TIPP-Correctiv

Bitte loggen sie sich ein oder registrieren sie sich.

Einloggen mit Benutzername, Passwort und Sitzungslänge
Erweiterte Suche  

Autor Thema: Wien, Wien, nur du allein ...  (Gelesen 12229 mal)

0 Mitglieder und 22 Gäste betrachten dieses Thema.

Jock

  • Hero Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 2697
Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #90 am: September 23, 2021, 16:49:44 »

 vom: 30. Dezember 2019, 11:23:43 »
________________________________________
Der Wiener Hausmasta und sein Sperrsechserl

Waehrend der Gruenderzeit kamen aus allen Teilen der Monarchie Menschen nach Wien,die dort
Brot und Arbeit suchten.

Da sie auch Wohnungen benoetigten und Wohnraum spaerlich vorhanden war,sahen die besseren
Kreise Moeglichkeiten,daran gut zu verdienen und investierten in Zinskasernen.

Speziell,aber nicht nur dort,entstanden in Ottakring,Hernals,Fuenfhaus,Meidling u.s.w. Wohn-
haeuser,die sich dadurch auszeichneten,dass moeglichst viele Wohnungen untergebracht sind
und daher klein waren.
Hingegen wurden in den besseren Bezirken (Alsergrund) Patritzierhaeuser errichtet,die gross-
zuegige oft 10 Zimmerwohnungen und am Dach noch ein Atelier aufwiesen und meist auch vom Hauseigentuemer bewohnt wurden.

Draussen,jenseits des Guertels,mussten daher Personen gefunden werden,die fuer die Besorg-
nisse eines Miethauses zustaendig waren.
In den innstaedtischen Wohnhaeusern,nannte man diese Personen,Portiere oder Concierge und
hatten ein anderes Standesbewusstsein,als die Kollegen in den aeusseren Hieb.

Die Geburtsstunde des Hausmeisters war gekommen.

Er war zustaendig,dass die "Hausordnung" eingehalten wurde und streng darauf achtete,dass
das Haustor zwischen (21 h) 22 und 6 h versperrt war.

Die Mieter der Wohnungen hatten naemlich kein Anrecht auf einen eigenen Haustorschluessel
und waren daher gezwungen,nur Nachtzeit eingeschlossen zu sein.

Wer nach 22 h noch nicht zu Hause war,war ein Lump oder Tunichtsgut,so die allgemeine Meinung.

Verspaetete man sich doch,musste der Hausmeister herausgelaeutet werden um das Haustor
aufzusperren und fuer diesen Dienst hatte man 6 Kreutzer(20 Heller) zu berappen.

Fuer 20 Heller bekam man einen Laib Brot oder heutzutage waeren es 4 Euro( vor Mitternacht)
und 4,50 Eure,wenn der Hausmeister nach Mitternacht benoetigt wird.

Das war viel Geld annodazumal und um die Bevoelkerung nicht zu belasten,wurden alle Veran-
staltungen so terminisiert,damit die Besucher noch rechtzeitig nach Hause kommen konnten.

Das Sperrsechserl war sogar ein Teil seiner Entlohnung.Der andere Teil war die freie Wohnung
und das Reinigungsgeld.
Damals hatte der Hausmeister keinen gesetzlich festgelegten Aufgabenbereich und musste die
Anordnung des Hausherren befolgen.

Auf der anderen Seite war er eine maechtige Persoenlichkeit,die oftmals bestimmte,wer in das
Miethaus einziehen darf oder er konnte sogar Kuendigungen aussprechen.

Bevor er jemanden in eine freie Wohnung einziehen liess,verhoerte er den zukuenftigen Mieter.

Wer er sei,ob er verheiratet ist,wieviele Kinder er hat,wieviel er verdient und ob er einen Hund
oder Kanarienvogel hat.

Da die Hausmeisterwohnungen meist im Erdgeschoss liegende,finstere "Loecher" waren,war
meist die Hausmeistertuer geoeffnet und er konnte genau beobachten,was im Hause vorgeht.
Auch die Belueftung einer Hausmeisterwohnung war meist mangelhaft und die Duefte die ihrer
entstroemten,sorgten regelmaessig fuer Aufruhr unter den Mietern.

Schon deswegen,hatten Hausmeister ein schlechtes Image und da sie auch als verlaengerter
Polizeiarm fungierten,waren sie von Anfang an verhasst.

Entwuerdigend fanden die Mieter vor allem,dass sie keinen eigenen Haustorschluessel hatten,
doch alle Bemuehungen,dieses Recht zu erwirken,gingen lange ins Leere.

Die staatliche Obrigkeit sah es als notwendig an,die Heerscharen des Proletariats waehrend der
Nacht sicher verwahrt zu wissen.
Victor Adler und seine Sozialdemokraten sahen einen eigenen Haustorschluessel als wichtigen
Baustein fuer die Befreiung aus der Knechtschaft des Proletariats an.

Es dauerte allerdings bis 1922,bis ein Bundesgesetz erlassen wurde,die jeden Mieter einen Haus-
torschluessel zuerkannte.

Damit entfiel das Sperrsechserl,was einen Aufstand der Hausmeistervereinigung zur Folge hatte.

Nicht nur diese Massnahme,sondern auch das 1917 verabschiedete Mieterschutzgesetz,raeumte
mit der "Amtsgewalt" der Hausmeister auf.

Die sie wieder gewannen,als die NAZI 1938 die Macht in Oesterreich uebernommen hatten.

Davon ein anderes Mal.

Jock

Moderator informieren   Gespeichert

Jock

  • Hero Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 2697
Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #91 am: September 23, 2021, 16:50:29 »

 vom: 31. Dezember 2019, 08:57:40 »
________________________________________
Der Hausmasta und sein Sperrsechserl  2.Teil

Das Jahr 1917 war ein einschneidendes,sowohl fuer den Hausmeister wie auch fuer die Haus-
besitzer.

Fuer die Hausbesitzer war das Mieterschutzgesetz katastrophal und die Auswirkung des Gesetzes
waren bis in die 1980 Jahre seh- und spuerbar.

