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Autor Thema: Geschichten aus der Geschichte  (Gelesen 23580 mal)

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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #15 am: September 24, 2021, 07:03:29 »

 vom: 27. Juni 2013, 12:02:29 »
________________________________________
Morgen jaehrt sich zum 99.mal der Jahrestag der Ermordung von Erz-
herzog Franz - Ferdind und seiner Frau.

Die ueblichen Geschichtsbuecher,vermitteln den Eindruck,dass dieses
Attentat Ursache und Anlass fuer den Ersten Weltkrieg waren.Das soll
heute naeher betrachtet werden.

Als die Nachricht von der Ermordung in Wien ankam,loeste sie keine
Bestuerzung aus.Die Bevoelkerung ging wie gewohnt zum Heurigen,wo
die Musik spielte und war froehlich.

Selbst der Kaiser,der in Bad Ischl urlaubte,bestellte erst fur den naechsten
Tag seinen Salonzug,um kurzzeitig nach Wien zurueckzukehren.

In Wien jedoch bildeten sich zwei Fraktionen- die Tauben und die Falken.

Zu den" Falken "gehoerte der Chef der Armee,Conrad von Hoetzdorf,der schon
am naechsten Tag marschieren wollte und Graf Forgach,der ein persoenliches
Interesse am Krieg hatte.


Bei der "Tauben-Fraktion" war der ungarische Ministerpraesident,Graf Tisza der
wichtigste Mann.Und der wollte keinen Krieg.

Als der Kaiser  am Vormittag in Wien angekommen war,bestellte er erst am Abend
den Aussenminister zu sich,um sich Bericht erstatten zu lassen.Tags darauf wurde
erst der oesterreichische Ministerpraesiden Graf Stuerkh vorgelassen.

Niemand dachte in diesen Tagen,dass ein Weltkrieg ausbrechen koennte.

Die Zeitungen dieser Tage beschaeftigen sich mit einem Mordversuch an einer
Gemuesefrau in Breitensee und mit dem Polizeihunde Derby im Prater.

Natuerlich musste,schon als Staatsraeson heraus,Serbien bestraft werden. Wie und in
welchem Umfang war nicht ganz klar.

Den Ausschlag gab der deutsche Kaiser Wilhelm II.dass die Falken die Ueberhand
erhielten.Er betrachtete die Ermordung als eine persoenliche Kraenkung und liess
Wien mitteilen,dass er alles andere,als mit schaerfsten Mittel zu antworten, nicht
verstehen koenne.
Der Monarchie war natuerlich bewusst,dass ein Angriff auf Serbien,Russland in den
Konflikt hereinziehen wuerde.Die Konsultationen zwischen Berlin und Wien liefen auf
Hochtouren.
Das Ergebnis war ein "Blancoscheck" den Berlin ausstellte.Berlin bestaetigte darin,
dass die "unzerbruechliche Waffenbruederschaft" sorgen wuerde,dass die Front zu
Russland gedeckt werde.
Leider hielt sich das deutsche Kaiserreich nicht daran,sondern setzte sein ganzes
Militaerisches Potential,auf der Westfront ein.

Niemand dachte mehr in Wien an den ermordeten Thronfolger.Der Kaiser nahm
seinen unterbrochen Urlaub wieder auf,schliesslich war Katherina Schratt noch in
Ischl und liess die Dinge seinen Lauf nehmen.

Ab Mitte Juli hatten sich die Falken durchgesetzt.Krieg - war das einzig Denkbare.

Um den Krieg auszuloesen,wurde ein Ultimatum verfasst,das innerhalb von 24
Stunden anzunehmen waere.Darunter waren zwei Punkte,die es einem souveraenem
Staat unmoeglich machen,diese zu akzeptieren.Aber das war ja der Sinn der Uebung.

Als die ablehnende Antwort aus Belgrad eintraf,von den 14 Punkte,wurden immerhin
12 Punkte akzeptiert,wurde wiederum der deutsche Gesandte vorstellig,der im Namen
seiner Regierung ausrichten liess, die  Sache auf sich beruhen zu lassen und keinen
Krieg einzuleiten. Das war Wien auch recht.

Allerdings,bereits am naechsten Tag,kam der Botschafter wieder,diesmal mit der
Nachricht,dass Berlin doch auf die Eroeffnung des Krieges besteht.

In Folge dauerte es noch Tage,bis die Mobilmachung ausgeloest und  die
Kriegserklaerung in Belgrad ueberreicht wurde.

"Serbien muss sterbien," gellte der Schlachtruf und "Zu Weihnachten sind wir wieder
zu Hause" die optimistischen Verabschiedungen.

4 Jahre dauerte der Krieg,17 Mio Gefallene waren zu beklagen,70 Mio Soldaten standen
unter Waffen,40 Staaten waren direkt oder indirekt beteiligt,3 Kaiserreiche gingen unter.

Auch Siam war unter den Beteiligten und stellte 2.000 Elitesoldaten der Entente zur Ver-
fuegung.

Jock
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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #16 am: September 24, 2021, 07:04:16 »

 vom: 02. Juli 2013, 09:44:54 »
________________________________________
Alle grossen Nationen haben eine Gedenkstaette fuer ihre Helden.

So auch Deutschland !Walhalla genannt und ist bei Regensburg zu
finden.Das Gebaeude ist einer griechischen Saeulenhalle nachempfunden
und schaut weit ueber die Donau  hinweg ins Land.

Besucht man diese Gedenkstaette,rieseln kalte Ehrfurchtsschauer ueber
den Ruecken.

Marmorbuesten und Gedenktafeln der Grossen und Wichtigen,die Deutschland
zu Ruhm gefuehrt haben sind hier vereinigt.
Namen,die jeder Deutsche problemlos einordnen koennte (selbst wenn er dafuer
aus dem Schlaf gerissen werden wuerde) z.B. Julius Echter von Mespelbrunn oder
Maarten Hapertszoon Tromp.

Zur Zeit werden dort 195 Persoenlichkeiten gedacht,wobei Frauen deutlich unter-
repraesentiert sind.
Eine davon ist Maria Theresia,Herrscherin von Oesterreich.Ein Hinweis an ihrer Ge-
denkstaette,macht Besucher darauf aufmerksam,dass es sich bei der Person NICHT
um Mutter Theresa  handelt.

