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Autor Thema: Geschichten aus der Geschichte  (Gelesen 23607 mal)

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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #45 am: September 24, 2021, 07:32:26 »

 vom: 26. Juni 2014, 09:50:04 »
________________________________________
Die Liste der Buergermeister von Wien ist lang.

Sie reicht von Konrad Poll,der 1282 Buergermeister war ueber Konrad Vorlauf,
der 1488 hingerichtet wurde bis zu Dr. Karl Lueger,der wohl die wichtigsten kommunalen
Weichenstellungen durchgesetzt hat.

Unter seinem spaeteren Nachfolgern ist Rudolf Prikryl zu erwaehnen,da er ein Zeugnis da-
fuer ablegt,wie urploetzlich eine politische Karriere entsteht und wie aprupt sie endet.

Bei Buergermeister Konrad Vorlauf faellt auf,dass die damals lebenden Buerger,denen er
vorstand,keinen so langen Geduldsfaden hatten wie heute.
Er setzte auf das falsche habsburgerische Pferd und wurde kurzerhand oeffentlich hingerichtet.

Kann man sich das heute vorstellen ? Bei Klaus Wowereit,  zum Beispiel ?

Nein,heute werden gescheiteterte Politiker entweder pensioniert,sitzen einem Aufsichtsrat vor
oder werden nach Bruessel abgeschoben.

Oder sie landen,in einem ehrenhalber gewidmeten Grab,wie der Ex-Buergermeister
Rudolf Prikryl.

Rudolf Prikryl war gelernter Installateur und kaempfte im spanischen Buergerkrieg.
1945 war er wieder in Wien und begegnete einen russischen Offizier,der ihn vom spanischen
Buergerkrieg her kannte.

Kurz entschlossen ernannte der Russe am 13.April 1945 Herrn Prikryl zum Buergermeister.
Doch schon am 16.April 1945 wurde er wieder abgesetzt und haelt seither den Rekord als
kuerzest amtierender Buegermeister dieser Grossstadt.

Anders die lange Amtszeit von Dr.Karl Lueger die von 1897 bis 1910 andauerte.

Der " Schoene Karl ",wie er genannt wurde,war ein Antisemist und Demagoge.

Er musste zwar 4 x die Wahlen gewinnen,bevor der Kaiser seine Zustimmung zu seiner
Ernennung zum Buergermeister gab und seine erste Amtshandlung war,dass er ein
Plakat am Rathaus anbringen liess,wo draufstand,dass Juden und Sozialisten nicht an-
stellt werden.

Allerdings,fuegte er gespraechsweise hinzu,bestimme ER,wer ein Jude sei !

Seine Amtszeit ist gekennzeichnet,dass er viele kommunale Ver- und Entsorgungsbe-
triebe,die sich in in auslaendischen Haenden befanden,entprivatisierte.

Ob es die Strassenbahn war,die Gaswerke,die Wasserwerke oder das Beerdigungs-
wesen- alle wurden der Gemeinde Wien angegliedert und fuehrten zu einer wesentlichen
Verbilligung fuer die Bewohner Wiens.

Eine Anekdote erzaehlt,dass dem Buergermeister Lueger,der tief im Studium eines
wichtigen Aktes versunken war,gemeldet wurde,dass Fuerst Loewensten- Werthein-Freuden-
berg zu Besuch gekommen sei.

Zerstreut antwortete er dem Kanzleidiener : " Die 3 Juden sollen ein bisschen warten  !"

Dr. Karl Lueger war so beliebt,dass damalige Zeitgenossen stolze davon erzaehlten,er
haette ihnen die Hand gereicht.

Auch der heute amtierende Buergermeister ist beim Volk beliebt- wie alle Mandatare,in
Oesterreich, die einem Tropfen Wein nicht abhold sind und schon mal das Gleichgewicht
dabei verlieren.


Jock

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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #46 am: September 24, 2021, 07:33:17 »

 vom: 07. Juli 2014, 10:59:42 »
________________________________________
Tatsaechlich !

Kollege @ Suksabai  und Frau Kollegin @ Friida hatten den richtigen
Riecher.

Die folgende Geschichte behandelt der Wiener Zentralfriedhof.

Was kann daran so interessant sein,dass man darueber etwas schreibt?

Es sind die kleinen Facetten,die ein zeitgeschichtliches Zeugnis ablegen,wie
man mit dieser Materie umgegangen ist.

1863 schon beschloss der Wr.Gemeinderat einen "Zentralfriedhof" zu errichten,da
die Kapazitaet der "innerstaedtischen" Friedhoefe bald erreicht sein wird. Zudem
rechneten die Stadtentwickler damit,dass Wien bis zum Ende des 20 Jhd. 4 Mio Ein-
wohner haben wird.

Also wurde,nach Ueberpruefung des Bodens, ein 2,5 km2 grosses Gelaende am sued-
oestlichem Rande angekauft.Von der Innenstadt gut 12 km entfernt,an der alten Reichs-
strasse nach Budapest gelegen.

Dieses Strassenstueck nennt sich Simmeringer Hauptstrasse und war damals von eben-
erdigen Haeuser gesaeumt,welche von Kleingewerbetreibende und Bauern bewohnt wurden,
unterbrochen von "Gstaetten" und Feldern.

Die Stadtvaeter sahen vor,den Friedhof als interkonfessionale Anlage zu betreiben.Also er
solle fuer alle religioese Gruppierungen offen sein.

Dieses Ansinnen rief sofort bei der r.k.Kirche Protest hervor und man drohte,das Friedhofs-
gelaende nicht einsegnen zu wollen zumal auch bekannt wurde,dass die juedische Gemeinde
sich durch Zahlung eines hohen Geldbetrages,quasi eingekauft hatte.

Schliesslich konnte der Kardinal Rauscher doch ueberredet werden,eine Einsegnung vorzu-
nehmen.Genau am Tag vor der offiziellen Eroeffnung,(1.November 1874)so gegen 4 h frueh bestieg der Herr
Kardinal seinen Einspaenner,fuhr zum Friedhof und segnete unter Ausschluss jeder Beobachtung
das Gelaende ein.

Der neue Friedhof war trostlos,die Vegetation schuetter,die fuer eine Friedhofsanlage not-
wendigen Bauten noch nicht fertig und entlang der Simmeringer Hauptstrasse war ein
endloser Zug an Pferdefuhrwerke unterwegs,die die Leichen der Verstorbenen zum Friedhof
brachten.

Die ununterbrochene Erinnerung an das menschliche Ende,schlug sich bei den Anwohnern der
Simmeringer Hauptstrasse aufs Gemuet- sie waren hoechst ungluecklich.Ebenso jene Familien-
angehoerige,die nur auf beschwerlichen und zeitraubenden Weg,ihren Verstorbenen die letzte
Ehre erweisen konnten.

Die Stadtvaeter nahmen die Beschwerden ernst und da oberdrein,damals als die Winter noch
Winter waren,die Pferdefuhrwerke oftmals stecken blieben,sann man auf alternative Leichen-
transporte umzusteigen.
Die herausragenste Idee war,einen kilometerlangen Tunnel zu graben und die Saerge in einer
Art Rohrpost pneumatisch zum Friedhof zu befoerdern.

Da daraus nichts wurde blieb es bis 1918 beim Pferdetransport.Erst ab da an verwendete man
den 71er der zu diesem Zweck 3 eigene Waggons hatte und die Toten bei nachts fuhr.

Um die Attraktivtiaet des Friedhofs zu erhoehen,wurden betraechtliche Geldmittel aufgewendet.

Gebaeude und Kirche sind heute Juwelen des Jugendstils,die Wege im Friedhofsbereich saeumen
Alleebaeume,alles ist gepflegt und hat grosse Aehnlichkeit mit einem Park.
Den Friedhof kann man mit eigenem Fahrzeug befahren und vor dem Friedhofsgelaende findet
man alles,was man zur Ausgestaltung einer "schoenen Leich" braucht.
Steinmetze,Gaertnereien und ganz wichtig,geraeumige Gaststaetten fuer den Leichenschmaus.

Nicht nur die Verstorbenen fuehlen sich dort wohl,auch allerlei Getier,darunter 20 Rehe ,die von
einem eigens abgestellten Foerster betreut werden.

Am Friedhof sind alle gleich,heisst es ! Irrtum- nicht am Zentralfriedhof.

