vom: 27. Oktober 2018, 09:57:09 »
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Das Traumhaus im Gruenen
Ende der 60ger Jahre verdichteten sich die Wuensche der Staedter nach einem Wochenendhaus
im Gruenen um die Seele baumeln zu lassen.
Das Waldviertel war eine Gegend,wo man fuendig werden konnte,denn dort leerten sich die
Doerfer und alle die konnten zog in die Grosstaedte Wien oder Linz.
Jobs gab es genug und die Wohnungen waren trocken,hell und hatten moderne Toiletten.Manche
Waldviertler sahen dabei sogar das erste Mal eine Badewanne. Billa und Hofer als Nahversorger
waren weitere Pluspunkte.
Eine staedtische Familie aus Wien,namens Mayer hingegen traeumte von einem Haeuschen im
Gruenen,der maerchenhaften Ruhe,der gesunden Luft und dem verkehrsarmen Aufkommen.
Wo man zur Daemmerung die Rehlein am Wadesrand aesen sieht und wo man am Samstag in
aller Ruhe die Kronenzeitung und das Goldene Blatt unter einem Apfelbaum lesen wird koennen.
Der Entschluss,sich ein Haeuschen zuzulegen war schnell gefasst,zumal das Gespraech mit der
Hausbank zufriedenstellend gewesen war.
Danach studierte man die entsprechenden Inserate und fuhr im langsamen Tempo die Gegend ab,
bis man fuendig wurde.
Etwas abseits vom Ort,am Waldesrand und 200 m vom Nachbarn entfernt,fand man eine Im-
mobilie die den Eindruck mache,den Wunschvorstellungen zu entsprechen.
Ein aelteres Haueschen stand da zum Verkauf und vor lauter Euphorie ueberlas man,dass es sich
um einen Bastlerhit handelt.
Es handelte sich um eine,von den Bewohnener vor 10 Jahren verlassene Bauernkeusche mit un-
dichtem Dach und herabfallenden Mauerwerk.Wenigstens das Plumpsklo war innen und nicht
ueber dem Hof.
Der Eigentuemer und sein Makler konnten ihr Glueck kaum fassen,dass sie die Bruchbude gegen
gutes Geld doch noch verkaufen konnten.
Die Tinte unter den Kaufvertrag war noch nicht ganz trocken,als sich Familienvater ein anseh-
liches Arsenal an Werkzeugen zulegte,was ganz schoen ins Geld ging.
Aber er fuehlte sich als Universalhandwerker und wollte fuer seine Familie einheimeliges Heim
schaffen.
Der Sommerurlaub war viel zu kurz um bei der Sanierung wirklich voranzukommen.Gerade das
Dach konnte neu eingedeckt werden,allerdings mit Hilfe eines Professionisten,der hinterher eine
geschmalzene Rechnung legte.
So ging es weiter,die Wochenende und Urlaube gingen fuer Arbeiten am Haus drauf ,aber eines
Tages kamen sie ihren Traum nahe.
Ein schmuckes Haeuschen mit modernem Klo,liebevoll angelegtem Gemuesegarten und frischge-
strichenen Gartenzaun erwartete die Familie,wenn sie Freitag nachts aus Wien angereist kamen.
Die Familie hatte sich auf Vater und Mutter verkleinert,da der Nachwuchs,der jahrelang auf seine
Grossjaehrigkeit gewartet hatte,es vorzieht,ihre Freizeit und Urlaube an den Straenden des Mittel-
meeres knusprig braun zu werden oder in der Discothek zu tanzen.
Vater und Mutter gingen stets nach ihrer Ankunft zeitig schlafen,denn sie brauchten Kraefte,wenn
sie am Samstag die Augen aufschlugen.
Viel Arbeit wartete auf sie.Die Wiese war zu maehen,die Raeumlichkeiten sauberzumachen,das
Unkraut aus dem Gemuesegarten zu entfernen und die unnoetige Thujenhecke,die als Sichtschutz
gepflanzt wurde, zu stutzen.
Wenn dann alle anfallenden Arbeiten erledigt waren,konnte man sich dann und wann eine Stunde
Zeit nehmen um den Kuchen und Kaffee zu geniessen.
Gleich danach brach man zur Rueckfahrt auf,denn man wollte den Rueckreiseverkehr entgehen.
Immer wieder staunte man dabei,dass auch andere Familien dieselbe Idee hatten.
Jahre spaeter nach einem unverhofft fruehen Wintereinbruch,der Vater Mayer zwang,den 200 m
langen Zuweg freizuschaufeln und sich dabei einen Bandscheibenvorfall einhandelte,fiel der erste
Schatten auf das kleine Glueck.
Man stellte fest,dass man all die Jahre kein Rehlein am Waldesrand sah,stattdessen eine Rotte
Wildschweine vorbeikam und den Gemuesegarten nach ihren Vorstellungen aenderte.
Die Besuche im Hause wurden selten und seltener und eines Tages stand ein Schild an der Grund-
stuecksgrenze,wo draufstand " " ZU VERKAUFEN".
Bis 2018 musste das Schild schon 3 x wegen Unleserlichkeit getauscht werden.
Kein einziger Interessent verirrte sich in die gottverlassene Gegend und das Haeuschen naehert
sich langsam dem urspruenglichen Zustand,der war,bevor es Herr Mayer gekauft hat.
Jock