Die Frage,warum sind Maria Theresia und andere oesterreichische Persoenlichkeiten,
dort ueberhaupt erwaehnt,ist so zu beantworten,weil die Statuten als "Aufnahme-
bedingungen" nur eine "teutsche Zunge" verlangen.

Das fuehrte natuerlich dazu,dass die "Betreiber" ,quasi grabraeuberisch,auch in
den Nachbarlaendern fuendig geworden sind.(Als Oesterreicher fuerchte ich bereits
um Toni Sailer)

Was die Deutschen koennen,koennen wir Oesterreicher auch!

Auch wir haben unsere Walhalla! Wir nennen sie Heldenberg!

Neben einer Menge von Kaiserbuesten,finden sich auch die Graeber von Feld-
marschall Radetzky und Feldmarschall Wimpffen.
Radetzky sollte eigentlich in der Kapuzinergruft ruhen,aber da kam Josepf Parg-
frieder dazwischen.

Joseph Pargfrieder war Heereslieferant und reich.Er hatte die Idee bei seinem
Schloss eine Gedenkstaette zu errichten.Doch fehlten ihm die Helden und so wurde
er bei Radetzky vorstellig und kaufte ihm seinem Leichnam ab,indem er (Radetzkys)
Spielschulden zahlte.Dasselbe geschah auch bei Wimpffen.

Nach deren Tod,wurden sie im Heldenberg bestattet und Pargfrieder bewacht,sitzend
beerdigt, seine Helden.

Aber irgendwie kommt keine feierliche Stimmung auf,wenn man den Heldenberg besucht.

Zusehr sitzt der Spottvers zwischen den Ohren,der da lautet :

                                     Hier ruhen drei Helden zur ewigen Ruh
                                     zwei lieferten Schlachten,der dritte die Schuh.



Jock
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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #17 am: September 24, 2021, 07:04:55 »

 vom: 11. Juli 2013, 21:47:37 »
________________________________________
Ich habe mir doch einige Zeit Gedanken gemacht,die heutige Geschichte nieder-
zu schreiben.

Zusehr war ich mir unsicher,ob alle Leser die sittliche Charakterfestigkeit haben,Nachstehendes
zu lesen,ohne dass die Phantasie davongaloppiert.

Seit Jahrhunderte bis heute regt es die Phantasie an,wenn vom "ius primae noctis" die Rede ist.

Das Recht auf die erste Nacht,das der Landesherr ausueben darf,wenn auf seinem Gebiet eine
Bauerntochter heiratet.

Die meisten Historiker bezweifeln jedoch,dass dieses Recht flaechendeckend eingefordert wurde
und haben dabei nicht unrecht,wenn sie meinen,dass es sich hierbei um eine gezielt erfundene
Maer handelt.

Es ist richtig,dass der Landesherr (oder ein von ihm Beauftragter) das Recht hatte,von dem
Brautpaar einen Obulus zu verlangen.Speziell dann,wenn die Braut ueber die Landesgrenze
hinweg heiratet.Damit ging der Grafschaft eine Arbeitskraft verloren und dies musste ausge-
glichen werden.
Oberdrein waere es unverstaendlich gewesen sein,dass der Klerus dem Treiben zugesehen
haette ohne mit der Exkommunitkation zu drohen.

Damit koennte man dieses Thema auch schon beenden,wenn sich nicht in der Schweiz ein
Dokument befinden wuerde,das andere Schluesse zulaesst.

Dieses Dokument raeumt schriftlich einen Meier das Recht auf die erste Nacht ein.Er konnte zwar
darauf verzichten,wenn er kraeftemaessig oder interessensmaessig sich Ausserstande sah,das
Recht,  in personam, auszuueben(an Sonntagen fanden immerhin bis zu 15 Hochzeiten statt)dafuer
aber ein "Schenkelgeld oder Stechgeld" kassieren.

Es waere nicht die korrekte Schweiz,wenn nicht auch gleich der Tarif festgeschrieben worden waere :
5 Schillinge und 4 Pfennige betrug die Summe,die den Besitzer wechselte.

Interessant ist jedoch,dass viele der jungen Bauern gerne dafuer bezahlten,wenn z.B. der Meier
die Defloration vornahm.Zugross war die,in den Koepfen verfestigte Angst,dass das Vaginalblut
giftig sei und man daran sterben koennte,wenn man damit in Beruehrung kommt.

Ich bin mir sicher,dass einige Schlaumeier,dies gruendlich ausnuetzten und zum Vergnuegen
auch noch Geld dafuer bekamen.

Das "Recht auf die erste Nacht" drueckt aber auch die Untertaenigkeit gegenueber der Obrigkeit
symbolhaft aus und wird bis heute ausgeuebt.
Das Beispiel dafuer ist Herr Strauss-Kahn,der sich eben das Recht nahm, in den USA, ein Zimmer-
maedchen zum Sexualverkehr zu noetigen.

Er verlor zwar seinen Job,ist aber trotzdem in Frankreich ein gern gesehener Gast bei Partys,waehrend
das Opfer,zwar Geld bekam,aber mit dem Ruch eine Hure zu sein fortan, leben muss.


Jock
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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #18 am: September 24, 2021, 07:05:56 »

 vom: 13. Juli 2013, 08:44:09 »
________________________________________
Der 15.Feber 1768 war ein bitterkalter Spaetwintertag und in der Hofburg
zu Wien wurde gerade Maria Theresia fuer die Nacht hergerichtet.

Die schwarze Witwentracht hatte sie abgelegt und im weissen Nachthemd da-
sitzend, wurde von der Kammerzofe ihre Haare gekaemmt.In ihren Haenden einen
Rosenkranz zum Gebet.

Aber ihre Gedanken waren nicht bei der Andacht.Sorgen begleiteten sie durch
dieser Tage. Mit ihrem Sohn,Joseph lag sie im Streit,er war ihr bei seinen Reformen
zu forsch.Oberdrein weigerte er sich,seine zweite Ehe zu vollziehen,liess sogar die
Zugaenge zu den Gemeachern zu seiner Frau zumauern und damit war ausge-
schlossen,dass doch noch ein Thronfolger geboren wird.

Ihre ganze Hoffnung lag bei ihren Sohn Leopold,der in Florenz herrschte und dessen
Frau einer Niederkunft entgegensah.Wenn es ein Bub werden sollte,war das Reich und
sie,einer Sorge weniger.