Da gibt es die Praesidentengruft,da gibt es eine Reihe von Ehrengraeber aber auch der Normal-
tote versucht sich abzuheben.Da ist dann auf dem Grabstein zu lesen,dass der Innlieger ein
Dr.Dr. Ing. war, Generaldirektor einer namentlich angefuehrten Firma oder einfach nur "Haus-
besitzer und Seidenfabrikant.

Es ist jetzt gut schon 20 Jahre her,als ich an einem Begraebnis am Zentral teilnahm.
Der gute Franz hatte den 71er genommen.

Immer habe ich bei solchen Anlaessen Pech. Entweder ist es saukalt oder drueckend heiss.
Jener Tag war wohl der heisseste Tag im Jahr.Da es sich nicht schickt,im luftigen Hawaii Hemd
zu erscheinen,sondern man Anzuege in Schwarzschattierungen traegt,dauert es nicht lange,
bis einem der Schweiss nicht nur von der Stirne rinnt,sondern auch vom Nacken an, den Ruecken
hinablaeuft.
Sehnsuechtig wartet man darauf,dass der Grabredner seine Luegen beendet und die Vision von
einem kalten Bier verfestigt sich von Minute zu Minute.

Der Verstorbene hatte ein langes Leben hinter sich und so war auch die Schilderung dieses,endlos.

Der Grabredner erzaehlte,dass der Verstorbene schon als junger Ehemann zur Marine eingezogen
wurde,in Norwegen bis Ende des Kriegs dort stationiert war und als er danach wieder in Wien war,
von seiner Frau,einem Knaben und dessen Halbschwester begruesst wurde.
Die harte Nachkriegszeit verhinderte,dass jemand ein Zeit-Weg-Diagramm erstellte und spaeter
verlor niemand mehr ein Wort daruber,dass Sohn und Tochter sogar nichts vom " Vater"mitbekommen
haben.

Endlich nachdem der Pfarrer schon 3x verstohlen auf seine Uhr geblickt hatte,endete die Grabrede.

Schnell noch eine Schaufel Erde auf den Sarg und schon strebte alles dem Ausgang zu.

Der Leichenschmaus fand im gegenueber dem Eingangstor liegenden Gasthaus statt.Ich war dazu
eingeladen und konnte zu meiner Verblueffung feststellen,wie schnell sich doch eine Stimmung
drehen kann.

3 Vierterln vom "Bruennerstrassler" oder 5 grosse Biere fuer jeden und die Stimmungslage erreicht das
Niveau,das am Auszahlungstag des Sparvereines beim Wirten am Eck,knapp vor Weihnachten
vorherrschend ist.

Leichenschmaeuse sind aber wichtig und fuehren dazu,den Hinterbliebenen klarzumachen,dass
das Leben auch nach einem Trauerfall weitergeht.

Wo das " Leben weitergegangen" ist kann man daran erkennen,dass man das am Grabstein eingravierte
 "Unvergessen"nur dann lesen kann,wenn man das meterhohe Unkraut zur Seite biegt.

Jock

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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #47 am: September 24, 2021, 07:34:44 »

 vom: 08. Juli 2014, 11:44:07 »
________________________________________
@Friida

Wien war tot ! Lange Jahre von 1918 bis herauf in die Siebzigerjahre.

Aber seither hat sich viel getan,wenn wir z.B. den Freizeitsektor beleuchten.

Zwar hatte die Hochkultur immer schon Hochkonjuktur und man sparte nicht,
weltbekannte Opernsaenger zu engagieren,die Wr. Philharmoniker gaben Konzerte
und an der Burg brillierten Stars der Sprechbuehne.

Der Besucherkreis rekrutierte sich aus dem gehobenen Bildungsbuergertum und
selten kamen Vertreter des gewoehnlichen Volkes.

Als Zerstreuung blieb ihnen der Heurige,der Wurstelprater,der Boehmische Prater,das Kino,
der Wirt ums Eck,der Besuch eines Spiels seiner Fussballmannschaft u.s.w.und die
familiaeren Besuche in der Verwandtschaft.

1960,als ich nach Wien kam,war die 6 Tage- Woche,vor allem im Einzelhandel,
noch ueblich.Manuelle Berufe gingen erst langsam in die 5 Tage-Woche ueber.
Allerdings war es in ganz Wien kaum moeglich,an einem Sonntag ein offenen Ge-
schaeft zu finden.
An Bahnhoefen und ein paar Laeden,die auf Grund einer " Maria-Theresia -Konzession"
offen hatten,konnte man noch etwas kaufen.
Tanzen gehen,ausserhalb der Ballsaison,fast unmoeglich.Zu Einem fehlte das Geld,zum
Anderem die individuelle Moblilitaet,denn die Massenmotorisierung lief erst an.

Und so lebten viele Familien,wie Onkel Hans.

Onkel Hans war Metallarbeiter bei einer Lokomotivenfabrik und lebte mit seiner Frau,
die Tante Hansi gerufen wurde,zusammen mit dem Wellensittich namens Hansi in der
Vorstadt in einer kleinen 1 1/2 Zimmerwohnung mit Ausblick auf die Rangiergleise der
Westbahn.

Trostlos war deren Leben und sie freuten sich,wenn Verwandtschaft am Sonntagnachmittag
zu Besuch kam.Der obligate Gugelhupf wurde zu Kaffee verspeist,die politische Wetterlage
eroertert.Letzteres hatte zu Folge,dass es muehsam war,den entstandenen Dissens wieder
zu begradigen.

Dieser Mief,der ueber die ehemalige Residenzstadt lag,gab es in anderen Grosstaedten ge-
nauso.Allerdings rebellierten 1968 die Jugend und Studenten gegen das Altvatrische und brachen
die Struktueren des altmodischen Denkens auf.

Nicht so in Wien. 1968 ging fast spurlos vorueber.Studenten,die sich zu Protestmaerschen ver-
sammlten,trugen Anzuege mit Krawatte und hatten das Haar gescheitelt.Der groesste Skandal war,
als sich ein Maler bei einer Vernisage nackt vor einer Ministerin auszog.

Aber von da an,gings bergauf.

Heute gibt es Diskotheken,im Bermudadreieck blieb so mancher Nachtschwaermer verschollen,
die Donauinsel wurde errichtet-ein wunderbares Freizeitgebiet an der Donau.Das Donauinselfest
zieht bis zu 3 Mio Besucher an drei Tagen an.Rockkonzerte unter Open air mit Autritten bekannter
Barden wie Wolfgang Ambros,Fendrich u.s.w. erfreut altes und junges Publikum.

Zwar haben viele der "Wirte ums Eck" und Beiseln sowie Kaffeehaeuser zugesperrt,dafuer sind
Lokale entstanden,wo man Kuechen aus vielen Laendern geniessen kann.

Liebe @Friida,Wien ist heute eine moderne Metropole im gemuetlichen Gewand,hervorragend
verwaltet und bietet den Besuchern so ziemlich alles.

Dein Hinweis,dass die Wiener eine besondere Beziehung zum Tod haben,stimmt.Vielleicht werde
ich mal darueber einen erlesenen Bericht verfassen.

Nun,werden sich viele fragen,wie ging es mit Onkel Hans weiter ?

Als Onkel Hans in die Rente ging,zogen alle 3 ins elterliche Haus.Weit droben im hintersten
Winkel des Waldviertel,wo es selbst Fuchs und Hase zu langweilig ist.

Eines Tages vergass man die Tuere des Vogelkaefigs zu schliessen und die Hauskatze fand
leichte Beute.
Der Schmerz ueber den Verlust des wertvollen Vogels war zu gross fuer Tante Hansi.Sie be-
schloss zu sterben,legte sich ins Bett und wartete dort die naechsten Jahre,bis dann endlich
der "Gevater" kam und sie mitnahm.

Das dauerte deswegen solange,weil sie ja eine vollkommen gesunde Frau war und zudem von
Onkel Hans " gepflegt " wurde.

Als sie begraben war,war auch das Leben fuer Onkel Hans nicht mehr schoen und lebenswert.
So beschloss auch er zu sterben,was wiederum viele Jahre in Anspruch nahm.

Niemand von der heute noch lebenden Verwandtschaft,weiss genau,wo sie begraben sind,un-
kannt ist auch,wovon sie traeumten,welche Wuensche sie hatten,welche Sehnsuechte nicht
in Erfuellung gingen.

Mit einem Wort : Sie sind Unvergessen !

