkungen waren
mehr zu erwarten.

Aber es kommt immer anders,als man es sich wuenscht.

So zwei Wochen nach Schulbeginn,erging an mich der Ruf,mit der Fussballschul-
mannschaft aufzulaufen.

Man spielte gegen die Schulmannschaft von Aalfang.

Auf der Stelle checkte ich die Situation und kam drauf,dass ein 2:1 Sieg schwerer
wiegen wuerde als ein Nobelpreis.

Jock

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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #121 am: September 24, 2021, 09:01:53 »

 vom: 19. September 2017, 13:09:33 »
________________________________________
In Oesterreich haelt sich hartnaeckig das Geruecht,dass am 25.Oktober
1955 der letzte sowjetische Soldat das Staatsgebiet verlassen hat.

Das ist unrichtig,wie auch @schiene in seinem "was geschah vor xxx"
schreibt.

Im Staatsvertrag war festgeschrieben,dass die Besatzungsmaechte inner-
halb von 90 Tagen abziehen werden.
Die Sowjets gingen am 19.September und als letzte die Englaender am
25.10.1955.
Mit der Uebergabe einer Kaserne in Kaernten war die Zeit der 4 -Teilung
vorbei und erst jetzt glaubten alle Zweifler daran,dass Oesterreich wirklich
frei geworden ist.

Mit den "Russen" wurde die Bevoelkerung in der Zone,wo sie die Besatzung
stellte,nie richtig warm.

Eher mit den Amis.Sie konnten aus einem schier unerschoepflichen Fundus
an Nylonstruempfen die Damenwelt erfreuen,obwohl der Guide fuer die GI
ueber die Charakteristik der Oesterreicher in Teilen falsch war.

Darin stand z.B.dass die Oestereicher keine Termine einhalten und sie Vor-
schriften kalt lassen wuerden.
Auch der Passus,dass sich die Oesterreicher an eiskaltem Bier laben und dabei
die betraechtliche Vernichtung von Weinen unterschlagen,verwundert.

Im viergeteilten Wien befanden sich die Hauptquartiere der Besatzer.

Das Hotel Imperial war das russische Hauptquartier,ins Gebaeude der National-
bank zogen die Amerikaner ein,ins Hotel Kummer die Franzosen.

Das praechtigste Hauptquartier war das Schloss Schoenbrunn,wo es sich die
Briten bequem machten.
Als Buero des Hochkommissars verwendete man das Zimmer,wo einst Napoleon
residierte und rief damit eine ernstliche Verstimmung zwischen den Alliierten
GB und Frankreich hervor.

Wo heute herrliche Blumenbeete sorgfaeltig betreut werden,tummelten sich
Pferde auf einem Springreiter Parcour,gleich neben einem Behelfsflugplatz.

In der Innenstadt occupierten die Briten das ehrwuerdige Hotel Sacher und machten
aus dem beruehmten Marmorsaal einen Pferdestall.

Zurecht ging daraufhin das britische Empire zu Grunde.

Jock

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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #122 am: September 24, 2021, 09:02:41 »

 vom: 03. Oktober 2017, 11:22:37 »
________________________________________
Wenn manche Member ueber Pattaya schreiben,sieht man den vor Empoer-
ung hochgeroeteten Kopf,wenn sie vom Rotlichtgewerbe berichten.

Die Damen werden veraechtlich Huren und <img src="Smileys/t3net/censored.gif" alt="" title="zensiert"/> genannt und sie wuerden
nicht einmal im Traum daran denken,ihnen ein Denkmal zu setzen.

Da waren die Vorfahren in Konstanz wesentlich realistischer und schaetzten
deren Leistungen und die von ihnen verursachte Umwegrentabilitaet so
hoch ein,dass man ihnen ein Denkmal errichtete und es Imperia nannte.

1414 - 1418 fand das Konzil von Konstanz statt und damit ist ein gewaltiger
Schub in der wirtschaftlichen Entwicklung verbunden.

Immerhin kamen in diesen Jahren 70.000 fremde Besucher in das 6.000
Einwohner zaehlende Staedtchen und stellte die Konstanzer vor Hoechstleist-
ungen.

Wo schliefen sie alle,wie konnten sie sich verkoestigen,reichten die Kapa-
zitaeten der heimischen Baecker,Fleischer und Gastwirte aus ? Und wo kon-
nten die Gunstgewerblerinnen ihren Taetigkeiten nachgehen ?

Da man bald an die Grenzen kam, mussten erlaubt werden,dass "fremde"
Baecker mit fahrbaren Backoefen herumzogen und Fleischer halt in einer stillen
Ecke schlachteten.
Denn Gastwirten erlegte man strenge Vorschriften auf und verpflichtete sie,
alle 14 Tage das Bettzeug zu waschen.

Da sich nach zwei Monaten niemand mehr darum scherte,musste man schon
eine abschaltbare Nase und auch keine Beruehrungsaengste haben,wenn man
sich mit einer, vor Monaten gewaschenen, Decke zudeckte und sich mit dem
Bettnachbar darum stritt.

Denn kein Gast konnte ein Bett fuer sich alleine beanspruchen,sondern musste
es mit einem anderen Fremden teilen.

Der Bauboom,der innerhalb der Stadtmauern entstand, ist den freundlichen
Damen zu verdanken.
Jeder frei verfuegbare Bauplatz wurde mit Holzhaeusern oder Baracken ver-
baut und stand gegen Mietzins den Fraeuleins zur Verfuegung.Aehnlich den Lauf-
haeusern,die heute mancherorts entstanden sind und auch frequentiert werden.