Den langen Kriegsjahren folgte eine einsetzende Inflation.Mieten stiegen in astronomische Hoehen
und wer nicht bezahlen konnte,lief in Gefahr delogiert zu werden.

Daher wurde das Mieterschutzgesetz erlassen,das nicht nur einen Kuendigungsschutz als Inhalt hatte,sondern auch,dass der Mietzins eingefroren wurde.

Mieten konnten nur mehr in einem sehr beschraenken Ausmass erhoeht werden,was natuerlich sich
in der Kasse des Hausherren bemerkbar machte.
Die Folge davon,die man jahrzehntelang spuerte,war der Verfall der Bausubstanzen.Es war einfach
nicht moeglich,Mietzinshaeuser zu modernisieren oder gar zu sanieren.Nur die allernotwendigsten Reparaturen konnten durchgefuehrt werden.

Die Hausmeister hatten keinerlei sozialen Schutz,sondern waren ihren Hausherren ausgeliefert.
Wurden sie gekuendigt,verloren sie ihre Dienstwohnung.Das geschah oft von heute auf morgen.

Als dann noch 1922 das Sperrsechserl wegfiel und der Einkommensverlust durch die Hausherren
nicht kompensiert werden konnten,war der Beruf eines Hausmeisters unattraktiv geworden.Zu-
mindest fuer die Hausmeister,die in privaten Zinskasernen taetig waren.

Gleich nachdem Wien rot geworden war,setzte die Stadtverwaltung auf staedtischen Wohnungsbau.
Dort brauchte man Hausbesorger und deren Jobs waren gefragt.

Sie waren quasi Gemeindebedienstete,hatten zeitgemaesse Dienstwohnungen,mit Wasser und WC
innen und hatten Anspruch auf eine Ersatzwohnung,wenn sie pensioniert wurden und besonders
wichtig,sie hatten Anspruch auf Urlaub.
"Tschaorle" ist heute noch Wien dankbar,dass die Hausmeister den weltberuehmten Strand dort
begruendet haben.

Allerdings bekam man einen Hausmeisterposten nur dann,wenn die politische Gesinnung mit jener
der sozialdemokratischen uebereinstimmte und das rote Parteibuch hatte.

Das erforderte eine gewisse Anpassungsfaehigkeit,die sich auszahlte,als die NAZI's in Wien die
Macht uebernahmen.

Viele von den Hausmeistern wurden Gehilfen von der Gestapo und stiegen von Denunizanten zu
Blockwarten auf.Gefuerchtet und verhasst von den den Mietern.

Es gibt aber auch andere Beispiele,wo Hausmeister waehrend der Nazizeit ihre Haustore versper-
rt hielten und wenn eine Razzia der Gestapo kam,sie mit den Worten:"Hier wohnen nur anstaendige
Leut,schleichts euch",wegschickten und so versteckte Juden retteten.

Bis zu den 1960 Jahren duennten die einheimischen Hausmeister aus und es musste um Ersatz
gesucht werden.

Man fand ihn bei Jugoslawen und Tuerken.Sie waren relativ anspruchslos,nahmen gerne die Jobs
an und fanden es ganz normal,den Dreck der Mieter wegzuraeumen.
Konflikte gab es aber immer noch.Einmal wegen der mediterranen Einstellung,was den Zeitrahmen
und Genauigkeit betrifft und dann noch wegen der Sprachbarrieren.

Zwischenzeitlich haben sich Firmen am Markt etabliert,die gerne das Wort "Maintenance"im Firmen-
wortlaut fuehren und damit werben,dass sie schon bei 15 Wohneinheiten,billiger seien,als die Haus-
meister.

Private Hausbesitzer griffen sofort zu,nur die Gemeinde Wien versuchte noch ein Sozialexperiment,
das jedoch in den Schuhen stecken blieb.

Man wollte die Hausmeister zu einer allgegenwaertigen Sozialanlaufstelle umbauen.Sie sollten neben
der Betreuung der "Stiegen" auch das Wohl der Mieter im Auge haben,ohne sie jedoch auszuspion-
iern.
Also,z.B. erkennen,wenn ein alter Mensch,einen Arzt braucht oder Kinder misshandelt werden.

Bewerber um einen Hausmeisterposten mussten daher einen psychologischen Test durchlaufen
und ein bisschen Rechtskunde pauken,sich Wissen aneigenen,welche sozialen Hilfen die Stadt bereit
haelt.
Der Erfolg ist jedoch ueberschaubar,

Immer wird das Verhaeltnis Mieter vs.Hausmeister ein ambivalentes sein.

Von der Respektperson des alten Wiens bis zum "den Tschusen haum ma braucht "war ein langer
Weg.

Jock


Moderator informieren   Gespeichert

Jock

  • Hero Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 2697
Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #92 am: September 23, 2021, 16:51:20 »

 vom: 29. August 2020, 14:21:40 »
________________________________________
Der Dr.med.Oppolzer

Mediziner sind bekannt,dass sie nicht gerade am Hungertuch nagen.Die Mitglieder dieser Zunft
sind gesellschaftlich hoch angesehen und erwerben mitunter einen betraechtlichen Wohlstand.

Wenn Aspiranten nach jahrelangem Studium einige Leichen seziert haben, jeden Muskel mit dem
lateinischen Ausdruck nennen koennen und von einer beschlagenen Zunge auf eine bestimmte
Krankheit schliessen,fehlt nur mehr der hippogratische Eid um ein richtiger Arzt zu sein.

Auch der Herr Dr. Theodor Egon Ritter von Oppolzer, ging diesen Weg.Er war der Sohn eines hoch
angesehenen Arztes in Wien und das Medizinstudium betrieb er als Gehorsamkeit seines Vaters
gegenueber.
Der Nobelbezirk des damaligen Wiens war der Alsergrund.Persoenlichkeiten des gehobenen Beamten-
standes,wohlhabende Fabrikanten und bekannte Aerzte logierten in wunderschoenen Jugendstil-
Wohnungen die nicht aus mindestend aus 8 Zimmern bestand.