Jock
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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #48 am: September 24, 2021, 07:36:14 »

 vom: 19. Juli 2014, 07:23:12 »
________________________________________
"Unser Vodda woar a Hausherr und  a Seidenfabrikant"

Wenn dieses beliebte Heurigenlied gesungen wird,besingt es nicht nur
etwas,was vergangen ist sondern auch eine Epoche,die unter " Gruenderzeit"
in die Geschichte eingegangen ist.

So seit 1850 nahm die Industrialisierung langsam an Fahrt zu.Die alte Haupt -und
Residenzstadt Wien schliff die alte Stadtmauern und Glacis,machte Platz fuer die
Prachtbauten entlang der Ringstrasse und in der Vorstadt entstanden Mietskasernen
fuer das Proletariat.

Die Errichter dieser dieser Bassenahaeuser waren zumeist,das zu Geld gekommene
Buergertum,die in den Mieteinnahmen ihre Rente sahen.

Einer jener dieser Buerger,die damals den Grundstock fuer ihren Wohlstand legten,war
Herr Josef Gabler,der ein Unternehmen fuer Schmaltextilien und elastische Baender
gruendete. 1872 war dies, und 10 Jahre spaeter beschaeftigte er bereits 500 Arbeiter.

In diesen Aufbaujahren wurde ein Konkurrent in Schlesien erworben und die Produktion
dorthin verlegt,wobei die Firmenzentrale in Wien, Andreasgasse verblieb.Der Mitarbeiter-
stand erhoehte sich auf 1.200 Personen.

Herr Gabler und seine Soehne verdienten viel Geld und legten dieses in Immobilien an,
vorzugsweise in Wien- Hietzing,und errichteten herrschaftliche Villen fuer die Verwandtschaft.

1970 gelang es diesem Unternehmen,mich als Mitarbeiter zu gewinnen und ich tauchte
in ein Unternnehmen ein,wo die Zeit stehen geblieben war.

Alleine das Ritual der taeglich um Punkt 10 h stattfindenden " Postsitzung"ist eine Be-
schreibung wert.

Kurz vor diesem Termin,versammelten sich die massgeblichen Herren im Sitzungszimmer
und bekamen von der Chefsekraeterin die Postmappe ausgehaendigt.Es blieb nur wenig Zeit
den Inhalt durchzusehen,denn Punkt 10 h betrat Herr Kommerzialrat Vitasek das Zimmer,
nahm an der Stirnseite des Tisches Platz und dann hatten wir zu referieren.

Zuerst der Verkaufschef,dann der Einkaufschef zuletzt der Abgesandte der Buchhaltung.

Der Herr Kommerzialrat Vitasek war ein seinem Auftreten ein echter Kommerzialrat.

Schlanke Gestalt,schlohweisses Haar,bestes Tuch fuer den Anzug und ausgesuchter Krawatte,
Vorliebe fuer englischem Tee und Zigarre und ein leidenschaftlicher Jaguarfahrer.

Ich verstand mich sofort mit ihm,denn auch Jock war damals noch schlank und legte
grossen Wert auf gute Kleidung,statt Tee war es bei mir Kaffee und als Rauchware tat es
eine Zigarette auch.Den FIAT Bj.1964  den ich besass,redete ich mir zum Jaguar schoen.

Wir waren sozusagen auf gleicher Augenhoehe.Gut, ich musste einige Abstriche machen,
denn mein Reihenhaus musste ich selbst bezahlen,waehrend fuer die Betriebskosten und Haus-
personal bei Herrn Vitasek,die Firma aufkam.Auch die Urlaube unterschieden sich.

Herr Vitasek fuhr jedes Jahr im Mai-Juni nach Italien und machte in Florenz,Pisa,Rom usw.
Kultururlaub und uebernachtete in den besten Hotels.

Jock hingegen machte Urlaub im Waldviertel und schlief bei Verwandte in der Mansarde.

Zurueck zur Firma selbst :

Nach dem Krieg war das Werk in Schlesien verloren gegangen und man baute in Traun ein
neues Werk auf.Mit verkleinerter Mannschaft blieb man trotzdem Marktfuehrer und baute
den Export aus.Eine neue Marktnische wurde wurde gefunden und die Damenschluepfer
unter den Markennamen Fragama,versuchten verzweifelt ihren Traegerinnen die Wespen-
taille zurueckzugeben.

Alles schien in Butter zu sein.Der Gruender Josef uebegab an seinen Sohn Franz und als der
alt geworden war,uebergab er seinerseit an seinem Sohn Franz,der wiederum mit seinem
Sohn Franz die Geschaefte fuehrte.

Hoechst redlich und erfolgreich.Die Reputation in der Geschaeftswelt war gross und Geld im
Ueberfluss vorhanden. Doch dann schlug das Schicksal zu.

1961 war eine Steuerpruefung angeordnet worden.Die Finanz drehte jedes Blatt Papier um-
und fand nichts,bis auf ein paar Kleinigkeiten um ein paar tauend Schillinge.
Das Abschlussgespraech beendete die Steuerpruefung ,die Finanzbeamten verabschiedeten
sich und der Juniorchef informierte seine Sekraeterin,dass er kurz mal weg muesse.

Er setzte sich in seinem Jaguar und fuhr zum Schloss Schoenbrunn,setzte sich dort auf
eine Parkbank und erschoss sich.

Bis heute weiss keiner,was die Gruende dafuer waren. Privat war er gluecklich verheiratet,ge-
schaeftlich erfolgreich und von jeder Existenzangst befreit.

Wie sehr diese Patrizierfamilie von der schnoeden Existenzangst befreit war,sah ich im
Archiv,wo ich Lohnunterlagen aus dem Jahr 1949/50 fand.

Die Arbeiter verdienten in der Woche etwa 100 Schillinge,also im Jahr rd. 5.000-6.000
Schillinge.Herr Franz Gabler sen.und Herr Franz Gabler jun. hatten in einem Jahr Privat-
entnahmen von jeweils 50.000 Schillinge dazu  noch die Kostenuebernahme fuer die
Fahrzeuge und Villenpersonal durch das Unternehmen.

Durch den Freitod seines Sohnes,war Franz Gabler sen.gebrochen und er uebergab die
Geschaeftsfuehrung an den Herrn Vitasek,der ein Schwager gewesen war.

Bis zum Tod von Herrn Kom.Rat Vitasek ging es noch gut,dann wurde das Unternehmen
verkauft und feierte unter dem neuen Besitzer vor zwei Jahren das 140 jaehrige Bestehen.

So erlosch eine Unternehmerfamilie,denn die einzige Tochter nach Franz Gabler jun.war
ein Kind,als sie bei mir am Schoss sass und damit viel zu jung um die Dynastie oder die
Firma weiterzufuehren.


Jock
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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #49 am: September 24, 2021, 07:37:04 »

 vom: 23. Juli 2014, 08:41:17 »
________________________________________
Unser erstes Auto.

Es war einer jener Tage,damals Ende Feber im Jahre 1970,an dem die Wetter-
lage so war,dass man keinen Hund vor die Tuere jagen wollte.

Die Wolken hingen tief und der Niederschlag konnte sich nicht entscheiden zwischen
Schneefall und Regen.Zudem kroch einem die nasskalte Kaelte von den Fuessen an
bis zur Kinnlade hoch.

Meine Frau hatte sich durchgesetzt,jetzt und heute ein Auto zu kaufen.Ihre Argumente
waren bestechend,den wir waren aus Wien in in kleines Staedtchen gezogen,die Kinder
beduerfen von Zeit zu Zeit einen Kinderarzt und der Goettergatte musste zur taeglich
zur Bahnstation gefahren werden, und und und.
Das mit "Goettergatte" und zur Bahn fahren fand tatsaechlich in 3 Jahren 5 x statt,sonst
ging ich immer zu Fuss,wie ich zu meiner Verbitterung nachtraeglich festgestellt habe,

Da ich von Autos keine Ahnung hatte,ja nichteinmal einen Fuehrerschein besass,organisierte
meine Frau einen,im Freundeskreis weltbekannten Autofachmann,der sie beim Kauf be-
raten sollte.

Der Gebrauchtwagenhaendler,am Rande der Stadt,hatte einen harten Winter hinter sich.
Taeglich sass er in einem verbauartigem Kiosk,der von einem Oelofen erwaermt wurde,
las die taegliche "Krone" und schmoekerte in Herrenmagazine,waehrend er vergeblich
auf Kundschaft wartete.