Das Konzil,das in Konstanz abgehalten wurde,hatte "weltgeschichtliche" Be-
deutung.

Das Schisma sollte beendet werden,von den 3 Paepsten,die regierten,sollten
zwei zuruecktreten,das Primat des roemischen Papstes wiederhergestellt und
Jan Hus verraten und verbrannt werden.

All diese Vorhaben gelangen auch und zwischen den Tagungen,die im alten Kauf-
haus stattfanden,war Zeit genug,sich Vergnuegungen aller Art hinzugeben,die
eigentlich von der Bibel her verboten waren.

Es lassen sich Parallelen zum G20 Gipfel in Hamburg herstellen nur die Konst-
anzer waren nicht so bloed und haben diese Veranstaltung gestoert.

Ja,auch der Tagungsort war hermetisch abgeriegelt und der Aufwand beim Ein-
treffen der Teilnehmer aehnlich.
Sind es heute schwere Limousinen,waren es damals stolze Pferde oder reichge-
schmueckte Saenften.

Waehrend man in Hamburg nach Abschluss des Gipfel die Schaeden zaehlte,
zaehlte man in Konstanz die prall gefuellten Geldsaecke.

Vielleicht sollten die Stadtvaeter von Pattaya daran denken,wer fuer den Auf-
schwung vom Fischerdorf zum Weltkurort verantwortlich ist,und den komischen
Delfin am Kreisel durch eine wohlgeformte Statue ersetzen.

Jock
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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #123 am: September 24, 2021, 09:03:16 »

 vom: 10. März 2018, 19:19:01 »
________________________________________
Ach das schmeichelte meine Ohren,als meine Frau am Anfang unserer
Beziehung,mich Darling nannte.

Honigsuess hoerte ich den ganzen Tag Darling,Darling und nochmals
Darling.

Sprach sie mit ihren Freundinnen von mir,nannte sie mich Darling,kurz
Darling hinten und vorne,oben und unten.

Spaeter,wir waren schon laengst verheiratet,hoerte ich den Darling seltener.
Noch spaeter,war vom Husband die Rede,erzaehlte sie von mir und im haeus-
lichen Gebrauch hoerte ich nur mehr meinen Vornamen,wenn ich aufgefordert
wurde Rasen zu schneiden oder sonstige Sklavenarbeiten zu verrichten.

Schmerzlich merkte ich den Verlust des Darlings,wenn das Essen fertig war
und mit einem kurzen gebellartigen "Heee" zu Tisch gerufen wurde.

Werden die wunderbaren Zeiten jemals zurueckkommen,wo ich mit ver -
liebten Augenaufschlag zaertlich Darling gerufen wurde ?

Das nicht erwartete Wunder geschah !

Vergangene Woche am Freitag um 16,44 h im Big C hoerte ich ploetzlich Darling.

Darling,schau,sagte sie,wie schoen das doch ist.

Ich muss es dokumentieren,also es war am Freitag um 16,44 h im Big C ,gerade
als wir vor dem Schaufenster eines Goldshop standen.

Jock
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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #124 am: September 24, 2021, 09:04:01 »

 vom: 18. März 2018, 11:40:49 »
________________________________________
An anderer Stelle,empfiehlt @Kern beim Transport von Teilen Verstorbener, niemanden
zu informieren.
Egal ob man eine Urne oder einen,eben ums Eck gebrachten Nebenbuhler als Beigepaeck,
mit hat.

Es koennte sein,dass der Taxifahrer entweder fluechtet oder die Fahrgaeste des Autos
verweist.
Denn ein Thailaender rechnet immer damit,dass der Geist des Verblichenen mitfaehrt und,
wenn er sich ungerecht oder nicht respektvoll behandelt fuehlt,unangenehm sich bemerkbar
machen kann.

Ich hatte seinerzeit,nach Verkauf meines Hauses,eine Wohneinheit in einer kurzen
Sackgasse angemietet.
7 Reihenhaeuse links,7 Reihenhaeuser rechts am Ende eines Hauses war ein Tante-
Emma - Laden eingerichtet,wo eine lustige Witwe wirtschaftet.

Ihr Mann war nach einem Verkehrsunfall verstorben und seine Urne war hoch am
Schrank im Wohnzimmer platziert und setzte Staub an.

Eines Tages zog ein Lebensabschnittpartner bei ihr ein und kuemmerte sich nicht
nur um die geschaeftlichen Angelegenheiten sondern auch naechtetens um die gute
Frau.

So schoen koennte doch das Leben sein,gaebe es nicht die Scheintoten.

Eines morgens naemlich lag die Urne zerbrochen am Boden und der Inhalt verteilte
sich ringsum.
Vorsichtig wurde der Inhalt aufgelesen und in ein praktisches Plastiksaecken ver-
packt.

Abends bei einer geselligen Runde,bei der die uebliche Menge Hong-Thong Whisky
das reichhaltige Essen besser in den Magen rutschen liess,erzaehlte sie vom Miss-
geschick um die Urne.

Jemand in der Runde machte die launige Bemerkung,dass ihr verstorbener Mann
wohl eifersuechtig auf den Nachfolger sei und daher vom Schrank heruntergesprungen
waere.