In der Alserstrass 25 eroeffnete Dr.med.Theodor Oppolzer seine Praxis und schon am ersten Tag
fand sich eine Patientin mit einem furchbaren Hautausschlag ein.

Er behandelte sie fachgerecht und verlangte  1 Gulden als Honrar.

Als die Patientin gegangen war,warf er sein Stethoskop in die Ecke,zog seinen Arztkittel aus und
riss,das Schild am Hauseingang beidhaendig ab.

Er ist wahrscheinlich der einzige Arzt,der nur eine Stunde ordinierte,einen einzigen Patienten be-
handelte und nur einen einzigen Gulden einnahm.

Dann ging er nach Hause und eroeffnete seiner Frau,dass er seinen Beruf aufgibt,da er nicht sein
Leben lang "furchbare"Sachen sehen und er lieber Astronom werden will.

Immer wenn ein Lebensentwurf wegbricht,ist es gut,eine kluge Frau an seiner Seite zu wissen.

Frau Oppolzer jammerte nicht,zeterte nicht,zickte nicht und brach auch nicht in Traenen aus.

Vielmehr servierte sie Gugelhupf und frisch gebrauten Kaffee.Dann versprach sie ihrem Mann,dass
sie die Kosten fuer das neue Studium uebernehmen werde.

So geschah es und ihr Mann machte eine steile Karriere als Astronom.

Als Dank fuer ihre Unterstuetzung machte er ihr ein Geschenk,das Millionen von Jahren Bestand
haben wird.

Er benannte einen Asterioden nach ihr und zwei weitere dazu auf den Namen seiner Toechter.

Wer war die Frau mit dem Namen Coelestine ?

Jock
Moderator informieren   Gespeichert

Jock

  • Hero Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 2697
Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #93 am: September 23, 2021, 16:52:05 »

 vom: 22. Oktober 2020, 09:03:02 »
________________________________________
Die Flamme

Draussen,fast am Ende der Simmeringer Hauptstrasse,vis a vis des Zentralfriedhofs,
befindet sich das Krematorium der Stadt Wien.

Das Gebaeude,im maurischen Stil errichtet,liegt im frueheren Schlossgarten des Neu-
gebaeudeschlosses und war lange Zeit ein Zankapfel zwischen der Sozialdemokratie,
Regierung und Vatikan.

Genauer gesagt,nicht das Gebaeude selbst war Anlass zum Streit,sondern wozu es er-
richtet und betrieben wurde und wird.

Schon vor 1900 freundete sich das Proletariat mit der Feuerbestattung an und der Ver-
ein "Die Flamme" warb seit 1904 dafuer.

Allerdings war damals eine Feuerbestattung verboten.

Die christliche Lehre besagt,dass einst die Verstorbenen "unversehrt" in den Himmel
auffahren werden und wenn "Asche zu Asche" geworden ist,ist das unmoeglich.

Daher verbot auch der Vatikan nicht nur die Bestattung selbst,sondern untersagte auch seinen Priestern,Sterbenden,wo bekannt war,dass sie feuerbestattet werden wollen,die
Sterbenssakramente zu spenden.
Dahinter stellte sich natuerlich auch die Christlich-Soziale Regierung.

Friedrich von Siemens entwickelte 1874 einen Kremationsofen,der vorerst kein Verkaufs-schlager war.Das Ausstellungsstueck,das in seiner Filiale am Ring stand,war ein Laden-
hueter.

Die Nobelpreistraegerin Bertha von Suttner verfuegte testamentarisch,verbrannt zu werden.Da es allerdings in Oesterreich keine Krematorien gab,musste ihr Leichnam nach
Gotha ueberfuehrt werden.Ihre Familie konnte sich die kostspielige Ueberfuehrung
leisten,nicht jedoch das gewoehnliche Volk.

Der Druck auf die Obrigkeit,Feuerbestattungen zuzulassen,stieg,doch die Regierung blieb vorerst stur.
Erst 1923 nachdem die Sozis Wien eroberten und das Rote Wien gruendeten,nahm sich
der Buergermeister ein Herz und gab Auftrag,ein Krematorium zu errichten.

Nachdem die Einrichtung betriebsfertig war und eroeffnet werden sollte,untersagte der
Innenminster dieses Vorhaben.
Der Buergermeister eroeffnete trotzdem,was ihm eine Klage des Ministers einbrachte.
Der Prozess ging durch alle Instanzen und endete unentschieden.

Das salomonische Urteil lautete,dass sich der Buergermeister rechtlich geirrt hat und
somit straffrei bleiben muss,waehrend der Innenminister kuenftig Kremationen nicht
zur Kenntnis nehmen soll.

Erst 1934 wurde von der weltlichen Fuehrung in Oesterreich die Feuerbestattung der
Erdbestattung als gleichrangig eingestuft und erlaubt.
Nur der Vatikan tat sich,wie immer,schwer mit Neuerungen und gab erst 1960 seinen
Widerstand auf.

Seither duerfen auch offiziell,Geistliche bei den Einaescherungen anwesend sein und
die Trauergemeinde mit troestlichen Worten,beim Abschiednehmen begleiten.

Es soll schon vorgekommen sein,dass der geistliche Herr,den/die  Inlieger(in) als hoch-
herzigen/edlen Menschen bezeichnet hat,obwohl ihn weder Name noch Persoenlichkeit
irgendwie zuvor untergekommen ist.

Gewoehnlich ertoent an der Stelle ein lautes Schluchzen der Witwe.

Eine Witwe,Witwer oder Trauergemeine,die vehement darauf draengen,dass die Kre-
mation raschest erfolgen soll,erregt Misstrauen.

Ist einemal Asche zu Asche ,Staub zu Staub geworden,ist es schwer nachzuweisen,dass
die Dosis des verabreichten Blutdrucksenkers zu ueppig ausgefallen ist.

Daher hat der Gestzgeber vorgesorgt und bestimmt,dass Kremationen nur dann er -
folgen duerfen,wenn die Todesursache einwandfrei feststeht,die Identitaet des/die Ver-
storbene(n) geklaert ist und eine Einwilligung des naechsten Verwandten oder des nun
Toten,schriftlich vorliegt.