Aber dann ging fuer ihn die Sonne auf,als meine Frau und unser Bekannter den Platz be-
traten.

Die engere Wahl fiel auf einen FIAT 1100 und der Preis schien angemessen.

Meine Frau inspizierte den Wagen innen und stellte mit Entzuecken fest,dass sich hinter
der rechten Sonnenblende ein Spiegel befand und sich die Seitenfenster problemlos
auf-und zukurbeln liessen, waehrend dessen unser Bekannter den Wagen kritisch aussen
begutachtete,indem er mit seinem rechten Fuss gegen das linke hintere Rad trat.

Seine darauffussende Expertise ueberzeugte und beschleunigte den Abschluss des Kauf-
vertrages,der in der Waerme des Kiosk verschriftlicht wurde.

Als alles unter Dach und Fach war,wandte sich der Autoverkaeufer meiner Frau zu und sprach :

"Gnaedige Frau " sagte er zu meinem 23 jaehrigen Weibe, und warf ihr einen warmen Blick zu,
Gnaedige Frau,ich bin ein ehrlicher Kaufmann und will Ihnen nicht verschweigen,dass der Wagen den
Winter ueber hier stand und Sie wahrscheinlich bald eine neue Autobatterie brauchen werden,aber
dafuer ist alles  andere Top.

Als wir,frohen Herzens, den Wagen 3 Jahre spaeter verkauften,hatte er nicht nur neue Zuend-
kerzen sondern auch einen neuen Auspuff,eine neue Lichtmaschine, einen neuen Kuehler,neue Bremsen
und und und.

Nur die Autobatterie war noch immer die alte Batterie,die verlaesslich Strom lieferte.

Der Stolz und die Freude ueber das Auto hielt eine ganze Woche lang an.Dann stellten wir fest,
dass unser Auto ein Eigenleben entwickelte,das uns verblueffte.

Auf der Fahrt in das 20 Km entfernte Wien,pflege der Wagen, unvorhergesehen, eine Arbeitspause
einzulegen. Fuer geschlagene 5 Minuten hatte die Lenkerin,der Beifahrer,2 Kinder und 2 Hunde zu
warten,bis es weiterging.
Auch entwickelte der Wagen eine Vorliebe sich in Autowerkstaetten aufzuhalten und sich von geuebten
Haenden eines Mechanikers  behandeln zu lassen.

Sonst gab es nichts an dem Fahrzeug auszusetzen und die groesste Freude machte er mir,als
mich auf der Fahrt nach Salzburg ein Porsche  nur mit Muehe ueberholen konnte.

Das Auto wird es heute nicht mehr geben und der Autoverkaeufer wird nach einem Fluch von
mir noch immer in der Hoelle schmoren,waehrend sich die Freundschaft zu unserem Autospezialisten
stark abgekuehlt hat,denke ich doch manchmal daran,welch tolles Fahrzeug einmal unsres war.


Jock


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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #50 am: September 24, 2021, 07:37:52 »

 vom: 11. August 2014, 14:40:14 »
________________________________________
Hard Rock Cafe und Starbucks in Wien !

Da stellen sich bei mir die Haare auf und solange ich leben werden,werde ich niemals
einen Laden von Starbucks betreten.

Die hohe Zeit der Wiener Kaffeehaeuser war im 19.Jhd. und reichte bis Mitte des 20.
Jhd.
Kaffeehaueser waren Hochburgen der Maennerwelt und fuer Frauen war es unschicklich
ein Kaffeehaus zu besuchen.Fuer die Damen waren Konditoreien vorgesehen was nicht
immer zum Vorteil der Leibesfuelle war und das Korsett schmerzvoll daran erinnerte,dass
die Damen keine Zwanzig mehr waren.

1960,als ich nach Wien kam,war die Hochbluete der Kaffeehauskultur schon vorueber.
Es gab jedoch noch in jedem Bezirk ein Kaffeehaus,wo man den Zug der Zeit aufhalten wollte.

Oft waren die Kaffeehauser in einem Eckgebaeude untergebracht,mit dem Eingang an
der Spitze.
Schob man im Winter, die hinter der Tuer haengende "Kotze"zur Seite,sah man sich einem
Ofen gegenueber,der glaeserne Kacheln hatte und wohlige Waerme verspruehte.

Im linken Fluegen des Gastraumes,sassen die Schachspieler,davor die Tarockierer,vom rechten
Fluegel aus,etwas erhoeht in einem anschliessenden Raum standen die Billardtische.
War man Stammgast und wurde als solcher auch mit Herr Doktor angesprochen,wusste der
im Frack dienende Ober,was zu servieren war und Einem,kaum dass man sass,die Melange,
der Kapuziner,der grosse Braune,der Einspaenner oder der Franziskaner unter die Nase geschoben.

Es gab Kaffeehaeuser,wo sich Literaten trafen oder Maler,Weltverbesserer und Weltverschwoerer.

Allen waren dort Daheim und doch nicht zu Hause.Weltliteratur entstand im Kaffeehaus und ein
Herr Bromstein vulgo Trotzki traeumte im Kaffeehaus von der Weltrevolution.

1960 und aufwaerts kaempften die Kaffeehaeuser einen verzeweifelten Kampf ums Ueberleben.
Mehr und mehr schlossen ihre Pforten und ein Autohaus  oder eine Bankfiliale eroeffnete sie.

Eine spezielle Sorte der Kaffeehaeuser waren die " Witwenkaffees".Meist versteckte Lokale,
wie zum Beispiel das Cafe Akkon am Akkonplatz.
Nachmittags fuellte sich der Gastraum mit Damen mittleren Alters,sassen auf den besten
Plaetzen stundenlange bei einem Mokka und warteten.

Sie warteten auf Maenner,die einem kleinen Abendteuer aufgeschlossen waren.Und die kamen auch !

Zuerst Blicke,die sich kreuzten,der Ober wurde beauftragt,die Dame zu fragen,ob man sie auf
eine Kleinigkeit einladen duerfe und bei einem Ja sass man bald beisammen.Dem " bei dir oder
bei mir?"wurde zuvor noch die Hippologie bemueht und abgeschaetzt : "Deckhengst vs. Zuchtstute".

Da bis Ende des 19.Jhd. Damen in Kaffeehaeuser nicht gerne gesehen waren,die aber doch auch
zahlende Gaeste sein konnten,wurde der "Schanigarten " erfunden.

Stuehle und Tische wurden vor dem Lokal aufgebaut,abgeschirmt durch Kuebelpflanzen, wie dem
obligaten Oleander und die Damen herzlich begruesst.

" Schani,trag den Garten hinaus"wurde ein gefluegeltes Wort.

Der "Schani" war der jungste Kellner und hatte diese Arbeit zu leisten.Das Wort "Schani" ist
die verballhornte Form vom franzoesischen "Jean",was soviel wie Hans oder Johann im Deutschen
heisst.

Alle kennen die beruehmten Schauspieler Hans Moser und Jean Gabin.Nie waeren sie so
beruehmt geworden haetten sie sich Jean Moser oder Hans Gabin genannt.

Heute sind nurmehr zwei Hand voll,dieser guten alten Kaffeehaeuser am Platz.Die geaenderten
Lebensweisen waren der Tod dieses Institutionen.Die Mobilitaet der breiten Bevoelkerung und
das Fernsehen brachten sie zur Strecke.

Schade drum,wo konnte man sonst einen Doktorgrad,einen Kommerzialrat oder einen Professoren-
titel so leicht erwerben?


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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #51 am: September 24, 2021, 07:38:44 »

 vom: 17. August 2014, 10:20:44 »
________________________________________
Wer heute auf der Autostrada de Sole unterwegs ist,braucht Geduld- viel
Geduld sogar.

Die ersten Italiener fahren nach den Urlaubstagen rund um Ferragosto wieder
nach Hause.

Ferragosto ist der wichtigste Fest - und Ferientag in Italien und auch der wahr-
scheinlich aelteste,denn man kennt.

Seit 2043 Jahren ist der 15.August ein Feiertag.An jenem Tag also,als Kaiser Augustus
Marcus Antonius und Kleopatra besiegt hatte und ein grosses Fest organisierte.

Immer zu dieser Zeit machen Tausende Urlaub in den kleinen und grossen Hotels
und Pensionen irgendwo am Strand oder auch in den Bergen.

