Kellner und Kellnerinnen
Es ist @franzi zu verdanken,dass er fotografisch Kellnern und
Kellnerinnen ein Denkmal setzt.
Besonders dem weiblichen Bedienungspersonal schenkt er gros-
se Aufmerksamkeit.
Diese jungen Dinger haben alle einen Traum.Sie wollen einen gut-
aussehenden Farang,der unermaesslich reich ist,zum Ehemann.
Einer,der sie auf Haenden traegt und ihnen die USA zeigt,viel-
leicht sogar Disneyland in Florida.
Kurz,nachdem die Gesellschaft die Gaststaette verlassen hatte,
trugen sie ihre Traeume zu Grabe und bedauern jene Landes-
schwestern,die ihr Schicksal,ohne zu klagen,geduldig tragen.
Herr Max und Herr Richard waren Oberkellner im Ludwigshof,die
dominierende Gaststaette in Breitensee.
Schwemme,kleines Extrazimmer,Speisesaal,Ballsaal und im Keller
eine Kegelbahn,war ihr Bereich,den sie vor Jahrzehnte als Piccolo
erstmals betraten und als altgediente "Sirs" in die Rente gingen.
Zum bluetenweissen Hemd mit Mascherl,trugen sie Frack und standen,
wenn keine Gaeste da waren,links vom Ofen in der Schwemme,waehr-
end rechts vom Ofen der uralte Boxerhund Arthus schlief.
Im Winter war der Platz links vom Ofen klug gewaehlt,um nicht zu
erfrieren.Aber sie standen auch im Hochsommer genau an dieser
Stelle,denn Sitzen in der Dienstzeit war streng verboten.
So kamen und gingen die Jahre.Erst die Zeit,wo Adolf regierte,dann
die Zeit,wo Iwan sein Unwesen trieb und endlich unser Haufen junger
Kerle,die sich zur Aufgabe gemacht hatten,mit viel Bier die Welt zu
verbessern.
Einmal anfangs der 70.ger Jahre hiess es,sie gehen in Pension.Herr
Max machte den Anfang und es schien,als wuerde man siamesische
Zwillinge trennen.
In den langen Jahren ihrer Berufsgemeinschaft funktionierte die
non-verbale Kommunikation zwischen ihnen klaglos und schupften
das Geschaeft,ohne Broesel zu erzeugen.
Nur zur Ballsaison hatte der Wirt Aushilfskraefte eingestellt,meist
junge Dinger.
Aber das war notwendig,weil zu den Baellen der Pfadfinder,Kath.
Jungschar,Liedertafel der Breitenseer Singgemeinschaft,Christliche
Saeuferrunde,Ball der Pfarre u.s.w. hohe Besucherzahlen die Regel
war, die auch Herrn Richard und Herrn Max ueberfordert haetten.
Nach Sperrstunde,schluepften sie in ihr Zivilgewand und verschwanden
in der Dunkelheit der Nacht.
Als beide sich in den Ruhestand verabschiedeten,liessen sie Fragen
zurueck,die niemand mehr beantworten kann.
Waren sie verheiratet,hatten sie uneheliche Kinder oder gar einen
Schrebergarten ?
Ohne Herrn Max und Herrn Richard,war auch fuer den Wirt die Zeit ge-
kommen,sich zurueckzuziehen.
Er schloss die Wirtschaft,trug Arthus zu Grabe und in die Raeum-
lichkeiten zogen die Raiffeisenbank und ein Supermarkt ein.
Ein paarmal noch war ich in der Bankfiliale und genau dort,wo ich
ein Bankgeschaeft erledigte,sangen wir einst "Ein Heller und ein
Batzen" und bestellten hinterher eine "Saure" oder ein kleines Guy-
lasch.
Mit der Pensionierung von Herrn Max und Herrn Richard endete eine
Epoche in einem kleinen,lokalen, sozialen Biotop.
Ob die Zeit danach eine bessere ist,wird noch ergruendet.
Jock