Zur selben Zeit naeherte sich ein berittener Bote Wien.Seit drei Tagen war er,auf ver-
eisten Strassen unterwegs,ein kaierlicher Begleitbrief ermoeglichte es,dass er in kurzen
Abstaenden das Pferd wechseln konnte,um so schnell als moeglich,den versiegelten
Brief in Wien abzugeben.

Der Brief wurde an diesem Abend der Herrscherin uebergeben und als sie das Siegel brach
und den Inhalt dieses Schreibens las,hielt es sie nicht laenger.

So wie sie war,im Nachthemd mit aufgeloesten Haar,stuermte sie in ihre koenigliche Loge
des Hoftheaters.Die Auffuehrung verstummte,die Besucher erhoben sich und Maria Theresia,
rief mit lauter Stimme und schwenke dabei das Schreiben :

Denks eich,der Poidl hot an Buam ! Jo,an Buam !

Dieser Tage richtet sich alle Aufmerksamkeit dem Buckingham-Palast zu.Auch dort wird
einer Niederkunft entgegengeharrt.

Queen Elizabeth,quaelen keine Nachfolgersorgen.Soehne, Tochter und der eine Enkel unterzogen
sich, ohne gross zu Murren, den Muehen diverser Zeugungsakte.

Neben der Frage,ob die Herzogin Catherin einen Buben oder einem Maedchen das Leben
schenken wird,gibt es noch eine andere :

Wird die Queen. .im allerhoechsten Nachthemd. .auf dem Balkon. . ?


Jock
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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #19 am: September 24, 2021, 07:06:36 »

 vom: 05. Januar 2014, 07:56:28 »
________________________________________
Verwichenen Freitag sass ich im Vorgarten der oesterreichishen Botschaft
und wartete darauf,dass die maria-theresianische Buerokratie den Betrieb
aufnehmen wolle.

Ich war alleine,den offenbar hatte ausser mir niemand das Verlangen heimat-
lichen Boden zu betreten.Meine Augen schweiften umher und blieben am
ovalem Schild haengen,wo kundgetan wurde,dass es sich um die Botschaft
eines liebenswerten Landes handle,dessen hohe Zeit laengst vorueber ist und
wo die Dummheit zum Himmel schreit lt.dem Song von Reinhard Fendrich.

In der Mitte des Schildes sah ich unseren Bundesadler und sofort kam Mitleid
mit dem armen Tier auf.

Ja, damals bis 1919 war er noch ein stolzer Vogel. Zweikoepfig mit einer Krone
auf dem Haupt,bekleidet mit einem praechtigen Gefieder,bewachte er einen
Grossstaat.

Von da an ging es aber bergab.Die Sozialisten schlugen ihm kurzerhand einen
Kopf ab,raubten Krone, Schwert und Reichsapfel,setzten ihm ein paar Ziegelsteine
auf dem Kopf und drueckten Sichel und Hammer in die Faenge.
Die Symbolik ist klar,statt allerhoechstes Gottgnadentum, hat ab nun das Buergertum,
die Bauern und die Arbeiterschaft das Sagen.

So blieb es bis 1934.

1934 im Staendestaat die naechste Aenderung.Der Adler wurde wieder zweikoepfig !

Und nicht nur das ! Die Kopefe bekamen einen Heiligenschein  verpasst,die Krallen
verloren dafuer Hammer und Sichel.

1938 verschwand gleichzeitig mit der Republik auch der Adler und sie kamen 1945 wieder.

Aber wie sahen sie aus ? Die Republik zerbombt,die Menschen vor Hunger zaunduerr
geworden,der stolze Adler hat es ihnen gleichgemacht und war koerpermaessig das Gegen-
teil eines Suppenhuhns.Und erst das Gefieder ! Es sah aus,als haette der Vogel die Mauser.

Mit dem Bundesgesetz vom 1.5.1945 trat er wieder einkoepfig in Erscheinung,hatte
wieder die Mauerkrone zu tragen,Hammer und Sichel in den Faengen und eine gesprengte
Eisenkette symbolisiert die Befreiung aus der Nazi-Herrschaft.

Und so blieb es bis heute  !

Aber ich glaube es waere an der Zeit,wenn die neue Bundesregierung neben ihrer
unermuedlichen,segensreichen Taetgkeit fuer das Volk,einen Gedanken verschwenden
koennte,den Vogel aufzupolieren.

Ein erfahrener Graphiker sollte in der Lage sein,das Gefieder herzurichten den Koerperbau
so zu zeichnen,das etwas vom Wohlstand der Bevoelkerung abgeleitet werden kann.

Hammer und Sichel koennen bleiben,den Maehdrescher und Drehbank sind zwar Aus-
druck der Modernitaet,widersprechen aber heraldischen Gesichtspunkten.

Jock


p.s.Das ist vielleicht mein letzter Beitrag,denn die Gefahr ist gross,in den Kerker ge-
worfen zu werden,wenn ein Staatsanwalt meint,dass ich damit gegen den § 248 St.BG
verstossen habe.
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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #20 am: September 24, 2021, 07:08:37 »

 vom: 08. Januar 2014, 08:37:13 »
________________________________________
Der 1. Jaenner 1914 war ein sonniger Tag in Wien.

Sonnig,aber kalt und der Schnee lag von den vielen Hausbraenden,schmutzig
geworden,herum.

In den Speisezimmer der Adligen und beim Grossbuergertum sass man bei
einem verspaeteten Fruehstueck,waehrend flinke Mienstmaegdte,mancherorts
die Betten neu beziehen mussten,da der Herr Commerzienrat gestern Nacht,
wiedereinmal "Jung" gewesen war.

Vielen brummte der Schaedel vom Alkoholgenuss,aber auch vor der Sorge um
die Zukunft.

Wird 1914 das Schicksalsjahr ? Waehrend viele einen Krieg fuer unausweichlich
hielten,argumentierten andere Beochachter der europapolitischen Szene,dass
dieser niemals kommen koenne,trotz der vielen "Pulverfaesser" und der Spannungen
zwischen Berlin,Wien St.Petersburg,Paris und London.

Die Pessimisten werden recht behalten und schon ein paar Monate spaeter,wird
auf diesem alten Kontinent Mars herrschen,Kriegstrommel geschlagen,Truppen aus-
gehoben und das Tanzen verboten sein.

Mit dem Tanzen hatte, im Jahr zuvor, Kaiser Wilhelm seine liebe Not.