Lautes Lachen war die Folge,nur die Witwe wurde leichenblass und blieb den Rest
des Abends einsilbig.

Zwei Tage spaeter grosser Auflauf vor dem Haus. 7 Moenche kamen angereist,Raeucher-
staebchen glosten,weisse Schnuere gespannt und eine eindruckvolle Zeremonie wurde
abgehalten.

Nachdem alle,insbesondere die neue Urne,ausgiebig mit Wasser besprengt waren und
die Urne wieder auf dem alten Platz gestellt war,wurde reichlich Essen angeboten wozu
auch die Moenche aufgefordert wurden,doch zuzugreifen.

Einer Bitte,der sie sich nicht widersetzten.

Als ich vor ein paar Monaten wieder einmal auf Phuket war,besuchte ich die liebe Frau.

Doch mein Blick auf den Platz,wo die Urne stand,ging ins Leere.

Also frug ich vorsichtig nach deren Verbleib.

Man beschied mir,dass die Urne nun in einem Wat endgueltigen Platz gefunden habe,
da sie kein Risiko eingehen wolle,das eheaehnliche Verhaeltnis durch den Geist ihres
verstorbenen Mannes,gestoert zu werden.

Jock
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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #125 am: September 24, 2021, 09:04:38 »

 vom: 21. März 2018, 12:08:27 »
________________________________________
Urlauber,die im Maerz 1848 Wien besuchten,fanden die Stadt hoechst ungemuet-
lich.

Nach dem Hungerwinter 1847/1848 hat die Unzufriedenheit der Bevoelkerung
einen Hoehepunkt erreicht,der sich in Aufruhr am 13.Maerz 1848 entlud.

Aber auch die Zensur,mit der Metternich das Kaiserhaus von allerlei Revolutionen
schuetzen wollte,die sich in Teilen von Europa abspielten,verhasste und entfremd-
ete die ,vor allen staedtische Bevoelkerung,den Souveraen plus seinen Hofstaat.

Der Kaiser war geistig ohnehin wo anders,seine Regierung zunehmend kopflos an-
gesichts der Tumulte geworden,entschloss man sich,nach ein paar Toten Kompro-
misse einzugehen und Zugestaendnisse an die Bevoelkerung zu machen.

Metternich trat ab und Kaiser Ferdinand I.dankte,zugunsten des jungen Kaiser Franz-
Joseph,ebenfalls ab.

Die zuvor eingeraeumten Zugestaendnisse wurden jedoch nach und nach kassiert,
sodass die Lage am 7.Oktober des selben Jahren sich wieder so anspannte,dass der
Kaiserhof aus Wien fluechtete.

Und da schlug die grosse Stunde des Herrn Carl Grundmann.

Er kam,als Schlosser  waehrend seiner Walz nach Wien und blieb.Neben seinem er -
lernten Beruf,begeisterte er sich fuer die Eisenbahn und erlernte den Beruf eines Loko-
motivfuehrers und war danach der erste oesterreichische Lokomotivfuehrer.

Andere Lokomotivfuehrer die bei der Bahn eingesetzt waren,waren alle Englaender.

Der Beruf eines Lokomotivfuehrers hatte eine ungeheures Image,vielmehr als Flug-
kapitaen und Chefarzt zusammen.

Auch aeusserlich machte sich das bemerkbar.Lokomotivfuehrer verrichteten ihren Dienst
nur im Frack und Zylinder.

Da er der erste oesterreichische Lokomotivfuehrer war,wurde er auserkoren,den Hof-
zug nach Olmuetz zu fahren.Er tat es und wurde reichlich belohnt.

Die Flucht der kaiserlichen Familie war etwas ueberstuerzt zugange gegangen.

Man vergass doch prompt die Staatsfinanzkasse mitzunehmen.Ein Malheur,wenn nicht
die umsichtige Mutter des Kaisers Franz-Joseph,Sophie,ihre private Schmuckschatulle
mitgenommen haette und damit die Auslagen fuer Hofhaltung in Olmuetz finanzieren
konnte.

Carl Grundmann strich ein reichlich bemessenes Geldgeschenk ein,das es ihm er -
moeglichte nach und nach einen Industriebetrieb zu gruenden,der heute noch besteht.

Jock
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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #126 am: September 24, 2021, 09:05:27 »

 vom: 26. März 2018, 13:25:38 »
________________________________________
Es ist auch schon wieder ueber ein Jahr her,als ich auf der Terrasse sass
und tiefer Friede um mich war.

Die Sonne waermte meine Beine,die Hunde schiefen friedlich bei meinem
bequemen Stuhl,ein leichter Wind spielte mit den Blaettern und die Bienen
summten geschaeftigt von Bluete zu Bluete.

Wenn ich meine Augen schloss,hoerte ich,die von Claydermann gespielte
"Pour Adeline".

Ich ahnte nicht,dass ich schon in kurzer Zeit in toetlicher Gefahr sein werde.

Denn meine Frau kam vom Einkauf zurueck und hielt mir ihre neu erstandene
Handtasche vor die Nase.

Was sagst du ? rief sie mir voller Stolz zu,ist sie nicht schoen ?

Mit Muehe konnte ich meine Gesichtszuege unter Kontrolle halten und ich zuckte
kaum merklich zusammen,als ich den Preis hoerte.Denn ich war gewillt,die Sit-
uation lebend zu ueberstehen.