Jock

Moderator informieren   Gespeichert

Jock

  • Hero Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 2697
Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #94 am: September 23, 2021, 16:52:43 »

« Antwort #347 am: 28. Oktober 2020, 14:13:09 »
________________________________________
Leben im Graetzel

Kaltes Bier und junge Weiber sind die besten Zeitvertreiber.So stand es auf einen
Bierkrug im Gasthof Ludwigshof,schraeg gegenueber der Breitenseer Pfarkirche.

Nur sein Besitzer durfte daraus trinken und sonst stand der Krug in einem Wand-
regal oberhalb des Stammtisches.

Der Ludwigshof war ein grosser Gasthof mit Schank,Extrastueberl,Speisesaal,
Ballsaal und einer Kegelbahn im Keller.
Sommers lud an der Aussenwand ein Schanigarten zur Einkehr ein.

In der Kueche werkten unfoermige Koechinnen,waehrend der Wirt der Meister der
Schank und der Bierwaermer war.
Herr Max und Herr Richard waren die Ober,die stets bluetenweisse Hemden mit
schwarzer Fliege zum Frack trugen und immer ein Hangerl ueber den Arm hatten.

Der Ludwigshof war das Zentrum eines Graetzels in dem sich das Leben(um 1960)
abspielte.

Unweit,die Breitenseerstrasse hinunter,fand man den Konditior,das Obstgeschaeft,
den Lebensmittelhaendler,die Farbenhandlung,das Elektrogeschaeft den Maenner-
gesangsverein,das Breitenseerkino bis am Ende der Strasse ein Texilhandelsgeschaeft
ist,das bis heute Mode aus der Vorkriegszeit anbietet.(Rosafarbene Unterhosen fuer
Damen z.B)

Stadtauswaerts der Breitenseerstrasse,ein Kaffeehaus,ein Reisebuero,das Wallfahrten
nach Maria Zell anbot,eine Eisengiesserei,dann der Arzt,der damals im Kofferraum
seines Autos,statt der Golfausruestung,einen Notfallkoffer mitfuehrte.
Kasernen mit abgeblaetterten Verputz,machten etwaigen Feinden klar,dass mit uns nicht
su spassen sei.
Ganz oben,am Ende der Strasse,das maechtige Philips-Werk und davor der Eselwirt.
Hinter dem Philipswerk eine kleine Anlage mit 2 oder 3 Ringelspiele.

Es war selbstverstaendlich,dass man,mangels Auto,seine Besorgungen vor Ort er-
ledigte.

So kam eines Tages der Meister des Elektrogeschaefts persoenlich und stellte uns das
Fernsehgeraet auf.Er hatte laengere Zeit damit zu tun,die Libelle so einzurichten,dass
das "Schneegrieseln"nicht zu auffaellig ist.
Doch wehe,jemand beruehrte die Libelle.
Das Bild war nicht mehr erkennbar,dafuer hoerte man den Funkverkehr aus der Kas-
erne und ein tschecholslowakischer Sender erfreute uns mit Nachrichten und Musik.

Schon am zweiten Weihnachtstag baten uns unsere Kinder,den Christbaum abzuraeumen,
weil die Reflektion des Christbaumschmuckes ihr Fernsehprogramm vermieste.

Der Ludwigshof war Mittel - und Treffpunkt unserer jungen Jahren.Wann immer man
dort eintraf,man fand Freunde vor.Das Extrazimmer war unser Revier.
Dort wurde geplaudert,erzaehlt,gelacht,gesungen und die Welt nachhaltig verbessert.

A Saure,a klans Gulasch aber auch Beef Tartar konnten nur gegessen werden,wenn
das Bier reichlich vorhanden war.

Und das tat es auch.Esging nie aus,obwohl wir uns redlich bemuehten.

Wir lebten irgendwie in einem Konkon und dachten,so bleibt es das ganze Leben so.

Der Jahreskreis,mit Ballsaison,Fruehlingskraenzchen,Maientanz,Erntedankfest,Krampus-
kraenzchen und Auszahlung des Sparvereines werden sich in alle Ewigkeit wieder-
holen.

Wir Maenner werden dabei aelter und reifen dabei wie edle Weine.Und unsere Frauen
werden ewig jung und schlank bleiben.

Fragt nicht,was sich ein paar Jahre spaeter alles geaendert hat.

Jock

Moderator informieren   Gespeichert

Jock

  • Hero Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 2697
Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #95 am: September 23, 2021, 16:53:26 »

 vom: 05. November 2020, 16:23:35 »
________________________________________
Die Traumstraende von Wien

Rio de Janeiro ist ein Traumort fuer viele Sonnenhungrige.

Die Straende Copacopana und Ipanema,der Zuckerhut,das Anlanden des Meeres,
die schlanken Palmen,die knappen Bikini,sind die Sehnsuechte fuer manche Wiener.

Ein aehnliches Bild gab es auch in Wien.Der Strand der sich von Oberlaa bis zum
Himmelhof erstreckte,der Kahlenberg als Zuckerhut und der Yachthafen gleich um die
Ecke vom Stephansdom.

Zu spaet ,liebe Wiener,viel zu spaet.

Vor 150 Mio Jahren waere der richtige Zeitpunkt gewesen,um quasi vor der Haustuere
eine solche Ambiente zu geniessen.

Dass eine solche Landschaft entstanden ist,hat sich vor 400 Mio Jahren durch ver -
staerkte Erdbeben angekuendigt.Endlich vor 200 Mio Jahren,ein gewaltiger Rumms
und das Gebiet suedlich von Wien brach ein.
Nachdem sich die Staubwolke verzogen hatte,haette man in einem tausenden Meter
tiefen Abgrund schauen koennen.

Dieses Becken fuellte sich rasch mit dem Thetytischen Meerwasser auf und Urhaie
zogen ihre Bahnen.Das Klima war milde,doch weit und breit keine Menschen,die Kokos-
nuesse ernten,oder in den Wellen surften.