Seit 1903 etablierte sich in Europa ein neuer Tanz - der Tango !Er kam aus Argentinien
und verzueckte die Menschen in Paris und Berlin.Eine regelrechte Manie entstand.Alles
wollte den neuen Tanz beherrschen und Tanzlehrer,die den Tanz lehren konnten,ver-
dienten in einer Stunde Unterricht soviel,wie sonst in einer Woche.

Aber der Tango,in seiner Variante als "Schieber"gefaehrtete Moral und Sitte und war
somit den Sittenwaechter ein Dorn im Auge.Selbst der argentinische Botschafter in
Paris wurde bei der franzoesischen Regierung vorstellig und ersuchte,den Tanz zu ver-
bieten,da er in Argentinien nur von "Zuhaeltern und Dirnen" getanzt werde.

Sein Bemuehen war umsonst,aber in Berlin und Muenchen nahm man die Sache ernst
und die Polizei wurden angewiesen,Ausfuehrende anzuzeigen.

Allerdings,als die Frau des Berliner Landtagspraesidenten zum Tangoabend bat,und der
halbe Offiziersstab antrat,schaute die Polizei weg.

Nicht jedoch Kaiser Wilhelm !

Die Vorstellung,dass seine Offiziere durch den Waffenrock das lodernde Feuer in den
weiblichen Koerpern spueren konnten und somit die Moral der Truppe gefaehrdet war,
erliess er Befehl,dass es Offiziere in Uniform verboten ist,Tango zu tanzen.

Sodann konnte er sich wieder den kleineren Problemen widmen,wie ist Frankreich zu
schlagen,wie Russland ?


Jock



In der naechsten Folge dieser kleinen Reihe,ein Ueberblick,warum es zu
diesen Spannungen kam und wie die Buendnisverhaeltnisse aussahen.

Aber nur,wenn es gewuenscht ist !


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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #21 am: September 24, 2021, 07:09:16 »

 vom: 09. Januar 2014, 21:36:18 »
________________________________________
Am 3.April 1919 wurde vom oesterreichischen Parlament ein Gesetz be -
schlossen,das bei Teilen der Bevoelkerung tiefe Bestuerzung hervorrief.

Das Adelsaufhebungsgesetz war geboren.

Vorbei war es mit dem "von " vor dem Familiennamen,auch der "Ritter von
und zu " wurde zu Grabe getragen.Baron durfte man sich nicht mehr nennen,
ganz zu schweigen vom Grafen und Fuersten.

Uebrig blieben "Berufsbezeichnungen ".Also Kanzleirat,Amtsrat,Oberamtsrat,
Oekonomierat,Kommerzialrat,Oberheizer bei den Bundesbahnen u.s.w.

An dieser Stelle muss unbedingt darauf hingewiesen werden,dass sich der Be-
rufstitel "Oberzureiter" ausschliesslich auf eine Anstellung bei den Lipizzanern in
den Hofreitstaellen bezieht und nicht auf das,was sich amerikanische Touristinnen
dabei denken und nachfragen,wo man denn buchen koennte.

Im Laufe der naechsten Jahrzehnte aenderte sich Vieles,aber die Titelsucht blieb.

Den "Professor ",den" Herr Doktor", im Wiener Kaffeehaus erworben,konnte man
ja nicht dem Nachbarn vorzeigen und so entstand der" Autonummernadel ".

Das Automobilkennzeichen in Oesterreich hatte schwarzen Grund und ausgepraegte
Buchstaben und Nummerzeichen,die weiss waren. Also W fuer Wien und dann 1234.

Die Massenmobilisierung startete Mitte der Fuenziger und erreichte den Saettigungs-
grad in den Achtzigern.Das hatte zur Folge,dass die Autokennzeichen 6-stellig wurden.

Ein 6-stelliges Kennzeichen hat allerdings keinen Nobilitaetscharakter mehr und so
entstand ein grauer Markt,an dem Beamte der Verkehrsabteilungen,Versicherungs-
vertreter und Witwen nach verstorbenen Kommerzialraeten und Firmeninhabern
praechtig verdienten.

Fuer ein 3-stelliges Kennzeichen ( W 333 ) wurden Phantasiepreise bezahlt und fuer
ein 4-stelliges Kennzeichen 5-stellige Schillingbetraege aufgeboten.

Der alte Jock bekam durch Zufall ein 5 -stelliges Kennzeichen (N 52 567 ) das an
einem alten VW-Kaefer montiert wurde.Und sofort luefteten wildfremde Menschen
hoeflich den Hut,wenn Jock vorfuhr.

Doch das Glueck waehrte nicht lange.Ein sozialdemokratischer Minister kam daher
und stellte den ganzen Unfug mit dem Autonummernadel ein.Monatelang dauerten
die Diskussionen,Kuenstler schalteten sich ein,aber das Regime blieb hart.

Das einzige Zugestaendnis war,dass es moeglich wurde,gegen gutes Geld ein Wunsch-
kennzeichen zu erhalten.Und so fuhren alsbald "Peppi 1",Hansi 2 " und" Rosi 3" durch die
Gegend.

Es wuerde mich,bei der Einstellung der Oesterreicher zu Titel nicht wundern,wenn da und
dort auf Grabsteinen,unter dem Namen zu lesen waere : ehemals Inhaber der Autonummer W 567.

Jock


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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #22 am: September 24, 2021, 07:11:13 »

 vom: 12. Januar 2014, 09:18:45 »
________________________________________
Teil 2 zum I. Weltkrieg

Wie schon so oft in der juengeren Vergangenheit,stuerzte der Thronfolger
Franz Ferdinand aus seiner Graef & Stift Limousine und rannte mehr als er
ging zum Kaiser Franz Joseph.

Erregt forderte er,dass endlich etwas gegen die Serben unternommen werden
muss,denn soeben sind neue Plaene in die Haende der Oesterreicher gefallen,
die von neuen Aufstaenden berichteten.

Der Kaiser antwortete nur kalt,dass er darueber nachdenken lassen werde.

Das war dem Thronfolger nicht genug und die Diskussion nahm Fahrt auf.Die
Herren schrien sich an und die Dienerschaft gewann den Eindruck,hier sind sich
zwei Droschkenkutscher in die Haare geraten.

Dieser Franz-Ferdinand im Juni 1914 in Sarajewo ermordet,wird immer wieder
als der Grund fuer den I.Weltkrieg genannt.
Aber er war nicht die Ursache(Grund) sondern der "nur" der Anlass.