Daher gratulierte ich ihr zum Kauf und lobte ihrer guten Geschmack.

Nicht auszudenken was passiert waere,haette ich meine ehrliche Meinung geaeus-
sert.Sie haette mir die Augen ausgestochen und mich langsam am Grill zu Tode
geroestet.

Vor einigen Tagen fand ich die besagte Tasche in meinem Schrank.Ganz hinten
und nach oben verraeumt.

Vorsichtig nahm ich das gute Stueck,blies den Staub weg und brachte sie ihr zu
meiner Frau.

Ihre Reaktion machte mich sprachlos.Statt mir um den Hals zu fallen und sich hundert-
mal zu bedanken,nahm sie sie mir aus der Hand und warf sie in die Muelltonne.

Dazu sagte sie noch im Vorbeigehen - so ein haessliches Stueck! Nicht einmal habe ich
sie verwendet.

Jock
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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #127 am: September 24, 2021, 09:06:08 »

 vom: 02. April 2018, 12:07:25 »
________________________________________
Heute ist es Gang und Gaebe,dass Frauen als Soldatinnen beim oester-
reichischen Bundesheer dienen.

Aber damals,vor 20 Jahren,als die ersten 11 Weibleins zum Bundesheer
kamen,war die Aufregung gross.

Vor allem bei den Staeben musste man das Problem loesen,wie umzugehen
damit.

Erst befuerchtete man,dass die Kraft eines weiblichen Soldaten im Zeige-
finger nicht ausreichen wuerde,den Abzugshahn des Sturmgewehres durch-
zuziehen.

Dann,wie soll der taegliche Umgang mit Frauen beim Heer vonstatten gehen?

Man  schuf eine Umgangsfibel,worin festgeschrieben wurde,dass Frauen  mit-
unter anders reagieren,als Maenner.

Frauen,so ist zu lesen,regieren freundlich,wenn man bei Gespraechen ihnen
in die Augen blickt.Maenner eher empfinden den Blick in die Augen als Aggres-
sion.Ein Verhalten,das sich auch bei Hunden feststellen laesst.

Auch das Ausleben von Freuden und Frust ist unterschiedlich.Soldaten,die eine
der beiden Erfahrung gemacht haben,gehen ein Bier heben,waehrend weibliche
Soldatinnen in lautes Schluchzen verfallen.

Keinesfalls,darf da ein Vorgesetzter in ein "Beschuetzersyndrom" verfallen und
sich immer erinnern,das stets ein Abstand von 3 Schrittlaengen eingehalten
werden muss.
Der einzuhaltene Abstand fuehrt natuerlich zu Problemen bei Verleihungen von
Orden.Das Zuwerfen dieser,ist in den Armeen eher ungewoehlich.

Das Abstandhalten fuehrt jedoch unvermeidlich zu Maengel bei der Nahkampfaus-
bildung,die man dadurch wohl ausgleichen koennte,wenn man den Verhaltens-
kodex auch potentiellen feindlichen Maechten uebermittelt.

Vorgesetzte und Ausbilder wurden von der Gefaehrlichkeit vor dem weiblichen Ge-
schlecht ausdruecklich gewarnt und empfohlen,bei Inspektionen der Unterkuenfte,
stets die Tuere offen zu halten.

Zum Glueck wurde nicht darauf vergessen,darauf hinzuweisen,dass Frauen die Sinn-
haftigkeit eines Befehls hinterfragen koennen und wie man freundlich darauf reagiert.

Dies richtig gehandhabt,kann entscheidend bei einer geplanten Gegenoffensive sein,
denn nichts ist zeitverzoegernd und nervend wie fragende Frauen.

Frauen beim Heer sind durchaus geeignet,sich hohes Ansehen in der Bevoelkerung
zu erwerben.

Das Denkmal der Heroinen in Phuket zeugt davon und auch Johanna von Orleans konnte
genauso gut mit dem Schwert umgehen wie mit ihrem Puderdoeschen.

Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #128 am: September 24, 2021, 09:06:58 »

 vom: 08. April 2018, 11:10:57 »
________________________________________
Die Kassenpatientin und die Unfallversicherungsanstalt

Derzeit wird ueberlegt,die Unfallversicherungsanstalt (AUVA) zu zerschlagen,obwohl sie
hervorragende Leistungen in den 7 Spitaelern und 4 Rehazentren erbringt.

Vor vierzig Jahren beschloss die Leitung der AUVA aus den alten,unzureichenden Raeum-
lichkeiten auszuziehen und errichtete ein neues,architektonische hervorstechendes Ver-
waltungsgebaeude.

Es waere nicht Oesterreich,wenn nicht der Proporz eine nicht zu unterschaetzende Rolle
spielen wuerde.So auch bei der Einrichtung der gewoehnlichen Bueros,der Abteilungs-
leiterbueros und der Direktorenetage.

Gesucht wurde eine "rote" und eine "schwarze" Einrichterfirma,die eine Arge gruendeten
und das Fell des Baeren 50:50 teilte.

Die Firma,bei der ich damals beschaeftigt war,war fuer die Einrichtung der Direktions-
etage zustaendig. 5 Direktoren arbeiteten sich fuer geringes Gehalt krumm und buckelig.

Dafuer waren ihre Arbeitsplaetze nicht von schlechten Eltern.