Entlang der Abbruchkante traten thermische Schwefelwaesser aus,was die alten Roemer
sehr schaetzten und wo an diesen Stellen,lange spaeter,Kurorte entstanden.(Baden,
Bad Voeslau,Bad Fischau)

Das Becken,das durch den Abbruch entstanden ist,fuellte sich durch die Fluesse,die
den Alpenbogen entwaesserten mit Sand,Schotter und Geroell langsam wieder auf.

Vor 13 -9 Mio Jahren war das Meer verdraengt und abgeschnitten und der Rest trock-
nete aus.
Der Boden des Beckens ist noch immer nicht besonders bauernmaessig nutzbar.Das
Regenwasser versickert im poroesen Boden zu schnell,die Humusschicht ist duenn.
Einzig der Wein gedeiht sehr gut.

Ewig schade,dass es keinen Meeresstrand in Wien mehr gibt,doch die Wiener sannen
nach Auswegen und schuffen Ersatz.

Das Gaensehaeufel mit seinen Kabanen,das Schafbergbad und die vielen Troepferl -
baeder und die Palmen im Palmenhaus.

Jock

Moderator informieren   Gespeichert

Jock

  • Hero Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 2697
Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #96 am: September 23, 2021, 16:54:05 »

 vom: 15. November 2020, 08:26:20 »
________________________________________
Unvergesslich

Wie wird man in Wien unvergesslich in Erinnerung bleiben ?

Es gibt verschiedene Wege dazu.Entweder man schiesst der deutschen Fussball-
mannschaft 6 Tore,oder man komponiert ein Musikstueck das sich Coronapolka
nennt oder einfach man nuschelt,wie Hans Moser.

Vielen ist es schon gelungen,der Weltgeschichte in Erinnerung zu bleiben,indem
sie es mit Feuer versucht haben.

356 v.Chr. zuendete Herr Herostrates den Arthemistempel an und ein Herr Nero
brannte 56 n.Chr. Rom ab.
Zwar hat er lauthals dementiert,dass er es war,der den Brand gelegt hat,aber wer
glaubt schon einen Politiker.

Der alte @Jock,der schon bis zu den Knien im Grab steht,macht sich ebenfalls Ge-
danken,wie er unvergesslich in Erinnerung bleiben kann.

Er hat es mit Feuer versucht,doch die Verbrennung alten Laubes hat keiner bemerkt.
Nicht einmal ein kurzer Bericht in der Kronenzeitung oder in der Oesterreich er -
schien.

Nach laengerer Suche fand er doch etwas,was ewige Wertbestaendigkeit hat und
hohen Erinnerungswert beinhaltet.

Eine Firma in der Schweiz presst aus der Asche Verstorbener Diamanten.

Es braucht nur 500 g Asche,voraus ein 3 ct.Diamant entsteht.2,5 Kg.ergeben dann
1,5 ct. und 2,5 Kg Asche bleiben bei der Kremation normalerweise uebrig.
Die Schadstoffe,die durch Rauchen zugefuehrt werden,verbessern die Qualitaet und
ich rechne stark damit,dass mein Diamant dann die Qualitaetsbezeichnung "River D"
und "flawless" tragen wird.

Diese Firma bietet auch unterschiedliche Schliffe an und monogrammiert durch
Laser den Urheber des Steines.

So ein Diamant ist sehr praktisch.Man kann ihn um den Hals tragen oder als Solitaer
in einen Ring einsetzen lassen.
Auch als Garantie fuer einen Kredit fuer den Kauf eines neuen Ferraris wird er gerne
als Pfand genommen.

Jetzt kurz vor der Weihnachtszeit plagen sich viele,wo und was sie als Weihnachts-
geschenk besorgen werden.

Das ist doch eine Idee,die auch mancherorts viel Freude ausloest.

Ich verfuege daher,dass ....

Jock
Moderator informieren   Gespeichert

Jock

  • Hero Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 2697
Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #97 am: September 23, 2021, 16:55:09 »

 vom: 24. November 2020, 09:54:19 »
________________________________________
Minus 36,6 Grad

Der 11.Feber 1929 war ein recht frischer Tag.In Wien lag die Tagestemperatur bei
- 15 Grad und die Leute froren wie die Schneider.

Der Schnee,der am 2.Jaenner reichlichst die Stadt zudeckte,lag immer noch ent-
lang der Strassen und Gassen.Steinhart gefroren und zudem lauerte oeberhalb von
Wien auf der Donau ein gewaltiger Eisstoss.

Und trotzdem war Wien an diesem Tag so etwas wie ein "Hitzepol"im oestlichen
Oesterreich.

Denn auch in Zwettl,eine Stadt im oberen Waldviertel,war ein recht frischer Tag zu
erwarten.

Die Quecksilbersaeule der Thermometer sanken auf - 36,6 Grad,es war windstill und
die Rauchsaeulen der Hausbraende stiegen kerzengerade zur undurchdringlichen
Hochnebeldecke auf.Schritte im Schnee klirrten wie zerbrechendes Glas,die Fenster-
scheiben waren von Eisblumen uebersaet und die Schweine froren in den Staellen
an den Waenden an.

Es gab im Ort nur zwei Lockalitaeten,wo es ertraeglich warm war.Die Backstube des Baeckers und das Sudhaus der Zwettler Brauerei.

Zwettl ist das bekannte Kaelteloch von Oesterreich.Nirgendwo wurde an einem Ort,
der staendig bewohnt ist,tiefere Temperaturen gemessen.

Eigentlich sollte man meinen,dass dieser Flecken menschenleer ist,veroedet,die Haeuser
eingestuerzt und die Einwohner nach Florida oder Aequatorialguinea ausgewandert.

Doch sie blieben und das hat einen kehligen Grund.

Der Grund heisst "Zwettler Brauerei".Eine kleine aber traditionsreiche Privatbrauerei,
die bereits 1707 urkundlich erwaehnt wurde.
Biere jedoch wurden schon viel frueher gebraut.So ist belegt,dass  im Zisterszienser-
stift Zwettl um anno 1600 die Moenche Bier brauten und sich ausgiebig daran labten.

Das Bier hatte damals einen ausgezeichneten Ruf,der bis nach Schweden gelangte.