Wegen eines Erzherzogs,auch wenn er der Thronfolger war,zieht man nicht in
den Krieg.Und schon gar nicht,wenn er ueberall unbeliebt war und noch gut zwei
Dutzend andere Erzherzoege,als Reserve sozusagen, zur Verfuegung standen.

100 Jahre zuvor,am Wiener Kongress wurde versucht,die Balance zwischen den
Grossmaechten,so zu gestalten,dass ein Grosskrieg ausgeschlossen werden kann.

Die Grossmaechte waren Russland,Frankreich,England,die oesterr.-ungarische Monarchie
und das Osmanische Reich,das aber nicht zu der Veranstaltung eingeladen war.

Das Koenigreich Preussen spielte,neben den anderen Staaten, eine untergeordnete Rolle,
die sich 50 Jahre spaeter geaendert haben wird.Es war Otto von Bismarck,der als Architekt
fuer die Schaffung des deutschen Einheitsstaates verantwortlich war und damit Deutsch-
land zu der Rolle eines wichtigen wirtschaftlichen und politischen Mitspielers verhalf.

Die Konstruktion Metternich hielt fast 100 Jahre.Die ersten 50 Jahre komplett,danach
fuehrten die unterschiedlichen Interessenslagen zu den ersten,noch lokalen,Kriegen.

Russland gegen das Osmanische Reich um die Herrschaft ueber den Bosporus zu er-
langen,England und Frankreich gegen Russland im Krimkrieg,Deutschland gegen die
Monarchie bei Koenigsgraetz.Frankreich und Italien gegen die Monarchie,der deutsch-
daenische Krieg und vor allem der franzoesisch-deutsche Krieg von 1870,wo Frankreich
das Elsass verlor.

Die Gegensaetze wurden immer schaerfer und so ist es kein Wunder,dass man sich
Verbuendete und Allianzpartner suchte.

England und Frankreich hatten sich mittlerweile wieder angenaehert und hatten ge-
meinsame Interessen.Frankreich und Russland wurden wieder Herz und Seele.
Russland wurde Schutzmacht der Serben u.s.w.Nur Deutschland stellte fest,dass es
ohne Buendnispartner dastand,wenn es gleichzeitig von Russland  und Frankreich an-
gegriffen werden wuerde und einen Zweifrontenkrieg fuehren muesste.

Logisch,dass man mit der Monarchie einen gegenseitigen Pakt schloss,dem einzigen freien
Partner,der militaerisch stark genug war,das Zuziehen der Schlinge um den Hals zu verhindern.

Dieser, Zweibund genannte Vertrag (der spaeter zum Dreibund mit Italien ausgeweitet wurde),
verpflichtete die Vertragspartner zur gegenseitiger militaerischer Unterstuetzung im Kriegsfall.

So standen sich beim Ausbruch des Krieges zwei Bloecke gegenueber : die Entente,gut
40 Staaten umfassend und die Mittelmaechte (die Monarchie und Deutschland )und das
Osmanenreich.

Es ist erstaunlich,wer aller Kriegserklaerungen gegen die Mittelmaechte aussprach:

Neufundland,das Koenigreich Hedscha,Guatemala,Nepal und San Marino zum Beispiel.

Auch Siam war darunter und leidet heute unter der furchbaren Rache der damals Besiegten.

Die schoensten Frauen werden weggeheiratet,das beste Bier wird weggetrunken und am
Schlimmsten: die Besserwisserei.


Jock


ps.Es ist natuerlich nicht moeglich,hier auf alle Facetten der Geschehnisse einzugehen.
Kenner der Materie werden die Augenbrauen hochziehen und Jock einen Dilettanten
schimpfen,weil er nicht auf dies und das hingewiesen hat.

Aber es soll ja auch kein ein epochales Werk ueber den WK I werden,sondern nur dem
"Roten Faden" folgen und den Staub,der sich ueber das Wissen gelegt hat,wegblasen.

Die naechste Folge behandelt die letzten Tage vor dem Ausbruch des Krieges .



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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #23 am: September 24, 2021, 07:12:34 »

 vom: 12. Januar 2014, 10:22:40 »
________________________________________
@shaishai

Natuerlich nicht,ich weiss,es ist unverzeihlich,dich nicht auch beim
Namen genannt zu haben und hoffe doch um Gnade.

Zumal es heutzutage unmodern geworden ist,einen alten hilflosen
Greis dem Schafott zuzufuehren,wenn es eine Auspeitschung auch
tun wuerde.

Ich hoffe,du kannst meine Entschuldigung annehmen und dem Be-
gehren meiner Pensionsversicherung standhalten.


Jock


ps. Ich verstehe nicht,wieso dein nuetzlicher Leitfaden im Witze-Thread
versteckt wurde und nicht bei Forenregeln aufscheint.War immerhin das Beste,was
gestern zu lesen war.
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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #24 am: September 24, 2021, 07:13:17 »

 vom: 12. Januar 2014, 22:27:12 »
________________________________________
@Josef

Mit deiner Fragestellung kann man sich durchaus naeher beschaeftigen.

Die napoleonischen Kriege und der darauffolgende Wiener Kongress waren fuer
den Kontinent eine Zaesur.

Das Ergebnis dieser Zaesur war eine lange Periode der Stabilitaet.

Die letzte grosse Zaesur,die Europa erfahren hat,war der Zusammenbruch
des Ostblocks und der Zerfall von Yugoslawien. Diese Ereignisse sind allerdings
erst 25 Jahre her und es wird sicherlich nochmals solange dauern,bis neue
Gefahrenpotenziale sich herausbilden.

Der Gefahren,der man sich dann stellen muss und darauf entsprechend zu reagieren,
sind nicht mehr reine Territorialexpansionen,sondern heissen :

Migration,Verbreitung des Islams und internationale Finanzstroeme.

Das was wir heute in Europa erleben,scheint nur der Beginn dieser Entwicklung
zu sein.

Es ist zu hoffen,unsere Staatslenker erkennen die Gefahren rechtzeitig und reagieren
entsprechend.

Jock
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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #25 am: September 24, 2021, 07:14:26 »

 vom: 17. Januar 2014, 23:23:41 »
________________________________________
Als Herr Jesus Christus am Kreuz seine letzten Worte sprach,trank Jock seine
erste Coca Cola.