Neben einem ausreichend grossen Sekraetariat,war das Direktorenbuero einzurichten,
wo dafuer alleine 1,3 Mio ATS budgetiert war und ein weiteres Budget war fuer das an-
schliessende Wohnzimmer und das Schlafzimmer vorgesehen.

Ich gebe zu,wir hatten Muehe,die bereitgestellten Gelder zu verbrauchen.

Bei den Beratungen,wie die Bueros gestalterisch,dem ausgefeilten Geschmack der Herren
entsprechend,umgesetzt werden kann,war es notwendig,dass die betreffenden Herren (und
ihre Frauen) zu uns in die Firma kamen und mit sicheren Griff stets zu den teuersten An-
geboten griffen.

Mitinvolviert war meine damalige Frau,die sich ebenfalls auszeichnete,dass sie stilsicher
immer zu den exquisiertesten und teuersten Dingen griff.Die Direktoren kannten sie da-
her und umgekehrt ebenfalls.

Als der Auftrag abgeschlossen war,kam eines Tages einer der Direktoren und gab be-
kannt,dass er sich neu einzurichten gedenkt.

Dabei traf er meine Frau,die am Vortag einen Auffahrunfall hatte und mit steifen Hals her-
umging.

Er liess sich das Unglueck schildern und bestand darauf,dass sie sofort ein Krankenhaus
aufsucht.Trotzdem meine Frau meinte,es sei nicht so schlimm,hatte er schon das Telefon
in der Hand und rief das Moedlinger Unfallspital an und kuendigte den Besuch meiner
Frau an.Er liess dabei die Bemerkung fallen,dass er sich erwartet,dass sie vorzueglich be-
handelt wird.

Also fuhren wir am Nachmittag dort hin.Im Wartebereich sassen und lagen stoehnende
und verstuemmelte Unfallopfer,so der Zwanzig an der Zahl.

Als sich meine Frau anmeldete und dabei ihr Name fiel,geschah grossartiges.

Sofort waren zwei Pfleger da,die sie behutsam in einem Rollstuhl betteten,derweil im Eil-
schritt der Chef der Unfallambulanz und der aerztliche Leiter des Spitals herbeieilen und
sich nach ihrem Wohlbefinden erkundigten.

Alle anderen,vor uns eingelieferten Unfallopfer konnten stoehnen wie sie wollten,meinet-
wegen auch sterben,meine Frau wurde sofort in einen Behandlungsraum geschoben,wo
sich sofort 2 Aerzte um sie bemuehten,dabei wich der Chefarzt keinen Millimeter von ihr
ab.
Nachdem man ihr eine Spritze verpasst,sie geroengt und ihr eine Halskrause verpasst
hat,offerierte man ihr nicht nur,sie in Krankenstand zu schreiben sondern auch eine Kur.

Waehrend meine Frau die Sonderbehandlung genoss,versank ich vor Scham beinahe in
den Boden.

Gedenk der super Behandlung einer normalen Kassenpatientin,bin ich schwer dagegen,
dass diese Einrichtung zerschlagen wird.

Ever never !

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #129 am: September 24, 2021, 09:07:34 »

 vom: 10. April 2018, 09:24:02 »
________________________________________
Die Hochzeitsnacht - und das medizinische Phaenomen

Seit jeher,wenn ich mich aus dem Bett werfe ist die Welt ein graues,konturloses
Irgendwas.

Erst dann,wenn ich den ersten Schluck Kaffee getrunken habe,sehe ich die Sonne,
hoere die Voeglein zwitschern und alles rundherum wird bunt.

Nachdem ich meine erste Ehe beendet hatte,musste ich lernen,wie man Kaffee zu-
bereitet.Meine damalige Frau beherrschte diese Kunst ausgezeichnet und versorgte
mich auch bestens.

Nach kurzer Zeit schaffte ich es,mir genau meinem Geschmack entsprechend,den
Kaffee so zuzubereiten,dass ich den Tag froh in Angriff nehmen konnte.
So und soviel Zucker muss drinnen sein,so und soviel Milch und der Kaffee darf nicht
zu stark sein um die gewuenschte leicht rehbraune Farbe zu zeigen.

Nach dem Zusammenkommen mit meiner zweiten Frau,war ich es daher gewoehnt,
mir meinem Kaffee selbst zu brauen.

Doch eines Tages brachte sie mir einen Kaffee,der optimal war.Zucker genau bemessen,
Milch auf dem Tropfen genau und die Farbe so getroffen,dass kein Grund zum Meckern
war.

Offensichtlich hat meine Frau "Werkspionage" betrieben und genau abgecheckt,wie ich
den Kaffee will.Taeglich servierte sie mir,wann immer ich es wuenschte,mir eine Tasse
davon.

Sie tat es sichtlich gerne und hatte auch Freude daran,mich zu Verwoehnen.Das hat zur
Folge,dass ich alle Vorsicht vergass und ihr einen Heiratsantrag machte.

Am 16.Oktober 2006 heirateten wir und ab 17.Oktober 2006 koche ich den Kaffee wieder
selbst.Denn ueber Nacht hat meine Frau vollkommen vergessen,wie man Kaffee kocht.

Medizinisch heisst der Gedaechtnisverlust Amnesie,wie mir zu Rate gezogene Mediziner
erklaerten und alle Versuche meinerseits,sie von dem Uebel zu befreien schlugen bis-
her fehl.

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #130 am: September 24, 2021, 09:08:24 »

 vom: 13. April 2018, 15:56:29 »
________________________________________
Ferdinand - das Wildschwein wird kalt !

