vom: 30. Dezember 2015, 17:34:30 »
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Die Nacht von Sylvester zum 1.Jaenner haette mir beinahe
vor einigen Jahren das Leben gekostet.
Und am Totenschein waere gestanden,dass als Todesursache,
vollstaendiger Erschoepfungszustand festzustellen war.
Ich war an jenem Tag allein in Wien.Zwar hatte ich eine Einladung zu
einer Sylvesterparty,doch ich sagte weder zu noch ab.
Als es Dunkel wurde,beschloss ich Zuhause zu bleiben,mir zum 35.Mal
"Dinner for One"anzusehen und bald zu Bette zu gehen.
Daraus wurde nichts,denn kurz nach 19 h laeutete das Telefon und eine
Stimme forderte mich barsch auf,endlich zu kommen.Die anderen Gaeste
seien bereits alle da.Alle haben Hunger und wuerden nur auf mich warten.
Naja,dachte ich warum nicht,so ein Fonduemenue ist ja nichts Schlechtes.
Ich warf mich Schale und machte mich auf den Weg in den 3. Wr.Gemeinde-
bezirk,wo mein Gastgeber zu Hause ist.
Dort angekommen,erwarteten mich schon Heinrich mit seiner jungen thai-
laendischen Frau,die erst seit Juni in Wien war.Ein Gewerkschaftsfunktionaer,
ebenfalls mit thailaendischer Frau,Wolfgang,der zum Smoking einen Roll-
kragenpullover trug, mit Doi,auch einer Blume aus Thailand und zwei jungen
Thailaenderinnen,die niemand kannte.
Kaum sass ich,wurde uns schon einen Teller mit Spaghetti unter die Nase ge-
schoben und lauwarmes Budweiser- Bier gereicht.
Da Spaghetti nicht meine Lieblingsspeise ist und ich noch Platz fuer das koest-
liche Fondue bewahren wollte,ass ich fast nichts.
Kurz nach 20 h wurden die Teller abserviert und nun sollte es lustig werden.
Der Gewerkschafter fuehrte das grosse Wort und sprach ueber Gewerk-
schaftskongresse,Sinn und Zweck von Gewerkschaften,wobei er sich nicht
zu schade war,sich auch in Veraestelungen zu verbreitern.
Mit Heinrich,der sich durch die Alkoholvorraete durcharbeitete,begann er
ein sinnloses Streitgespraech,wo am Ende die Zwei,Wolfgang und ich nicht und
die Thaifrauen schon gar nicht wussten,worueber diskutiert wurde.
Noch immer 3 Stunden bis Mitternacht,langsam bekam ich Hunger und ich
sehnte mich nach dem Fondue.
So nach 22 h spaehte ich nach einem Toilettengang in die Kueche,um die
Herrlichkeiten,bestehend aus wuerfelig geschnittene Lungenbraten-und Huehner-
filetstuecken in Augenschein zu nehmen dazu die diversen Saucen,Kraeuter-
und Knoblauchbutter und die frischen Baquetts angerichtet zu sehen.
Doch, oh Schreck,in der Kueche sah nur die benuetzten Teller mit Spaghetti-
resten.Keine Spur von einem Foenduekessel und mit den farbigen Gabeln.
Ein fuerchterlicher Verdacht stieg in mir auf.Ist es mir wirklich vom Schicksal
bestimmt,dass ich an Hungertod sterbe?
Meine Laune war auf dem Tiefpunkt.Im 5 Minutentakt sah ich auf die Uhr und
verfluchte denjenigen,der auf den Zeigern sass.Ich sann auf Flucht,doch der
3.Stock war mir zu hoch,um aus dem Fenster zu springen.Zudem war mein
Mantel im Schlafzimmer,wo die zwei thailaendischen Maedels gut und fest
darauf schliefen.Auch war der Gastgeber noch nicht betrunken genug,um mich
auf Franzoesisch vom Acker zu machen.
Wolfgang ging es genauso.Auch er langweilte sich,aber er hatte unwahrschein-
liches Glueck.Er nuetzte den Toilettgang des Gastgebers blitzschnell aus,ergriff
seine Frau und ihre Maentel,rief noch "Prosit Neujahr" und schon liefen sie Treppe
hinunter.
Als der Gastgeber mit heruntergelassener Hose in der Toiletttuer stand,um sie
aufzuhalten war es bereits zu spaet.
Aber ich war gefangen.Jede Bewegung von mir wurde von Heinrich misstrauisch
beobachtet.
Endlich Mitternacht.Im TV der Donauwalzer,am Stephansplatz die Pummerin,ich
so hungrig,wie schon lange nicht.
Punkt 0,30 h schlug meine grosse Stunde.Heinrich und der Gewerkschafts-
fuktionaer schnarchten leise,als ich im Schlafzimmer die zwei thailaendischen
Maedels von meinem Mantel rollte,der Hausfrau ein "Happy New Year " zurief
und durch die Tuere verschwand.
Draussen eine klare,kalte Nacht und das Streugut knirschte unter meinen Schuhen,
als ich meine Schritte zur bekannten Thaibar nahe der Staatsoper lenkten.
Dort war das pralle Leben,dort spielte die Musik,Jubel,Trubel,Heiterkeit.
Die Bar war zum Brechen voll und ununterbrochen kamen oder gingen die Thais.
Ich entdeckte Wolfgang mit seiner Frau.Beide waren in bester Stimmung und einige
andere bekannte Gesichter,die mir alle ein glueckliches Neujahr wuenschten.
Ich durfte mich wo an einem Tisch dazusetzen und bestellte etwas zu Essen und
ein kaltes Bier.
Als ich gestaerkt war,kehrten die Lebensgeister wieder zurueck und ich sah mich
um.Ich sass an einem Tisch von 5 thailaendischen Frauen,wovon 4 in voller Aktion
waren,waehrend die 5. auffallend still da sass.
Hoeflichkeitshalber und dem Anstand entsprechend sprach ich sie an und fragte
sie,ob es ihr hier gefallen wuerde.
Ihre Antwort war ein glasklares NEIN.Es sei zu laut hier,vom Rauch bekaeme sie
Kopfweh und ausserdem sei sie hundemuede und wolle nichts anderes als zu Bett.
In diesem Moment geschah bei mir ein Wunder.Die lange zurueckgedraengte
christliche Naechstenliebe verwandelte sich in einen Strom von Barmherzigkeit
und ich bot ihr mein(halbes)Bett an.
Auch im Himmel war man von meinem Verhalten ueberrascht und die Erzengel
stimmten ein Hallelujah an.Ich sang leise mit,denn die Schoene nahm mein An-
gebot an.
Sonst gibt es ueber diese Nacht nicht mehr viel zu erzaehlen.
Lange nach 5 h frueh hoerte ich mich sagen :Honey,es ist genug,Lass uns jetzt
schlafen.
Und mein letzter Gedanke war : Mann,hab ich ein Glueck,dass sie schon hunde-
muede war.
Jock
Von dieser Stelle: Alles Gute im neuen Jahr.