Nein,wir sind nicht anno dazumal in Jerusalem,sondern in der kleinen Stadt Schrems
im hintersten Winkel des Waldviertels.

1955 war zwischen der Bevoelkerung des Stadt (3.000 Einwohner) ein tiefer sozialer
Graben.Auf der einen Seite das Buergertum,das aus kleinen Geschaeftsleute und Bauern bestand,
auf der anderen Seite das "Proletariat".

Niemals besuchten Zugehoerige der einen Seite,Gasthaeuser,wo sich die Anderen ver-
sammelten.

Der Grund fuer diese Trennung lag 80 Jahre zurueck,weil die einzige "Industrie" die
Arbeiter im Winter kuendigte und da es noch keine Arbeitslosenunterstuetzung gab,
war Hunger angesagt.Die Buergerlichen und Kaufleuten kamen wesentlich besser durch
die Winter.In weiterer Folge kamen noch allerlei Tricks dazu,die "Sozialisten"von der
Stadtverwaltung fernzuhalten.

Otto Moelzer war Schuldirektor und er versuchte die feindlichen Lager zu versoehnen.
Er plante Passionsspiele durchzufuehren und der Plan ging auf.Das Interesse der Be-
voelkerung war gross und auch der geschaeftliche Erfolg durch die Auffuehrungen war
respektabel.

Ein Spenglergeselle,der seit seiner Taufe niemehr eine Kirche besucht hatte,war fuer die eine
Rolle des Jesus vorgesehen.Der Sohn eines Kaufmannes sollte ebenfalls,fuer die Zweit-
besetzung den Jesus darstellen.

Auch fuer die "Nebenrollen " wie die Aposteln Petrus,Thomas u.s.w.wurden jeweils eine
Person des jeweiligen Lagers ausgesucht.Die Nachfrage nach einer Rolle im Spiel war gross,
einzig fuer die Rolle des Judas bedurfte es gutes Zureden durch Herrn Moelzer,damit auch
diese besetzt werden konnte.

Als das Ensemble feststand,liessen sich die maennlichen Darsteller biblische Baerte wachsen,
waehrend Frauen aus beiden Lagern die Kostueme naehten.Zudem fanden 3 x in der Woche
Proben statt.Dabei wurde streng darauf geachtet,dass nicht einer der Darsteller roemischer
Legionaere,versehentlich eine Armbanduhr oder eine modische Brille trug.

 Die Auffuehrungen,wo autobusweise Zuschauer kamen,fand im Hof des Schlosses statt.

Ende Juni 1955 sass Jock mit einigen Freunden dort und wohnte der Generalprobe bei.Es
war heiss und wir waren durstig.

Zu jener Zeit,wurde im "Laufer",den der Schuldiener von Klasse zu Klasse trug,vor
Kriegsreliktien gewarnt und damals konnte man woechtlich  in der Zeitung lesen,dass da und dort
jemand durch eine Explosion einer Granate zu Schaden gekommen ist.
Tatsaechlich fanden sich in den Baechen noch Munition und auch verrrostete Pistolen,die wir
Buben,mit allergroesster Vorsicht bargen.

Neben diesen Kriesgsresten wurde aber auch gleichzeitig vor dem Genuss des Coca-Colas ge-
warnt.Eine bessere Werbung fuer dieses Getraenk konnte es dadurch fuer uns nicht geben,
moege sich Fleisch,dass man in dieses Getraenkt legt, darin noch so schnell zersetzen,wie
es wolle.Wir mussten es versuchen.

Wir steuerten zusammen und kauften eine Flasche.Im Schlosshof,bekam jeder von uns einen
kleinen Schluck und als der Christusdarsteller seine letzten Worte sprach :"Es ist vollbracht",
trank Jock sein erstes Coke.

Die Passionsspiele wurden einige Jahre hindurch aufgefuehrt und haben sicherlich Anteil daran,
dass heute von der einstigen Trennung nichts mehr zu merken ist.

Herrn Moelzer sei dafuer Dank ausgesprochen und es moege ihm auch vergoennt ge-
wesen sein,seine Tochter zu verheiraten.

Jock
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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #26 am: September 24, 2021, 07:15:32 »

 vom: 19. Januar 2014, 15:36:34 »
________________________________________
Teil 3 zum I.Weltkrieg  (Der letzte Monat vor Ausbruch)

Die Ermordung des Thronfolgers beruehrte kaum jemanden in der Monarchie.

Keine Spur von Schreckstarre und ohnmaechtiger Wut darueber.

Der Kaiser Franz Joseph hatte zwar kurz seinen Urlaub in Bad Ischl unterbrochen,
fuhr aber bereits am 9.Juli wieder zurueck.Und wenn der Kaiser auf Urlaub ist,wird
schon nichts geschehen,dachten sich viele.Das Extrablatt berichtete auf der ganzen
ersten Seite ueber die Ergebnisse des Polizeihundederbys im Prater.Kein Wort ueber
eine Vergeltung  und Krieg war zu lesen.

Kaiser Wilhelm jedoch betrachtete die Ermordung seines Freundes als persoenliche
Beleidigung und forderte von Wien eine dementsprechende Antwort an die Serben.
Das kam dem Sektionschef Graf Forgach und dem Generalstabchef Conrad von
Hoetzendorff zupass und sie schlugen die Kriegstrommel.

Forgach hatte sich am diplomatischen Parkett blamiert und sann auf Heimzahlung.
Hoetzendorff schmiedete schon seit Jahren Kriegsplaene fuer einen praeventiven Krieg,
den man ihm nicht durchfuehren liess.

Jetzt war die Chance da und sie begannen fuer einen Krieg zu agitieren.Kein Gross-
krieg war geplant,sondern nur ein Einmarsch in Belgrad und die Absetzung des serbischen
Koenigshauses,das durch ein deutsches Prinzengeschlecht ersetzt werden sollte.

Die Gefahr,dass Russland eingreifen wuerde,ja musste,wurde als gering beurteilt,da
Russland durch den japanisch-russischen Krieg noch lange nicht die volle militaerische
Staerke aufwies.

Kam es allerdings zu einem Krieg,sollte Deutschland die nord-oestliche Flanke abdecken,
damit die Armee der Monarchie freie Hand beim Feldzug gegen Serbien hat und nicht einen
Zweifrontenkrieg fuehren muss.