Da geht dann die italienische Lebensart voll ab.

Die Pension,wo man sich einquartiert hat, kennt man ja schon seit Kindesbeinen an,denn
auch schon die Eltern stiegen dort ab.Auch die anderen Gaeste sind einem seit Jahr-
zenten vertraut.Man begruesst sich in einer Lautstaerke und Gestik,die einem starken
Zerwuerfnis angemessen waere,ist aber doch nur Ausdruck der Freude ueber das Wiedersehen.

Der taegliche Tagesablauf ist streng geregelt.Nach dem Fruehstueck geht es zum
Strand,wo man einen Stammplatz hat.Die Maenner holen Zeitungen und vertiefen sich
in der Gazzetta dello Sport,waehrend die Frauen mit den Nachbarinnen schwatzen.

An der Wasserkante errichten Kinder die ersten Sandburgen,die Strandverkauefer aus
dem fernen Nigeria versuchen "echte "Lacoste- Leibchen an den Mann zu bringen und
entwickeln beachtliche Hasenfuesse,wenn am Horizont ein Carabinieri auftaucht.

Noch um 11 h versichert man sich gegenseitig,dass man heute das Mittagsessen aus-
fallen lassen werde,da man noch immer satt vom Fruehstueck ist.Aber eine knappe
Stunde spaeter stroemt alles mit knurrenden Magen dem Mittagstisch zu und wartet
ungeduldigt,bis der Vorhang vor dem Speisesaal zur Seite geschoben wird.

Minestrone,Pasta in allen Variationen und eine herrlich leichte Speise auf dem Piati secondo
werden zum Chianti oder Barollo verspeist um sich anschliessend wieder zurm Strand
zu begeben.

Dort ist ein kurzes Nickerchen angesagt,bevor man sich zur Bocciabahn begibt.Auch wenn
man das Spiel nicht gewinnt,die Haut wird tiefbraun dabei und man kann so herrlich die
Ballistik der letzten Kugel diskutieren.

Gegen 4 h wird der traditionelle Latte Macchiato oder ein Gelatto eingenommen,bevor
man, wieder im Hotel, sich fuer den Abend" Schoenmacht".

(Einen Cappucino trinkt um diese Zeit nur ein Tourist aus dem fernen Germanien,der zwar
mit seinem MB 250 SL angereist ist,aber von italienischer Kultur wenig Ahnung hat.)

Dann wieder das Warten,bis der Speisesaal freigegeben wird und anschliessend an das Abend-
essen begibt man sich auf Shoppingtour.Zwaer kennt man nach zwei Wochen jedes einzelne
zum Kauf angebotene Kleidungsstueck,aber der unergruendliche Trieb,der in jeder halbwegs
erwachsener Frau sein Unwesen treibt,zwingt rechtschaffende Maenner dazu,sie zu begleiten.

Kurz vor 11 nachts meldet sich wieder der Magen,aber man kennt ja mittlerweile dieses
kleine Ristorante,wo man um diese Zeit noch Cozze alla marinata bekommt.

Unbeschwerte Tage unter blauem,wolkenlosen Himmel und man wuenscht sich,dass es
ein Leben lang so bliebe.

Was gerne uebersehen wird ist,dass der Sommer bereits seinen Tod in sich traegt.Noch
baeumt er sich dagegen auf,aber die ersten von den Baeumen gefallenen,schnell und diskret
weggekehrten Blaetter,kuendigen das Ende der Saison an.

Vielleicht 4 Wochen noch,wenn das Wetter mitspielt,aber dann sind auch die letzten Pen-
sionisten wieder daheim.
Die Hotels und Pensionen werden,kaum dass der letzte Gast Arrividerci gesagt hat,mit
Holzbretter verschalt,der Sand am Strand mit Bulldozzer zu Bergen aufgetuermt,damit der
Winderosion Einhalt geboten werden kann und ein Geisterort entsteht.

Da und dort sieht man,wenn man Ende Oktober kommt,spaerliches Licht in den Privat-
haeuser und Katzen,die mit aufgestelltem Schweif herumstreunen.

Sonst Stille,der Ort wartet bis er wieder zum Leben erwacht.Aber bis Ende Mai dauert
es noch.Aber dann,wenn der Strand wieder voll Menschen ist,hoert man wieder das
"Cocco bello",das man nicht so leicht aus den Ohren bekommt.

Viele Oesterreicher lieben diese Art Urlaub zu machen,kommen jedes Jahr wieder,und
graben sich gegenseitig im Sand ein.So mancher Mann,erzaehlt man sich,beschliesst
kurz nach Weihnachten auch kommenden Juli wieder nach Italien zu fahren.

Allein schon deswegen,um seine Frau wieder auszugraben,da er beim letzten Mal darauf
vergessen hat.

Jock
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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #52 am: September 24, 2021, 07:39:33 »

 vom: 25. August 2014, 13:52:56 »
________________________________________
Wenn ein Herr einen anderen fraegt,ob er heute schon ein Waeschermaedel
vernascht hat und der andere Herr antwortet:Nein,aber einen Schlosserbuben,
so wuerde der anwesende Herr Kardinal weder mit der Wimper zucken noch
die Stirne runzeln.

Vorausgesetzt er ist aus Wien !

Bei dem Gespraech handelt es sich naemlich nicht um einen erotischen Tat-
hergang, sondern um Wiener Mehlspeisen.

Das Waeschermaedel mit zwei Beinen,war aber im alten Wien eine Institution.

Erkennbar durch ihre Tracht und typisch, das nach hinten zusammengebunde
Kopftuch.Wenn sie Waesche auslieferten trugen sie diese in einer Holzbutte am
Ruecken.

Aber das besondere Merkmal war,dass es Frauen waren,die relativ frei ihren
Beruf nachgingen und den ganzen Tag ueber tratschten und sangen.Ihre Rede
war spitzzuengig,sie konnten sich durchsetzen,man akzeptierte,dass sie alleine
in Gaststaetten einkehrten und dass sie einem erotischen Abendteuer bei der
Auslieferung der gewaschen Waesche,nicht abgeneigt waren.

Das ist deswegen erwaehnenswert,weil es Frauen,die Arbeit in einer Fabrik fanden,
verboten war sich zu unterhalten,da oftmals Sprechverbot herrschte.

Entlang der damals noch offen fliessenden Baeche,wie z.B. der Alserbach,standen
ihre Holzhuetten,wo sie das Schaffel,Buerste und die Rumpel untergebracht hatten.
Fruehmorgens um 6 h begann das Tagwerk und endete spaetabends,wenn das
letzte Waeschestueck ausgeliefert war.

Heute gibt es sie so nicht mehr.

Das "Waeschermaedel" der heutigen Zeit,heisst" Olga Jovanovic" und kommt aus
Bosnien,Serbien und sonstwo her.Sie arbeitet nicht mehr am Ufer eines Baches
sondern in einer chemischen Putzerei,wo sie wortkarg,die Hemden mit dem Monogramm "J v.J"
eines gewissen @J uebernimmt.

Was es noch gibt,ist der Waeschermaedelball,wo Damen der guten Gesellschaft sich in
Waeschermaedelkostueme zeigen und mit" Eintaenzern","Hutschenschleuderer" und" Peitscherl-
buam" eine Nacht lang tanzen.

Ach,ja. Die Rezepte fuer das " Waeschermaedel "und den "Schlosserbuben",stellt,wenn man
ihn sehr bittet,@.derbayer. in seinem Blog ein.

Jock
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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #53 am: September 24, 2021, 07:40:09 »

 vom: 15. September 2014, 11:15:40 »
________________________________________
Wasser predigen und Wein trinken - am Beispiel eines beliebten
Arztes !

In unserem kleinen Staedtchen namens Traiskirchen mit 14.000 Ein-
wohnern werkten 3 Aerzte.

Dr. Muehlreiter war Gemeindearzt,aber alt und er wartete ungeduldig,
dass sein Sohn die Praxis uebernimmt,was auch spaeter so geschah.

Dr.Eberhardt war auch alt und musste hilflos zusehen,wie seine Frau, eine
gelernte Buerokauffrau,die Praxis fuehrte.Wehe,einem Patienten geluestete
ausserhalb der Ordinationszeiten zu sterben,er musste dies ohne Beistand von
Dr.Eberhardt selbst fertigbringen.Da war seine Frau gnadenlos.