Diese sanft-mahnenden Worte sprach Frau Piech zu ihrem Mann,der sich gerade
in einem Vortrag verbreitete,wie man die Strahlkraft eines Bremslichtes bei einem
Auto um 3 % verbessern kann,und darob das Mittagsessen vergass.

Tatsaechlich spricht aus diesem Satz die ganze Frustration,die sich bei den Partner-
innen von wichtigen Managern angesammelt haben.

So kann ich mir gut vorstellen,dass Frau Mueller einen Freudenschrei ausgestossen
hat,als es klar geworden ist,dass ihr Mann von der VW - Spitze abgeloest wird.

Ich koennte mir auch vorstellen,dass sie naechste Woche eine Luxuskreuzfahrt
in die Karibik bucht,oberstes Deck und Doppelbett und sie es geniessen wird,mehr
als nur einen Zipfel von ihrem Mann zukuenftig haben wird koennen.

Die Freude der Frauen ist aber oft mit dem Verdruss,gekraenkter Eitelkeit und De-
pression der abgeloesten Vorstaenden einhergehend.
Auch gewaltige Abschlagszahlungen und ueppige Pensionen reichen oft nicht aus,
aus dem empfundenen Tal der Traenen herauszufinden.

Ich hatte die Gelegenheit,ueber ein paar Jahrzehnte einen hochrangigen Wirt -
schaftskapitaen zu beobachten.

Urlaube empfand er langweilig und laestig,da er sein Buero nicht mitnehmen konnte.
Wenn seine Frau ihn zwang,sie bei einem kurzen Einkaufsbummel zu begleiten,wurde
er nervoes und dachte die ganze Zeit an den Umsatzchart vom Mai,den er sich noch-
mals ansehen wollte.
Hingegen genoss er Samstage und Sonntage im Buero,da kein Telefon laeutete.

Er merkte auch nicht so richtig,dass das Gesicht seiner Frau langsam die Wuerde
des Alters annahm und wurde ueberrascht mit der Nachricht,dass seine Tochter heiraten
wird.

Herr Mueller und Herr Cryan haben Glueck,dass sie in einem guten Alter aus dem
Karussel von Terminen und Sitzungen geschleudert wurden und es ist zu hoffen,dass
sie erkennen,welche gute Chance ihnen das Leben jetzt bietet.

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #131 am: September 24, 2021, 09:09:06 »

 vom: 17. April 2018, 12:27:04 »
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In meinem Leben bin ich schon viel mit dem Auto unterwegs gewesen.

Zigmale  Wien-Ancona-Wien.Auf der Autobahn wurde auf mich geschossen,im Kanal-
tal wollte man mich ausrauben.
Mit Sommerreifen ueber die Hochkoenigstrasse von B-hofen nach Saalfelden wo links
und rechts 1 m Schnee war und ich instaendig gehofft habe,ja nicht bremsen zu mues-
sen.

Ja,meine Autofahrten fuehrten mich in ferne Laender,wo Menschen ?eine Sprache
pflegen,die man nicht verstand - Bregenz im Vorarlberg zum Beispiel.

Aber nie hatte ich so viel Stress,wie beim Autofahren in Thailand.Genauer gesagt,
wenn meine Frau dabei ist.

Wehe,ich stelle die Vorderraeder beim Einparken nicht exakt parallel zum Wagen.
Wehe,ich ueberfahre ein Katzenauge beim Ueberholen.
Wehe,ich streife ein Baumblatt auf einem schmalen Seitenweg.

Da muss ich mir anhoeren,dass ich keine Ahnung vom Autofahren habe,unkulti-
viert zu sein,weil ich es nicht schaffe,die Raeder richtig zu stellen und beim 3.Punkt
ich es wohl anlege,den Wagen restlos zu zerstoeren.
Ich habe auch gelernt zu uebersehen,wenn meine Frau,sobald ich von einem Aus-
flug zurueckkomme,akribisch den Wagen auf einen Kratzer ueberprueft.

Um den Stress in Grenzen zu halten, habe es mir daher angewoehnt,nur auf dem
Highway den Wagen zu lenken und den Stadtverkehr meiner Frau zu ueberlassen.

Jede Hoffnung hatte ich schon aufgegeben,dass die Vorsehung jemals Gerechtigkeit
walten laesst und meiner Frau,als Autofahrerin,ein kleines Missgeschick passiert.

Letzten Monat in Chiang Mai hatten die Goetter Einsehen mit meinem Schicksal.

Bei der Ausfahrt aus der Tiefgarage von unserem Hotel,im Schritttempo,touchierte
sie mit der gegenueberliegenden Mauer eines uralten Wats.

Keine grosse Sache.Keine Delle,nur auf 2 cm abgeschliffener Lack.

Sie bemerkte es gar nicht und so musste ich,mit heimlicher Freude,sie darauf auf-
merksam machen.

Zuerst stritt sie es ab,die Mauer beruehrt zu haben,dann nachdem ich sie mit der
Nase darauf gestossen hatte,kam die wortreiche Begruendung ihrer Schuldlosigkeit.

Nicht sie ist schuld,denn es waren die Moenche,die die Mauer um 1613 seinerzeit an
der falschen Stelle errichtet haben.

Jock
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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #132 am: September 24, 2021, 09:09:55 »

 vom: 21. April 2018, 11:04:28 »
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Durch Jahrhunderte hindurch war die Zeit nicht mess- und sichtbar.