Kaum waren die Plaene  zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn abgestimmt und
eine Begehrnote verfasst,dachte Deutschland um und forderte Zurueckhaltung.Der deutsche
Botschafter Tschirsky wunderte sich ,denn zwei Tage vorher war er gleichfalls im Aussen-
ministerium vorstellig und ueberreichte ein Telegramm,dass man es in Deutschland  nicht
verstehen koenne,wenn nicht sogleich  die Mobilisierung angeordnet werden wuerde.

Der arme Botschafter wurde in Folge noch zweimal vorstellig,einmal mit der Forderung
nach Krieg,dann wieder mit der Mahnung zur Zurueckhaltung.

Aber der Krieg war bereits beschlossene Sache,die Begehrnote,praktisch ein Ultimatum
ueberreicht und erwartungsgemaess zurueckgewiesen.

Der Krieg konnte beginnen.

Kaiser Franz Josef wandte sich unter Aufbietung aller seiner Titel ans Volk - er haette
alles geprueft und erwogen.

Den Soldaten rief man zu,dass sie zu Weihnachten wieder zu Hause waeren,als die
Truppentransporte anliefen.Niemand dachte daran,dass es vier Jahre dauern wuerde,
bis die Waffen wieder schwiegen.Und schon gar nicht dachte jemand daran,dass am Ende
des Krieges 3 Kaiserreiche nicht mehr bestehen wuerden.

Unter den 40 Staaten,die den Mittelmaechte den Krieg erklaerten,war auch San Marino.
Allerdings hatte San Marino keine Armee.So fanden sich 10 Burschen zusammen,nannten
sich stolz Armee von San Marino und zogen in den Krieg.2 Gefallene blieben auf dem
Feld zurueck.

Der Eintritt San Marinos in den Krieg hatte nach dem Krieg noch ein voelkerrechtliches
Hoppala zu Tage treten lassen,denn es wurde von Deutschland vergessen Frieden zu
schliessen.

Erst 1939 kam man drauf,als die Achse zwischen Berlin und Rom geschmiedet wurde,
dass man sich mit San Marino noch immer im Kriegszustand befindet.Der Austausch
zweier Briefboegen beendete dann endgueltig den Ersten Weltkrieg.

Jock


ps.In der naechsten Folge in groben Zuegen der Kriegsverlauf.

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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #27 am: September 24, 2021, 07:16:33 »

 vom: 25. Januar 2014, 18:58:18 »
________________________________________
Teil 4 zum I.Weltkrieg  (Kriegsverlauf)


Die Armeekommanden hatten sich abgesprochen.Waehrend die k.u.Armee
in Serbien agiert,sollte die deutsche Wehrmacht die noerd-oestliche Flanke
gegen Russland abdecken.

Dort dachte man um.Frankreich zuerst,dann allles gegen Russland.Damit
war die "Ostfront " nicht genug stark und die Russen standen bald vor den
Karpatenpaessen und drohten nach Ungarn einzudringen.

An der "Westfront" lief es allerdings auch nicht nach Plan.Durch die Verletzung
der Neutralitaet von Luxemburg und Belgien,traten die Englaender aktiv in den
Krieg ein.

Der Vorstoss der Deutschen endete an der Somme und Marne.Die Fronten
gruben sich ein und in den naechsten Jahren war kein entscheidender Gelaende-
gewinn mehr moeglich.Italien verliess den 3 -Bund und schlug sich auf die Seite
der Entente und eroeffnete so die Suedfront am Isonzo.

Erst 1917 gelang es einer konzentrierten Aktion der deutschen und k.u.k Armee,
die Russen weit hinter ihre Ausgangsposition zu draengen,worauf Russland aus
dem Krieg austrat.Der Zar war bereits gefangen und die Bolschewiken,die die
Herrschaft in Russland uebernommen hatten,liessen sich fuer Friedensverhandlungn
lange Zeit und banden somit die Armeen,die somit die Westfront nicht verstaerken
konnten.

Der Stellungskrieg und die damit verbundene Abnuetzung machte sich alsbald in
der Versorgungslage im Hinterland bemerkbar.Der " Steckruebenwinter" und erste
Proteste gegen den Krieg zeichneten die Folgejahre.

An der Front wurde mit ungeheurer Brutalitaet gekaempft.Deutsche Truppen wurden
z.B.gezwungen mit ungeladenen Gewehren,aber mit aufgesetztem Bajonett,die feind-
lichen Linien anzugreifen und liefen dabei in das Maschinengewehrfeuer.An manchen
Kriegstagen wurden 30.000 Tote und Verwundete gezaehlt.Ein franzoesischer General
wurde abgesetzt,da ihn die eigenen Presse den "Blutsaeufer " nannte.

Anteil an dem hohen Blutzoll hatten neuartige Waffengattungen.Granaten,automatische
Waffen,die ersten Panzer,U-Boote und Giftgaseinsaetze sowie Aufklaerung und Bombar-
dierungen durch Flugzeuge war eine neue Dimension gegenueber Kriege vor 50 Jahren.

In den Koepfen mancher Gereralstaebler spukte bereits 1915 die Idee,den Krieg zu be-
enden und einen Verhandlungsfrieden herbeizufuehren.Aber die " Falken" setzten auf
einen "Kriegsfrieden"der dann noch Millionen an Opfer forderte.Umsonst wie sich heraus-
stellte.

Erst 1918 sah man bei den Deutschen ein,dass der Krieg nicht zu gewinnen war und
bot Waffenstillstand an.Aus dieser Zeit gilt der gefluegelten Satz : " Im Felde un-
besiegt" und die "Dochstosslegende entstand.

Weihnacht 1914 - die Schuetzengraeben lagen oft nur 30 m voneinander und waren
somit auf Rufweite.Immer wieder wurde durch Zurufe eine Waffenpause vereinbart,
um die Opfer zu bergen.
So auch am 24.12.1914,als englische Soldaten um eine Waffenpause baten,da sie
eine Weihnachtsfeier abhalten wollten.Englische Weihnachtslieder wurden gesungen
und die deutschen Soldaten machten es ihnen nach und sangen "Stille Nacht Heilige Nacht"

Auf beiden Seiten wurden Kerzen entzuendet und Soldaten beider Lager begegenten
sich im "Niemandsland".Haende wurden geschuettelt und Paeckchen ausgetauscht.
Die Paeckchen kamen vom Armeehauptquartier und waren,da die Versorgungslage
noch gut war,mit allerlei ,langvermissten Spezereien gefuellt.Anbei war auch eine Foto-
graphie des Kaiser Wilhelms,der pickelhaeubig den Soldaten "Frohe Weihnachten und
ein glueckliches neues Jahr wuenschte.

