vom: 11. April 2016, 10:25:59 »
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Wir,meine erste Frau und ich,hatten es uns zur Ange-
wohnheit gemacht,fremde Staedte zu Fuss zu erkundigen.
So lernten wir London,Paris,Rom, Athen und auch Kairo,nicht
nur aus dem Tourbus kennen sondern atmeten auch den Flair
einer Stadt ein.
Natuerlich lasen wir uns vorher ein und waren zumindest
theoretisch mit den Sitten und Unsitten vertraut und fuehlten
uns gewappnet,in Bezug auf Kairo, mit der anderen Kultur
bestens auszuommen.
Kairo - Schon ein bisschen Hauch aus 1001 Nacht.Die Sphinx
blickte uns genauso unbeweglich an,wie sie einst auf Napoleon
geblickt hat.Das Treiben in den Basaren hat sich seit Cheop
und Cleopatra nicht wesentlich veraendert.Es wurde gefeilscht,
ueber den Tisch und aus der Wasserpfeife gezogen.
Nach dem Besuch des Aegyptischen Museums schlenderten wir
noch stundenlang durch Kairo,alle Versuche, uns ueber das Ohr
zu hauen,souvaeren abwehrend,was mit der Zeit ermuedete.
So beschlossen wir mit dem Taxi zum Hotel zurueck zu fahren.
Wir blieben an einer Ecke stehen und studierten den Stadtplan,
als uns ein aelterer Herr mit Anzug,Krawatte und Aktentasche an-
sprach und uns frug,ob er helfen koenne.
Als er feststellte,dass wir Deutsch sprachen,wechselte er ebenfalls
auf Deutsch und erzaehlte uns,er sei Professor an der Uni,war selber
schon oftmals in Oesterreich und schaetze die Oesterreicher wegen
ihrer Grosszuegigkeit sehr.
Er warnte uns eindringlich,ja keinem der Strassenverkaeufer zu trauen,
ja nicht,wenn wir keinen Teppich erstehen wollen,ein Teppichfach -
geschaeft zu betreten,denn das seien alles Gauner und Betrueger und
nur darauf aus,Touristen das Fell ueber die Ohren zu ziehen.
Er und seine Familie sind in dieser Hinsicht ehrliche Leute.So wuerde,
zum Beispiel, sein Cousin der Rosenparfuem herstellt,niemals an fremde
Touristen herantreten und sie zum Kauf animieren.
Die Kunst, Rosenparfuem herzustellen ist eine alte aegyptische,und wird
seit pharaonischen Zeiten in seiner Familie gepflegt.
Wenn wir wollen,wuerde er sich sogar verwenden,seinem Cousin zu ueber-
reden versuchen, uns einen Flacon zu verkaufen.
Wie gesagt,wir waren muede,aber meine Frau nicht muede genug,um nicht
bei dem Wort Parfum wach zu werden.
Also folgten wir dem guten Mann zum Geschaeft seines Cousins,wo uns
angenehme Kuehle empfing und hatten alsbald eine eisgekuehlte Cola
vor uns stehen.
Wir rochen an verschiedenen Flaeschchen und der auf Arabisch gefuehrte,
heftige Disput wurde uns damit uebersetzt,dass sich der Cousin weigert,uns
ein kleines Flaeschchen zu verkaufen.
Es handelt sich ja um eine besondere Essenz,fuer die er in Paris ein kleines
Vermoegen bekaeme.
Unser Professor liess aber nicht locker und so konnte meine Frau,fuer ein
kleines Vermoegen einen Flacon erwerben.
Nachdem Vermoegen gegen Vermoegen getauscht waren,wir noch einen eis-
gekuehltgen Tee zu uns genommen hatten,riefen sie uns noch ein Taxi und
wir verabschiedeten uns mit herzlichen Worten.
Naechsten Tag sassen wir bereits im Flieger und flogen nach Hause.
Dort angekommen,konnte meine Frau es nicht mehr erwarten,sich eine
Nase voll von der Kostbarkeit zu holen und oeffnete den Flacon.
Sie roch einmal,sie roch zweimal,aber von Rosen war nichts zu riechen.
Kein Wunder,Wasser riecht gewoehnlich nicht.Auch kairoanisches nicht.
Trotzdem,wenn ich an diese Geschichte denke,so stehe ich nicht an,meinen
tiefen Respekt dem Herrn Professor zu zollen.
Jock
p.s. Seither hat der Begriff "Grosszuegigkeit" fuer mich eine doppelte
Bedeutung.