Dr. Schneider war erst,auf Bitten des Buergermeister,vor einigen Jahren zu-
gezogen und eroeffnete seine Ordination im Stockwerk oberhalb des Postamtes.

Nicht nur das abgenuetzte Ambiente der Raeumlichkeiten,sondern auch die Be-
handlungsweise und der Umgang mit den Patienten,rief Erinnerung an Lambarene
hervor.

Dr. Schneider war ein huehnenhafter Mann mit buschigen Augenbrauen und einer
Brille auf der Nasenspitze.Da er noch einer von der alten Schule war und sich nicht
scheute,auch nachts seine aerztliche Kunst einzusetze,war er bald der beliebteste
Mediziner weit und breit

Man verzieh ihm,dass er alle Frauen mit "Madl" ansprach und Maenner mit "I sog da
jetzt wos " einschuechterte,bei Hausbesuche stets den kuerzesten Weg nahm,ohne
auf die sorgfaeltig gepflegten Vorgaerten mit ihren Primel und Rosenstraeuche zu achten
und man verzieh ihm auch,dass er den Leuten das Rauchen abgewoehnen wollte.

Das war eine Marotte,die er pflegte.Auf seine Frage,"wievue rauchst ?" folgte sogleich
eine Abhandlung,wie schaedlich Rauchen ist,Lungenkrebs hervorrufe und die Libido beim
Manne verkuemmern laesst.

Es war anno domini 1973,am Dienstag der Karwoche,als die Goetter,dem Gott in Weiss
und meinem Sohn nicht gut gesinnt waren.

Mein Sohn,als Indianer verkleidet,war mangels Pferd mit dem Fahrrad unterwegs,als
die Gabel brach und er mit der rechten Gesichtshaelfte bremste.Das Blut stroemte,seine
Mutter (meine Squaw )schrie vor Entsetzen und verbrachte "Klein-Adlerauge" zu Dr.Schneider.

Der stellte fest,dass nichts gebrochen war und setzte eine Tetanusspritze.

Das war allerdings fuer Klein-Adlerauge zuviel.Erst verlor er die Farbe aus dem Gesicht,
dann rollte er die Augen nach oben und sank hin.

Der Doktor,mittlerweile wieder hinter seinem Schreibtisch und damit beschaeftigt ein
Rezept auszufertigen,sah den dahinsinkenden Knaben und stuerzte hinter dem Schreibtisch
hervor, um Klein Adlerauge aufzufangen.

Dabei riss er einen kleinen Rollcontainer um und der Inhalt verstreute sich am Boden.

Das war die Stunde,wo er all seine Reputation als Hueter der Volksgesundheit fuer immer ver-
lor.

Denn neben all den Papieren,lag auch ein zerbrochener Aschenbecher und zwanzig Zigaretten-
stummel herum.


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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #54 am: September 24, 2021, 07:40:45 »

 vom: 20. September 2014, 10:16:12 »
________________________________________
Ein bisschen tut es mir schon leid,dass das Referendum in Schottland
so ausgegangen ist,wie es ausgegangen ist.

Ein neuer Staat bedeutet eine neue Nationalflagge und eine neue National-
hymne.Beides gibt es bereits in Schottland.Das Andreaskreuz und die als "Song"
komponierte und getextete " Oh Flower of Scotland ".

Der Text beschreibt die tapferen Schotten,die die Army Koenig Edwards II. 1314
zurueckgeschlagen hatten.Die Melodie,mit unverkennbaren irisch-schottischem
Einschlag,der langgezogenen Toene vermittelt das Charakteristikum dieses Volkes,
wo Maenner immer noch in Roecken herumlaufen und die Welt sich fraegt,was sie
denn darunter tragen wuerden.

Der Kilt,getragen zum Spencer (der niemals zugeknoepft wird) und der Sporran
gilt als Festtagskleidung.

Offizielle Staatshymne bleibt, zumindest bis zum naechsten Referendum,das spaetestens
in 307 Jahren abgefuehrt wird,"God save the Queen".

Dieses "God save the Queen" ist auch die Nationalhyme von Australien.Aber,die geheime
Hymne ist " Walzing Mathilda " !
Jeder in Australien kennt sie und dem aergsten Trunkenbold und Tunichtsgut treibt es
die Traenen in die Augen,wenn sie wo erklingt.Renitente australische Staenkerer auf Phuket
oder Pattaya werden augenblicklich lammfromm,stimmt die Polizei dieses Lied an.

Diese deeskalierende Wirkung wird auch bei der geheimen oesterreichischen Hymne
festgestellt." I am from Austria" ist textlich weit bekannter als das "Land der Berge,Land am
Strome ".Das hat dazu gefuehrt,dass sich der Komponist, Texter und Saenger,Herr Fendrich sogar
oeffentlich dafuer entschuldigt hat.

Nationale Hymnen sind aber auch durchaus geeignet,zwischen Nationen boeses Blut her-
vorzurufen oder Befuerchtungen auszuloesen.

So wird z.B. die dritte Strophe der amerikanischen Hymne,so gut wie nie gesungen.
Beschreibt sie doch die fauligen Fussabdruecke,die engliche Blutsbrueder auf amerikan-
ischem Boden hinterlassen haben.

Auch die einstmals erste Strophe der deutschen Hymne wurde aengstlich nach hinten
verschoben,um ein bisschen den Expansionsdrang der Deutschen zu verschleiern.

Immer wenn die deutsche Nationalhymne ertoent,singt@ Jock mit voller Kehle mit.
Selbstverstaendlich mit dem Ur-Text.Nur statt dem "Franz", halt Werner oder Heinz.

Bleiben bei der kleinen Betrachtung nur noch die Schweizer.

Die derzeitige schweizerische Hymne,auch Schweizer Psalm genannt,hat schon manchen
die Staatsbuergerschaft zuruecklegen lassen.
Zu schwierig der Text,zu altmodisch und keinesfalls melodioes.

Seit Jahren wird daher in der Schweiz nach einer modernen Staatshymne gesucht.

Hoffentlich einigt man sich bald.Da die Schweiz viele Mitbuerger aus Italien hat,wuerde
sich ja " O Sole mio " anbieten oder ueberlegen die Italiener vielleicht auch,die Hymne
zu wechseln ?

Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #55 am: September 24, 2021, 07:41:48 »

 vom: 28. September 2014, 12:02:56 »
________________________________________
Langsam werde ich auf die thailaendische Post boese.

Nicht nur,dass sie sich seit Monaten weigert,die neue Bankomat zu-
zustellen,was ich zur Not noch hinnehmen kann,hat sie zudem jetzt
auch noch die Einladung zur Hochzeit von George Clooney verschlampt.

Das aergert mich wirklich,denn ich waere zu gerne dabei gewesen,denn
uns verbindet zumindest,dass wir den Hochzeitsparkour mit Laessigkeit
absolvieren koennen und auch nicht andermorgens die Kratzspuren am
Ruecken bejammern.

Wir haetten uns wirklich wohlgefuehlt dabei und meine Frau haette auch nicht
Teile des Hochzeitsmahls in handliche Behaeltnisse der Marke Tupperware
verpackt.

Aber es sollte halt nicht so sein und mir bleibt nur die Erinnerung an unsere
Hochzeit,die irgendwann so gegen Ende August 2006 stattgefunden hat.
Das genaue Datum ist mir leider entfallen und ich scheue mich,meine Frau
danach zu fragen,denn die Gefahr,dass sich dann ploetzlich der Himmel ver-
finstert ist gross.

Die eingeladenen Gaeste waren handverlesen und das Ergebnis eines Diktates
durch eine schmale Geldboerse.
Trotzdem sah ich mich fremden Gesichtern gegenueber,die aeusserst freundlich
zur Braut waren und mich mehr oder weniger ignorierten.

Die Trauung selbst fand,im Gegensatz von jener Georg Clooney`s, im Amtsgebaeude
Hietzing statt,wo im 1/2 Stundentakt Trauungen vorgenommen werden.

Alle,bis auf einen,waren dem Anlass entsprechende angezogen.Selbst der notwendige
Dolmetsch verzichtete auf seine ueblichen kurzen Hosen und kam im "Camel-Look"
daher,was gerade noch hinnehmbar war.
Nur der Mann einer Freundin meiner Frau fiel aus dem Rahmen.Sein Pullover,der
ein auffaelliges Muster in den Farben rot-gruen blau-gelb trug,verwirrte sogar kurz
die Standesbeamtin,die mich leise fragte,ob der dazugehoert.