Was sonst haette die Schweden veranlasst,im 30.jaehrigen Krieg die Stadt zu belagern?

Doch die Stadt,vom Kamp U - foermig umflossen und von einer stabilen Stadtmauer
geschuetzt,wurde von den Zwettlern mit allen Mitteln verteidigt.
Sie waren sich nicht zu Schade,auch den Inhalt der Nachttoepfe,ueber die unglueck-
seligen Soldaten der Schweden zu schuetten.

Nachdem die Schweden erfolglos abgezogen waren,war die Stadtmauer schwer be-
schaedigt und die Stadt selbst pleite.
250 Pfund musste der Landherr den Zwettlern als "Pachtschillig" erlassen.

In diesen schweren Zeiten gab der Bevoelkerung Hoffnung,dass die Brauerei bald
wieder produzieren konnte und das tut sie bis heute.

Die Erzeugnisse der Zwettler Brauerei muessen Bierkenner einfach munden.Da gibt
es "Original","Export","Kuenringer Festbock" und und und.

Nur eine Bieredition fehlt noch im Programm !

Das "-36,6 Kaeltebier"mit einer Stammwuerze von 36,6 Grad Plato und die Flasche
um 3,66 Euro feilgeboten.

Erhaeltlich nur gegen Vorauskasse  am 11.Feber jeden Jahres.

Ich bestelle schon mal einen 6-Pack.

Jock
 
Moderator informieren   Gespeichert

Jock

  • Hero Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 2697
Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #98 am: September 23, 2021, 16:55:49 »

 vom: 27. November 2020, 06:33:57 »
________________________________________
Die hohe Kunst des Rasierens

Am 25.Oktober 1957 morgens,betrat Herr Albert Anastasia den Barbiersalon des
noblen Park Sheraton Hotels in New York,wo er freundlichst und respektvoll be-
gruesst wurde.

Er wuenschte eine Genussrasur und liess sich im bequemen Friseurstuhl nieder.
Waehrend der Barbier einen cremigen Rasierschaum aufschlug und danach den
Schaum auf das Gesicht des edel gekleideten Gentleman verteilte,schloss Herr
Anastasia die Augen und erwartete,dass er bald das Schaerfen des Rasiermessers
am Lederriemen hoeren wird koennen.

Jetzt noch das sanfte Schaben,dann Abspuelen,ein feuchtes warmes Tuch auf-
legen lassen und mit Massagebewegungen das Aftershave verteilen lassen.

So,und nicht anders beginnt ein Herr einen erfolgreichen Tag.

Doch dazu kam es nicht mehr,denn ploetzlich betraten zwei weitere Herren,die aus-
gezeichnet geschnittene Anzuege anhatten den Salon,und eroeffneten mit Maschinen-
pistolen das Feuer auf den ungluecklichen Herrn Anastasia.

Alle Zeitungen publizierten das Attentat und veranlasste gewisse Herren,die einer
gewissen Gruppe angehoerten,zeitweilig ihren Bart im eigenen Heim abzunehmen.
Auch Herr Albert Anastasia betrat nie mehr einen Barbersalon.

Auch der alte @Jock wollte sich vor einiger Zeit eine Genussrasur vergoennen,da er
sich ja sonst nichts leistet.

Frau Jock war eine Woche lang zu Besuch einer Freundin eingeladen und ich liess den Bart stehen.
Knapp bevor sie wiederkommen wollte,wollte ich das stuppelige,kratzende Gestruepp
aus meinem Gesicht loswerden und begab mich zum oertlichen Frisiersalon.

Das Haarestutzen war kein Problem,doch als es um die Rasur ging,wurde dies abge-
lehnt.
Kein schlichtes Nein,sondern der Barbier riss entsetzt die Augen auf und machte mit
den Haende abwehrende Bewegungen,als haette ich ihn zu unzuechtigen Handlung-
en aufgefordert.
Auch mit guten Zureden war er nicht bereit,bei einem Farang eine Rasur vorzunehmen.

Also blieb mir nichts ueberig,als mit Einwegrasierer den Bart abzuschaben und dachte
dabei an den tuerkischen Barbier aus Wien,der die Meisterschaft des Rasierens im
kleinen Finger hat.

Der junge Mann,der aus dem tiefsten Anatolien stammt,war ungluecklich,dass ich
warten musste,weil zwei andere Herren,die vielleicht aus der gleichen Gegend kom-
men,vor mir dran waren.

Er bot mir Tee an und verwies auf die ausgelegten Zeitungen und Magazine.Die Warte-
zeit stoerte ueberhaupt nicht,denn das genaue Studium der Mittelseite im Playboy,
nimmt schon einige Zeit in Anspruch.

Das kunstvolle Umgehen mit dem Rasiermesser kann vielleicht bald einer,aber was
danach kommt,ist die hohe Schule.

Zuerst wird akribisch jedes Nasenhaar mit der Schere gestutzt,um danach das Spiel
mit den Bindfaden zu beginnen.

Den Bindfaden kreuzt er um seine Haende und das Endteil nimmt er in dem Mund.

So ueber das Gesicht gezogen und mit einem kleinen Ruck mit dem Mund,entfernt
er auch die letzten Barthaare an den heiklen Stellen,wo das Rasiermesser schlecht
hinkommt.
Ist das erledigt,flambiert der Meister die Haare,die aus den Ohren wachsen.

Er entzuendet eine kleine Fackel und haelt kurz die Flamme an die Ohren.Schnell
zieht er die Fackel wieder weg,so dass kein Schmerz entsteht,aber die Haare dort
abgefackelt sind.

Dann zieht der Kunde zufrieden von dannen und lobt Allah,dass er unseren Meister
in Wien aufschlagen hat lassen.

Nicht mehr lange,Mustapha,dann sehen wir uns wieder !

Jock


Moderator informieren   Gespeichert

Jock

  • Hero Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 2697
Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #99 am: September 23, 2021, 16:56:28 »

 vom: 03. Dezember 2020, 17:28:35 »
________________________________________
Der Schuh des Manitu

Unlaengst bei meinem Geburtstag war ich bester Laune.