Das englische Oberkommando hatte dieselbe Aktion vorgesehen und Mitglieder der
koeniglichen Familien drueckten ebenfalls gute Wuensche aus.

Durch den Paeckchenaustausch bedingt,wuensche daher Kaiser Wilhelm dem englischen
Soldaten alles Gute,wie auch umgkehrt,sich mancher deutsche Soldat  ueber die
Wuensche des englischen Koenigs freuen durfte.

Am 2. Tag wurde beschlossen ein Fussballmatch anzusetzen,dass die Deutschen 4:3
gewannen.Ein volles Bierfass war der Siegespreis,den man sich aber redlich teilte.

Diese 2 Tage wurden bekannt unter "Weihnachtsfriede",waren aber eine unautorisierte
Aktion,die sich in den Folgejahren nicht mehr wiederholte.Die Armeestaebe waren strikt
gegen solche Fraternisierungsversuche.

Als der Krieg gegen Ende 1918 zu Ende ging,die "Friedensverhandlungen" abgeschlossen
waren und der franzoesische General Foch die Ergebnisse sah,rief er :"das ist kein Friedens-
vertrag,sondern nur ein 20 jaehriger Waffenstillstand".

Wie man heute weiss,hat er recht behalten.


Jock
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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #28 am: September 24, 2021, 07:17:21 »

 vom: 13. Februar 2014, 17:57:06 »
________________________________________
Am 19.November 1919 wurde in den ehemaligen Stallungen des Palais
Pallavicini eineTanzschule gegruendet.

Der Gruender war der ehemalige k.u.k. Rittmeister Willbald (Willy) Elmayer -
Vestenbrugg,Sohn des k.u.k.Feldmarschalleutnants Ludwig Elmayer Edler v.
Vestenbrugg.

Bis zu seinem Tod 1996 leitete Willy Elmayer-Vestenbrugg seine Tanzschule
und erwarb sich dabei das Papsttum des guten Benehmens,der Etikette und
des gekonnten Linkswalzers.

Alles was in jungen Jahren war und aus den besten Familien stammte,war es
Pflicht,die ersten Tanzschritte dort zu lernen.
Selbstverstaendlich hatten die jungen Herren in dunklen Anzuegen,auf Hochglanz
polierten Schuhen,nebst Krawatte und weissen Handschuhen,anwesend zu sein,
waehrend bei den jungen Damen schwarzer Rock und weisse Bluse vorzuherrschen
hatte.

Ein gelangweiligter Klavierspieler spielte seit Jahrzehnte immer dieselben Stuecke,
waehrend der scharfe Blick des Herrn Elmayers die Tanzversuche beobachtete und
gnadenlos die Unbeholfenheit des jungen Jocks,geisselte.

Jock ging ohnehin nur auf Druck seiner groessenwahnsinnigen Verwandtschaft dort hin
und dickliche,mit Akne geschlagene Maedchen,waren so gar nicht sein Ding.
Und erst der Handkuss am Ende der Tanzstunde !

Kurzum,Jock schmiss hin aber die Tanzschule ueberstand auch diese Schmaehung.

Nicht nur das,die Tanzschule bildete ueber viele Jahre das Jungdamen und Jungherren-
komitee fuer den Wr.Opernball aus,war fuer die Choreographie der Eroeffnungspolonais
verantwortlich u.s.w.

Auch Buecher ueber gutes Benehmen wurden verfasst und in hoher Auflage ver-
legt.Fuer die damalige Jugend waren die Buecher des Herrn Elmayers und Herrn Van de
Velde unverzichtbar fuer den Start ins Leben.

Die ganze Reputation,die sich die Tanzschule erarbeitet hatte,steht jetzt ploetzlich
auf Messers Schneide.

Schuld daran ist der Hund des heutigen Besitzers der Tanzschule,Herrn Thomas Schaefer-
Elmayer.

Dieses Mischlingshund hat naemlich einen anderen Hund totgebissen und die Nation
fraegt sich ernstlich,kann man Sohn Moritz oder Tochter Valerie-Marie noch zu diesem
Benimminstitut schicken,wenn die Inhabungs nicht mal Instande ist,einem Hund gutes
Benehmen beizubringen ?


Jock


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Jock

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Re: Geschichten aus der Geschichte
« Antwort #29 am: September 24, 2021, 07:18:17 »

 vom: 14. Februar 2014, 08:44:07 »
________________________________________
@Friida

Der wichtigste Tanz,den ein junger Mann lernen kann und muss,wenn
er aus dem Milieu der Wiener Vorstadt kommt,ist der L`Amourhatscher.

Millionen beherrschen ihn.Besonders gut macht er sich,wenn irgendwo
"Der Platz neben mir ist leer" erklingt.Weniger gut passt er,wenn " Geh
Oide,schau mi net so deppat aun "gespielt wird.

Nach seinem destraoesen Auftritt in der Tanzschule Elmayer hat Jock bis
1980 keine Tanzschule mehr besucht.1980 wurde er und sein Freund von
den Ehepartnern ueberredet,einen Tanzkurs fuer Erwachsenen zu besuchen.

3 Abende verbrachten wir dort,dann fluechteten Wolfgang und Jock nach
Gambia.

Es war 1 Uhr nachts,als ich aufschreckte und feststellte,dass ich im obigen
Bericht eine Jahrszahl falsch im Kopf hatte.
Nicht bis 1996 leitete Herr Willy Elmayer-Vestenbrugg seine Tanzschule,sondern
nur bis 1966 !

Die "Gutes Benehmen wieder gefragt"-Kurse sind nicht nur dem Gesellschaftkreis,
der sich noch auf freiem Fuss befindet zugaengig,sondern werden von der Tanzschule
auch in Gefaengnissen angeboten.

Mit durchschlagendem Erfolg. So mancher Tresorknacker,dessen Kreuz vom Stemmen
und Schweissen muerbe geworden ist,ist dankbar fuer die wertvollen Ratschlaege  und
wendet sie, nach Entlassung mit Erfolg bei seinem neuen Broterwerb,der Heiratsschwindelei, an.

Jock

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