Und die Frage war berechtigt,denn im Vorraum versammelten sich bereits die Gaeste
fuer die naechste Trauung. Eine Gesellschaft aus Ost-Anatolien.Die Herren trugen zu
schwarzen Anzuege,braun karierte Hemden und deren Schuhe waren kurz vor Auslieferung
von der Fabrik,das letzte Mal blankpoliert.

Mein Trauzeuge,der einige Jahre vorher ebenfalls eine Thaifrau genommen hatte,versuchte
sich zwei Tage vor dem Termin zu druecken.Sein einziger Anzug war sein Hochzeitsanzug
und der liess sich trotz groesster Bemuehungen nicht mehr zuknoepfen.Nach langen,guten
Zureden einigten wir uns darauf,dass er die Jacke offen laesst,was dazu fuehrte,dass sein
Hemd eine dominierende Flaeche seiner Brust einnahm.

Der Rest ist schnell erzaehlt.

Bei meinem JA laechelte der Herr Bundespraesident vom Foto und beim JA meiner Frau zuckte
der Bundesadler seine Zustimmung.
Dann ging es schnell.Gratulationen folgten und schon stroemte alles dem nahen Restaurant zu
um sich etwas von den Kosten der Hochzeitsgeschenke zurueckzuholen.

Nach so vielen Jahren frage ich mich doch in stillen Stunden,ob ich die richtige Frau ge-
heiratet habe,denn die Eintoenigkeit nagt an mir.

Nie hat sie,in all den Jahren,Teller nach mir geworfen,getobt oder gebruellt.

Jock


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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #56 am: September 24, 2021, 07:42:43 »

 vom: 20. Oktober 2014, 17:10:14 »
________________________________________
Was ich an den letzten 5 Tagen an boesen Blicken einheimsen musste,
geht auf keine Kuhhaut.

Donnerstag

In der Fruehe verletzte sich mein Hund an der Pfote.Als er blutend ankam,
warf er mir einen boesen Blick zu.Er schob mir die Schuld in die Schuhe,weil
ein fremder Hund durch den Gartenzaun blickte und er ihn verjagen musste.

Eine Stunde spaeter waren wir bereits beim Tierarzt.Der besah sich die Wunde
und meinte sie muss genaeht werden.Unser Hund wurde betaeubt,an einen
Tropf gehaengt und dann arbeitete der Arzt.Bevor der Hund einschlief erntete ich
einen weiteren boesen und vorwurfsvollen Blick.

Wieder Zuhause dauerte es Stunden bis der Hund erwachte und dann torkelte er,
mir boese Blicke zuzuwerfend,in der selben Manier wie sein Herrchen,wenn der
5 Gin-Tonic intus hat.

Freitag

Frauchchen und Wahlenkel fahren nach Chonburi.Normalerweise ein Tag der Ent-
spannung.
Diesmal jedoch nicht.Ein Hund verletzt,zum Gotterbarmen humpelnd und boese
funkelnd.Ein zweiter Hund 12 Wochen alt,von Geburt an Terrorist,der es auf meine
Sitzgruppe abgesehen und meine alte Badesandale schon 75 x totgebissen hat,
machten jeden Versuch zunichte,das Gefuehl von der Leine gelassen zu sein,zu
geniessen.
Durch das Trostspenden an den einen Hund und scharfes Beobachten,was der zweite
Hund gerade zu zerlegen gedachte,war ich zu muede um zu kochen.Eine trockene
Semmel mit ein bisschen Butter und das war`s.

Samstag

Da ich mich weigerte,um 5,15h Hund 1 hinauszulassen,bescherte mir nochmals
boese Blicke.Aber an Schlaf war ohnehin nicht mehr zu denken.Also stand ich auf,
liess den Hund hinaus und kochte Kaffee.Ploetzlich Gebelle.Am Gate mein Hund,
die
Pfote genau an der Stelle,wo er sich die Verletzung zugezogen hat,jenseits des Gates
ein fremder Hund,der meiner Huendin schoene Augen machte.

Da mein Hund an einer selten Krankheit leidet,er hoert z.B. nicht,wenn ich ihn rufe
oder dass er dableiben soll,andererseit das Oeffnen der Kuehlschranktuer ihn aus
dem allerbesten Schlaf reisst,blieb mir nicht anderes uebrig,als den Kaffee kalt werden zu
lassen und den Hund hoechstpersoenlich zurueckzuholen.
Es versteht sich dass ich in getragen habe,denn einen 3-beinigen Hund kann man nicht
30 m laufen lassen.
Statt mir vor Dankbarkeit die Fuesse zu lecken,funkelte er mich nur boese an.

Ab 7 Uhr frueh,kam das Monster in der Gestalt des 2.Hundes hinzu.Da ich in meinem
Alter schon ein bisschen langsam bin,blieb mir nichts anderes uebrig,als den Inhalt
des Kuechenmistkuebels wieder fein saeuberlich einzusammeln und den Kuebel oben auf der
Kuechenplatte zu platzieren.
Dabei merkte ich,dass auch junge Hunde boese Blicke werfen koennen.

 Aufregung folgte auf Aufregung und dazwischen musste ich kochen.Gulasch war auf
dem Plan.
Einige Abschnitte vom Fleisch servierte ich den Hunden.Sie legten die Nase drauf und
wendeten sich angeeckelt ab.Damit verunsicherten sie mich stark.Ich legte auch die
Nase darauf,das Fleisch schien in Ordnung.Vorsichtshalber kochte ich das Gulasch 3 Stunden,
kostete dann  vorsichtig und ueberlebte.
Damit stand es 1:0 fuer mich und war gleichzeitig das einzige Erfolgserlebnis diese Tage.

Sonntag

Ploetzlich kam mein verletzter Hund drauf,dass der Verband laestig ist und er bemuehte
sich,ihn abzunehmen.

Ich weiss nicht mehr,wie oft ich gesagt habe: Lass bitte die Pfote in Ruhe ,das macht der
Onkel Doktor.
Jedesmal wenn ich das sagte,erhob sie sich von ihrem Lager,warf mir einen boesen Blick
zu und trollte sich ins Wohnzimmer,wo sie weiter am Verband arbeitet.Auch der junge
Hund war zur Stelle und halb dabei kraeftig mit.

Montag

Eben kam Frauchen zurueck.Aus Erleichterung fiel ich ihr sogar um den Hals.Minuten spaeter
warf sie mir boese Blicke zu und murmelte etwas auf Thai,wo es wahrscheinlich besser ist,es
nicht verstanden zu haben.

Gut ja,ich bin nicht dazugekommen aufzukehren und dass 25 benutzte Teller herumstanden
ist nicht meine Schuld,sondern die der Maid,die heute nicht gekommen war.

Aber sonst war die Wohnung tip-top.

Wieso sieht das meine Frau anders ? Sie behauptet prompt,die Wohnung sei verwuestet  !

Jetzt verstehe ich die Welt ueberhaupt nicht mehr !

Jock
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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #57 am: September 24, 2021, 07:49:34 »

 vom: 08. November 2014, 09:26:31 »
________________________________________
Was ist von der Weltausstellung Hannover 2000 uebriggeblieben ?

Ein paar Bilder,die Prinz Ernst - August zeigen,wie er sein koenigliches Wasser
gegen den tuerkischen Pavillon abschlaegt und ein paar Naegel,die der liebe
@dart dort hoechtpersoenlich eingeschlagen hat.

Ueber andere Dinge wird nicht mehr gesprochen.Nicht ueber das Defizit,nicht
ueber die mangelnde Besucherschar.

Dagegen ist ueber die Weltausstellung zu Wien 1873 viel mehr in Erinnerung ge-
blieben.

Gut,damals hatten die Weltausstellungen einen anderen Stellenwert als heutzutage.

Es waren rare Gelegenheiten,wo Nationen und Firmen ihre Produkte einem weltweitem
Publikum praesentieren konnten und dabei auch wirtschaftliche Verbindungen schlossen.

So wurde ein 16 ha grosses Gelaende im Prater fuer die Weltausstellung verwendet und
viele Nationen errichteten Ausstellungspavillone. Neben den "ueblichen" Staaten waren
auch Exoten wie Hawaii,Japan und Persien dabei.

33 regierende Fuersten,13 Thronfolger und 20 Prinzen besuchten die Ausstellung,die am
1.Mai 1873 eroffnet wurde und am 2. November 1873 ihre Pforten schloss.