Man brauchte keine genaue Zeitangaben,denn das Leben richtete sich nach
dem Sonnenstand.Ging die Sonne auf und der Hahn begann zu kraehen,stand
man auf.Ging die Sonne unter und die Dunkelheit brach ein,ging man bald
darauf zu Bette.

So ist auch verstaendlich,dass Turmuhren keine Zeiger hatten,sondern nur das
Schlagwerk die Stunden in Erinnerung riefen.
Das "Zwoelfelaeuten" ist noch ein Relikt davon und verkuendete die "Mittags-
pause".

Spaeter stattete man die Turmuhren nur mit dem Stundenzeiger aus,da das Mi-
nutenanzeigen ohne Bedeutung fuer das Volk war.

Ausserdem richtete sich die Zeit in Deutschland nach den vorgegebenen,lokalen Zeit-
zonen.Da gab es eine "Berlinerzeit" die in Preussen zeitgebend war,die "Muenchener-
zeit",die "Stuttgarterzeit" u.s.w. die alle um Minuten voneinander abwichen.

Der Zeitunterschied zwischen dem oestlichsten Deutschland und dem westlichsten
Deutschland betrug immerhin 67 Minuten.

Das alles aenderte sich mit der Eisenbahn.Ploetzlich entstanden Probleme mit der
Zeit bzw. mit den Zeitangaben.

Wie erstellt man einen allgemein gueltigen Fahrplan?Wie plant man die Anschluss-
zuege ?Es war eine Wissenschaft,Fahrplaene zu lesen,da nicht nur die Eisenbahn-
zeit angefuehrt war,sondern auch die lokale Zeit.
Als Reisender war auch dadurch verwirrt,da die Uhr am Bahnhof eine andere Zeit
anzeigte,als die Uhr am benachbarten Kirchturm.

Die Eisenbahngesellschaften konnten bald nicht mehr anders,als eine einheitliche
Zeit fuer ihre Betriebe einzufuehren,um Missverstaendnisse und Fehlerrechnungen
auszuschalten - die Eisenbahnzeit war angebrochen.

Bei der Diskussion war auch die Ueberlegung,die Eisenbahnzeit nur fuer jene Orte,
die die Eisenbahnlinie beruehrte,als allgemeine Zeit einzufuehren,was man aller-
dings bald wieder verworfen hat.

Es ist dem kriegerischen Genen der Deutschen zu verdanken,dass sich in den Jahren
vor 1893 die Idee durchsetzte,eine einheitliche Zeitzone fuer ganz Deutschland ein-
zurichten.

Dem Generalfeldmarschall Graf von Molke,war es wichtig,dass bei Mobilisierungen
die Aufmarschplaene und Verlegungen der Truppen,nicht umstaendlich berechnet
werden muessen,sondern der Befehl:"um 16,00 h" tatsaechlich "16,00 h" bedeutet.

Also musste ein Gesetz her,das die "Deutsche Einheitszeit" festlegt.

Die Bedenkentraeger,hauptsaechlich Bauernverbaende,die fuerchteten,dass durch
die Zeitumstellung ihre Kuehe weniger Milch geben,konnten sich nicht durchsetzen,
und das Gesetz trat am 1.4.1893 in kraft.

Die Uhrmacherinnung wurde verpflichtet,am 31.Maerz 1893 dafuer zu sorgen,dass
alle oeffentlichen Uhren umgestellt werden, auch die in den Gaststaetten.Man be-
fuerchte,dass findige Wirte sonst laenger offen halten.

Besonders dankbar fuer die Einheitszeit waren die Redakteure der Zeitungen,die
ab sofort nicht mehr muehselig den Sendebeginn der "Tagesschau" der ARD ausrechnen
mussten.

Jock

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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #133 am: September 24, 2021, 09:10:37 »

 vom: 03. Oktober 2018, 15:33:50 »
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Das Land seiner Traeume

1957 hatten die USA einen ausgezeichnet guten Ruf.

Es galt als Traumland,das Land der unbegrenzten Moeglichkeiten,wo man innerhalb einiger
Jahren vom Tellerwaescher zum Millionaer aufsteigen kann.

Viele zog es ueber den Atlantik,manche mit Grips,andere allein nur mit Muskeln und die
meisten schafften es auch.

Sie zogen bald in Traumvillen am Meer,hatten eine Anzahl von Autos und heirateten Frauen
die aussahen wie Doris Day,die sowohl beim Bettenmachen wie auch beim Kochen unentwegt
"Que sera sera,whatever will be will be" sangen und nebenbei 3 oder 4 eigene Kinder aufzogen,
ohne je Sex gehabt zu haben.

Auch im Staedtchen Schrems waren die ungeahnten Moeglichkeiten,die die USA boten nicht un-
bekannt und bei manchen reifte der Entschluss,dorthin auszuwandern.

Mein Schulkamerad Franz,genannt Gidi war so einer.Er war sich ueberdruessig,dass unser Deutsch-
lehrer sich unablaessig bemuehte,ihn den Unterschied zwischen Dativ und Akkusativ beizu -
bringen,was er ohnehin nie im Leben brauchen werde.

Herr Schoenbicher,unser Lehrer verlor angesichts der vergeblichen Muehe,erst seine Schoenheit
dann seine Haare.Nur seine roten Schuhe,die er zum Steireranzug trug,waren stets sorgfaeltig
geputzt.