Als die Gratulanten das uebliche "Happy Birthday "sangen,war alles noch in Ordnung.
Doch als sie die zweite Strophe von "Kinder soll er kriegen"anstimmten und zur der
Stelle kamen,wo man mir auftrug "Kinder soll er kriegen,Kinder soll er kriegen,drei
mal vier",verduesterte sich mein Gemuet.

Ich dachte dabei an den Erfolgsdruck,den man mir aufbuerden wolle und mir kam
zur Bewusstsein,dass ich den Erwartungen nur durch reichliche Adoption  gerecht
werden kann.

Ich wischte den Schatten schnell beiseite,doch ein kleiner Nadelstich blieb.

Mir wurde bewusst,dass es wohl zu spaet sei,den Schuh des Manitus zu erwerben,denn,
wie man weiss,haelt dieser,bei guter Pflege,30 und 40 Jahre.

In Wien gibt es nur eine Handvoll Schuhmachermeister,die den Schuh des Manitu her-
stellen und dementsprechend teuer sind sie.

Das Oberleder ist als Cordovan - Leder bekannt und man gewinnt es aus den Hinter-
backen eines Pferdes.Ein ausgewachsenes Pferd liefert genau das Rohmaterial fuer
zwei Schuhpaaren.

Die Gerbung erfolgt auf vegetabiler Weise und dauert bis zu 6 Monaten.Dafuer ist
das Endprodukt besonders weich und wasserabstossend.

Ordert man in einer kleinen Manufaktur ein Paar dieser besonderen Schuhen,ist zu-
erst eine Wartezeit in Kauf zu nehmen und zahlt danach einen hohen Preis dafuer.

Es kann schon vorkommen,dass man in einem gewoehlichen Schuhgeschaeft als
Geschenk einen Schuhloeffel mit Firmenaufdruck erhaelt.Manche dieser Geschaefte
bieten auch einen Schuhstrecker an oder auch ein Set fuer die Schuhpflege.

Nur bei den Ateliers,wo Cordovanlederschuhe im Angebot sind,wird es unumgaenglich
sein,auch einen Knochen eines Rotwildes zu erwerben.
Der Lauf eines Rehes hat die Eigenschaft,kleine Kratzer am Oberleder "auszubuegeln".

Dann sind die Schuhe wieder wie neu und koennen vererbt werden.

Jock

Moderator informieren   Gespeichert

Jock

  • Hero Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 2697
Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #100 am: September 23, 2021, 16:57:13 »

 vom: 19. Dezember 2020, 11:12:45 »
________________________________________
Der Sparverein

Als in irgendeinem Jahr der neue Kalender herauskam und man feststellte,dass
der 21.Dezember auf einen Samstag fiel,wurde dieses Datum sofort rot einge-
ringelt.

Das wird der Auszahlungstag fuer viele Kleinsparvereine.

Ist dann der Tag gekommen,waren die Vereinsmitglieder der "Ameise" oder der
"Fleissigen Biene" vollstaendig beim Wirten versammelt und harrten mit freudiger
Erwartung der Auszahlung ihrer Sparguthaben.

Es kam schon vor,dass mal ein Mitglied nicht erschien.Ein wichtiges Mitglied !

Da dachte man sofort an einen Ungluecksfall oder Erkrankung,weil,trotz wiederholter
Versuche, dieses Mitglied nicht erreichbar war.

Derweil betrat dieses eine schummrige Bar und liess die "Puppen" tanzen und der
Schaumwein,etwas uebertrieben als Champagner bezeichnet,floss in Stroemen.
Der Herr war vernuegt und die,etwas aufaellig geschminkten Damen,die rein zufael-
lig in der Bar aufhaeltig waren,ebenso.

Nachdem die Bar schloss,setzte man den etwas derangierten Herren auf die Stras-
se.Die kalte Nachtluft ernuechterte sofort und der Herr besuchte die naechste Polizei-
dienststelle auf,um Selbstanzeige zu erstatten.

Ernuechtert waren dann meist auch die emsigen Sparer,die sich das Schnitzel oder
den Schweinsbraten selber zahlen mussten und fanden unschoene Worte fuer den
Kassier,der sich spaeter nicht mehr bei seinem Stammwirten blicken liess.

Hunderte,ja tausende dieser Sparvereine gibt bzw. gab es in Wien bzw.Oesterreich.

Die Statuten solcher Vereine sahen vor,dass die Mitglieder woechentlich einen kleinen
Sparbetrag in den Sparstock abliefern mussten und bei den Zusammenkuenften bzw.
Einzahlungen (meist an Freitagen), ging es auch um Geselligkeit.

In Kladden wurden regelmaessig die eingegangenen Sparbetraege aufgelistet und die
Gelder an die naechste Bankfiliale oder Sparkasse auf ein Vereinskonto eingezahlt.

Diese (genossenschaftliche )Form des Sparens,gibt es bereits ca 160 Jahren,die mal
mehr und dann weniger beliebt waren.
Auch den Sparkassen waren die Sparvereine willkommen und unterstuetzen sie so-
gar.

Erst spaeter lenkten sie um um dachten,dass das Geldvolumen aller Sparvereine,
besser fuer die eigene Tasche arbeiten koennte und versuchten,den,im Finanzwesen
unbedarften Hausfrauen und Arbeitern,geschlossene Fonds g'schmackig zu machen.

Mit Thesaurisierte Fonds,mit Hochglanzprospekten beworben,wurde so mancher Sparer
8-miilionster Teil eines Schiffscontainer,der zwischen Singapore und Osaka reist.

Die Verkaeufer dieser Fonds,oft ehrbare Bankinstitute,sahen oftmals keine Notwendig-
keit,die Kaeufer darauf aufmerksam zu machen,dass auch ein totaler Vermoegensver-
lust moeglich ist.

Kaum jemand,von den kleinen Sparern,hat die Sektkorken knallen lassen koennen,
sondern diesen Vorgang den Mitgliedern der Geschaeftsfuehrern der Fonds ueberlassen.

Also zurueck zu den kleinen Sparvereinen beim Wirten ums Eck ?