Die Eintrittskarte kostete 1 Gulden,nur  Sonn-und Feiertag kosteten 50 Kreuzer,da man den
gewoehnlichen Wienern auch den Besuch ermoeglichen wollte.

Und der gewoehnliche Wiener kam an diesen Tagen in Scharen.In Schlangen standen sie dann
auch vor den Tueren der oeffentlichen Toiletten an,um die aussgewoehnliche Erfindung der
ehrwuerdigen Londoner Firma John Hennings zu nutzen.

Diese Firma erfand das Wasserclosett (WC) und das stand damals nur der gehobenen Ge-
sellschaft zu Verfuegung.

Der Besuch des Schahs von Persien hinterliess besondere Spuren.Er war vom Kaiser Franz-
Joseph persoenlich eingeladen und wurde auch mit allen Pomp und Trara empfangen.
Als Residenz waehrend seines Aufenthaltes wurde ihm und seinem Gefolge das Schloss
Laxenburg zugeteilt.

Was sich hinterher als Fehler erwies,denn nach seiner Abreise musste das Schloss gruendlich
renoviert werden.Aber nicht nur das.
Der Schah fand es unertraeglich,Einkaeufe bei den Juwellieren zu bezahlen und ueberliess den
Ausgleich der Rechnungen dem Hof zu Wien.

Erstaunen erregte er auch durch seine Kaufofferte,die Kaiserin Elisabeth  dem guten Franzl
abzukaufen.Er zog aber dann zurueck,als der draufkam,dass die Kaiserin,die als schoenste Frau
Europas galt,mittlerweile in die Jahre gekommen war.

Am Ende der Ausstellung blieb ein Defizit von 14 Mio Gulden uebrig und von den erwarteten
Besuchern von 20 Millionen kamen nur an die 7 Millionen tatsaechlich.

Der Wetterbericht am 1. Mai 1873 gibt Auskunft,dass es regnerisch und sehr kalt war.Und
die Wetterlage wird sich auch an den kommenden Tagen nicht viel aendern.

Welche Bedeutung die Wetterlage hatte,koennt ihr bald im "Boersenthread" nachlesen.

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #58 am: September 24, 2021, 07:50:13 »

 vom: 16. November 2014, 11:10:39 »
________________________________________
Neulich nahm ich wieder einmal das braeunlich verfaerbte Hochzeitsfoto
meiner Cousine Herta zur Hand, das aus dem Jahr 1948 oder 1949 stammt.

Zwei Maenner,der Braeutigam Helmut und Onkel Pepi stechen besonders hervor und
sollen der Mittelpunkt der heutigen Geschichte sein.

Zu jener Zeit war es ueblich,dass die Toechter der " gehobenen Klasse " keinen
Beruf erlernten,da sie sowieso heiraten wuerden.Um so wichtiger war es demzufolge,
dass der Auserwaehlte genau unter die Lupe genommen wurde,ob er in der Lage ist,
eine Familie zu ernaehren.Auf das Aussehen kam es dabei nicht an.

Helmut brachte die besten Voraussetzungen mit.Er war bei der Bundesbahn und somit
Beamter.Zudem trug er auch unter der Woche weisse Hemden,was einen ungeheuren
Eindruck auf seitens der Familie der Braut machte.

Dass er nur ein kleiner Bahnbeamter war,der im Frachtbuero sass und taeglich etwa
5 Frachtpapiere abstempelte,fiel nicht ins Gewicht.Aber er war immerhin im kleinen
Grenzbahnhof eine grosse Nummer.

Eines Tages wurde er der versammelten Familie vorgestellt.Grossmutter,die Brauteltern
und Onkel Pepi sowie meine Wenigkeit waren zugegen.

Die auf beiden Seiten bestehende Schuechternheit liess den Gespraechsfluss immer wieder
einschlafen und so besprach man schon zum 7 x die Wetterlage.
Einige Glaeser Wein spaeter, loeste die Zunge beim guten Helmut und da er guten Wind machen
und einen hervorragenden Eindruck hinterlassen wollte,stuerzte er sich unvorhersehbar ins Unglueck.

Er wandte sich an Onkel Pepi und offerierte ihm,dass er sich einsetzen wolle,dass er einen
besseren Posten bei der Bahn bekaeme.

Daraufhin wurde der Kopf Onkel Pepi`s dunkelrot und er verliess wortlos das Haus.

Seither sprachen die zwei Maenner kein Wort mehr miteinander.Noch heute,nach 66 Jahren
ist auf dem Foto die Empoerung im Blick von Onkel Pepi greifbar zu sehen.

Denn,was Helmut nicht wusste,Onkel Pepi war  damals schon Mitglied der 2.Fuehrungsebene
bei der Bahn,sass in der Generaldirektion in Wien,war mit dem Generaldirektor auf du und du
und verhandelte Staatsvertraege mit auslaendischen Bahndirektionen aus.

Er empfand das Angebot von Helmut als Zumutung sondergleichen,das er niemals mehr
vergessen wuerde.

Derzeit ist das Verhaeltnis zwischen Herrn Putin,Herrn Obama und Frau Merkel auf einem
Tiefstand,aber immer noch einem Kuschelkurs nahe,vergleichbar,mit dem Verhaeltnis zwischen
Helmut und Onkel Pepi,das seither bestand.

Trotz diesem Missverstaendnis wurde die Hochzeit abgehalten.

Im Gasthaus Fichtenbauer war der Saal reserviert worden.Die musikalische Begleitung kam
aus einem Radio,das vom Wohnzimmer des Brautvater hingebracht wurde.Die Erdung des
Geraets wurde in ein Glas Wasser gesteckt und Musik erklang.

Lauter wurde die Musik dann,wenn ich einen Finger dazu in das Glas Wasser steckte,wofuer ich
heute noch eine Erklaerung suche.

Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #59 am: September 24, 2021, 07:51:05 »

 vom: 22. November 2014, 10:46:15 »
________________________________________
Szenen aus der Beziehungskiste zwischen Hund und Herrchen,oder wie gestalte
ich den Start in einem guten Tag.

Zwei Naechte zuvor  war es erstaunlich kalt.Da die Aircon nicht lief,blieb die Tuer
zwischen dem Schlafzimmer des Herrl und des Hundes offen.

Es muss so um 5,30 gewesen sein,denn der Morgenstern stand noch hoch am Himmel,
als mein Hund erwachte.Er war gut ausgeschlafen und bereit,den Tag mit voller Energie
anzugehen.Aber dazu braucht man das Herrl.

Das Herrl allerdings war noch nicht bereit,den Traum von einer suessen Blondine zerreissen
zu lassen,was die Geduld des Hundes auf eine harte Probe stellte.

Aber dann war es genug und der Hund begann mit dem Aufweckritual.

Ein,unter der Decke herausragender Fuss musste als erster Pruefstein,ob das Herrl noch am
Leben ist,oder ob sich ein Zustand eingestellt hat,den die Anglophonen mit dem Satz "he
passed away" so vortrefflich beschreiben,herhalten.

Durch einen Stups mit der Nase wurde Leben festgestellt und mit leichtem Schwanzwedeln
das folgende Grunzen des Herrls beantwortet.

Das nun erwartete Aufspringen des Herrls blieb aus,sodass der Hund die zweite Stufe zum
Aufwecken zuenden musste.

Aber auch das leichte" ins- Ohr Schnauben "zeitigte nicht den gewuenschten Erfolg,obwohl sich
die Frequenz des Schweifwedelns verdoppelte.

Daher Stufe 3

Diese garantiert durchschlagenden Erfolg.

Ein feuchter Zungenschlag ueber das Gesicht des Herrls,treibt ihn aus dem warmen Bett.
Waehrend sich das Herrl schlafdrunken in die Kueche zur Kaffeemaschine schleppt,ist
der Hund vorausgeeilt und erwartet,dass das Herrl gleichzeitig die Futterschuessel fuellt,die
Ohren krault und die Baelle wirft.
Die Frequenz des Schweifwedeln ist nun am hoechsten Level angekommen.360 Pendel-
schlaege pro Minute minimum.

Zwei Kaffee und vier Zigaretten spaeter ist das Herrl zwar noch immer hundmuede,aber
vollwach.Der Hund hingegen liegt bereits wieder auf seinem Schlafplatz,zusammengerollt
und traeumt von einem praechtigen Rueden.

Jock
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