Gidi hatte es eilig.Den Goldrausch in Californien hatte er ohnehin schon versaeumt,doch es warteten
noch unzaehlige Chancen und so beschloss er eines Tages,sich auf die Reise nach den USA zu be-
geben.

12 Jahre war er erst alt und er ueberredete noch zwei juengere Freunde,ihn auf seiner Reise zu be-
gleiten.

Mit dem ersten Schritt beginnt jede noch so weite Reise,sagt ein altes chinesisches Sprichwort.

Ihre ersten Schritte waren zur Bahnstation Puerbach-Schrems,wo sie einen Zug bestiegen,der
Richtung Wien fuhr.
Dem Schaffner,der sie nach einer Fahrkarte fragte,erklaerten sie,dass sie die nicht haetten,aller-
dings seien sie auf den Weg nach Amerika,wo sie Millionaere werden wollen.

Sobald sie dieses Ziel erreicht haben,wuerden sie den Fahrpreis ueberweisen.Grosses Ehrenwort !

Irgendwie verstand sie der Schaffner nicht und uebergab die Knaben bei der naechsten Halte-
stelle dem Bahnhofsvorstand,der wiederum die Genermarie alarmierte.

Die Dienstelle verstaendigte die Vaeter und baten sie,ihre Soehne abzuholen.

Als Gidis Vater eintraf,ueberwaeltigte ihn die Wiedersehensfreude und schlug ihn gruen und blau,
sodass er 3 Tage nicht zur Schule gehen konnte.

Nach der Schulzeit verloren sich unsere Wege und als ich ihn Jahrzehnte spaeter wieder traf,
hatte er eine Gastwirtschaft in Schrems eroeffnet.

Bei unserem Treffen war er nicht sonderlich gespraechig.Er erzaehlte nur,dass er Koch gelernt
hat und einige Jahre in Skandinavien gearbeitet haette.

Ein oder zwei Jahre spaeter wollte ich ihn nochmals besuchen,doch die Gaststaette war geschlos-
sen und niemand wusste genau,wo er hingegangen sei.

Ich bin mir sicher,er ist jetzt in Amerika und scheffelt Millionen,hat einige Autos und eine Frau die
wie Doris Day aussieht.Sicher ist auch,dass er bald den Betrag fuer die Fahrkarte Puerbach-Schrems
nach Vitis ueberweisen wird.


Jock
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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #134 am: September 24, 2021, 09:11:26 »

 vom: 08. Oktober 2018, 18:42:34 »
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Onkel Wilhelm und sein Kreuz mit Hitlers Wunderwaffe

Je enger sich die Schlinge um das Deutsche Reich zusammenzog umso heftiger ruehrten
die Nazi die Propagandamaschinerie.

Von der Wunderwaffe wurde gesprochen,die die Kriegssituation aendern wuerde.

War damit gemeint die Reichsflugscheibe mit repulsinen Antrieb ?Oder die Heinkel He 162,
ein aus Holz und Leim gebauter Jagdflieger,der immerhin 960 Km/h erreichte.
War damit die Weiterentwicklung der V2 gemeint ?

Genaues wusste man natuerlich nicht.

Onkel Wilhelm war Bauer in Schrems und wortkarg. Mehr als "Hue und Hot" oder "Wuah und
Brrr" kam ihm nicht ueber die Lippen.

Undenkbar,dass er eine flammende Rede zum Ruhm des 1.000 jaehrigen Reiches halten wuerde.

Trotzdem wurde er zum "Ortsbauernfuehrer" ernannt.Der Grund dafuer war die prominente Ad-
dresse am Hauptplatz 26 in Schrems und weil er dort der einzige Landwirt war.
Daher prangte bald ein eindrucksvolles Schild neben der Eingangstuere,die mit der Aufschrift
versehen war,dass es sich bei dem Bewohner um ein Mitglied des "Reichsnaehrstandes" handle.

Ein unuebersehbares Hakenkreuz rundete das Ganze ab.

Onkel Wilhelm war zwar an Politik nicht interessiert,doch konnte er nicht verhindern,dass er in-
direkt dem Deutschen Reich zuarbeitete.

Zuerst scheute er nicht zurueck,dass seine Frau das Mutterkreuz erhielt und sah sich auch ge-
zwungen,seinen juengsten Sohn auf Adolf taufen zu lassen.Aber das war es auch schon.

Als sich das Kriegsglueck dem Deutschen Reich abwendete und der Einsatz der Wunderwaffe
auf sich warten liess,stattdessen der Iwan nah und naeher kam,wurde er unruhig.

Taeglich wurde sein Dilemma grosser.Nimmt er das Schild ab und die Wunderwaffe dreht die
Kriegssituation,erschiesst ihn die SS.Nimmt er das Schild nicht ab,erschiessen ihn die Sowjets.

Naechtlang hoerte er die Feindsender ab und verglich die Meldungen mit jener,die das Wehr-
oberkommando herausgab.

Nachdem klar geworden war,wer Sieger sein wird,montierte er das Schild neben der Haustuere
ab und versteckte es tief im Kartoffelkeller.

Die vier Bohrloecher liess er unverputzt,denn man weiss ja nie,was kommt.

Bis spaet in die 80ger Jahre waren sie so stumme Zeugen einer verworrenen Epoche.

Jock
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