Auch das ist schwierig,denn den Sparvereinen ist das Geldwaeschegesetz in die Parade
gefahren.

Den Banken wurde das Meldeverfahren fuer jeden des einzelnen Sparers zu aufwendig
und damit zu teuer.Die Folge,sie kuendigten die Konten fuer die Sparvereine.

Es nuetzte nichts,dass die Wirtsleute "Zeter und Mordio" schrieen,weil sie Umsatzein-
bussen fuerchteten und so werden die Sparvereine immer weniger und damit geht
eine alte Tradition langsam zu Ende.

Jock
Moderator informieren   Gespeichert

Jock

  • Hero Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 2697
Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #101 am: September 23, 2021, 16:57:52 »

 vom: 21. Dezember 2020, 09:35:08 »
________________________________________
Jedes Jahr am 25.Mai,genau um 00.01 h geschieht etwas Sonderbares am
Stammersdorfer Friedhof,sind sich die alten Stammerdorfer gewiss.

Der Stammersdorfer Friedhof ist der 3.groesste Friedhof von Wien mit ein paar
10.000 Grabstaetten.

Streift man durch das steinerne Meer der Grabsteine,wird einem auffallen,dass
an vielen granitenen Grabsteinen,neben Namen und Datum,auch Hufeisen oder
Violinen eingemeisselt sind.

Das sind die Grabstellen der Roma und Sinti und die "Geister" der Verstorbenen
duerfen an diesem Tag zur Geisterstunde ihre Graeber verlassen und ihrer Schutz-
heiligen,der "Schwarzen Sarah" gedenken.

Zwei Gruppen bilden sich,weiss man.Die eine Gruppe sind die Pferdehaendler,die andere,die Musikanten.
Und da erzaehlen sie sich Geschichten aus ihrer Geschichte,die vor ca.2.000 Jahren
begann,als sie aus Indien in die Diaspora aufbrachen.

Waren es frueher zaunduerre Pferdchen,die ihre Wagen zogen,sind es heute schwere
Limousinen,die keine Probleme habe,die monstroesen Wohnwagern zu ziehen.

Nur 5 % der Sinti und Roma sind noch als "Zigeuner" unterwegs.Quer durch Europa,
von Sippe zu Sippe mit dem Ziel,einmal nach Saintes-Maries-de-la-Mer zu kommen,
um das Grabmal der schwarzen Sarah aufzusuchen.

Nicht alle erreichen es und auch Oskar nicht.

Nachdem er 1956 aus Ungarn nach Oesterreich gefluechtet war,liess er alles zurueck
und nahm nur seine Geige mit.Damit begruendete er seine neue Existenz.

Kein Auge blieb trocken,wenn er in ungarischen Lokalen in Wien zur Geige griff und
sie zum Weinen brachte.
Er achtete immer,dass dabei seine Stirn schweissnass war,damit die Geldscheine
kleben blieben und hatte keine Bedenken,auch mit einem UHU-Stift nachzuhelfen.

Als seine irdische Reise zu Ende war,begrub man ihn am Stammersdorfer Friedhof.

Viele seines Volkes waren gekommen und nahmen Abschied und als der Sarg sich
senkte,erklang,als letzten Gruss, der "Traurige Sonntag" auf einer Violine gespielt.

Auf seinem Grabstein ist natuerlich eine Geige eingemeisselt.Jedes Jahr am 25.Mai,
wenn Oskars Geist aus dem Grab kommt,wird sie ergriffen und schon hoert man,fuer
die Lebenden unhoerbar,Csardasz - Musik und die unsichtbare Gesellschaft wiegt sich
im Tanze.

Warum der Stammersdorfer Friedhof ein bevorzugter Ort fuer die ewige Ruhe der
Sinti und Roma ist,weiss man nicht.

Wie so Vieles von dieser Volksgruppe,ist auch dies ein Geheimnis.

Jock
Moderator informieren   Gespeichert

Jock

  • Hero Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 2697
Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #102 am: September 23, 2021, 16:58:29 »

 vom: 25. Dezember 2020, 11:49:15 »
________________________________________
Der ehrbare Berufsstand der Planetenverkaeufer

Man fand sie im alten Wien an frequentierten Plaetzen und Strassen und waren
sehr beliebt.

Sie verkauften keinen Jupiter und auch nicht ein Stueckchen vom Uranus,sondern
Gluecksnummern.

Die Planetenverkaeufer hatten einen Nummernkasten und,entweder eine dressierte
weisse Maus oder gar einen Papagei mit sich.

Die Tierchen zogen aus dem Kasten Gluecksnummern heraus,die die Kunden in
der Lotterie setzen konnten.
Das kostete nur ein paar Groschen und erwarb dafuer den Traum vom grossen Ge-
winn.

Der Letzte dieses Berufsstandes stand bis 1970 an der Ecke Mariahilferstrasse/Ester-
hazygasse.

Erst starb der Papgei,dann der Planetenverkaeufer und ein Computer uebernahm
dieses Gewerbe.

Ausgestorben ist auch der Beruf der "Sandmaenner".

Sie waren bei den Hausfrauen in Wien sehr begehrt,denn sie verkauften feinkoernigen
Reibsand,damit die Toepfe und Pfannen,vom Angebrannten gut gereinigt werden kon-
nten.
War der Sandmann unerreichbar,nahm man nur ungern Sand von der Strasse,weil
sich das Geruecht,diese Sande sind von den Hunden reichlich gegossen worden,hart-
naeckig hielt.

Die Stadtverwaltung machte viele Berufe unausuebbar,da sie Betteln und Hausieren
verbot.

Der Handlee,der Suessholzhausierer,der Leinwandhaendler,der Praker und der Rastel-
binder verschwanden so mit der Zeit.

Nur das Radiweib fristet noch ihr Dasein.

Dort im Biergarten des bekannten "Schweizerhauses" wird der spiralfoermig aufge-
schnittene Radi noch zum Kauf angeboten.

Auch das Lawendelweib ist aus dem Strassenbild verschwunden und damit der ge-
sungene Ruf:

"Kauft's an Lawendel/Zwanz'g Groschen an Birschel Lawandel/an Lawendel haum
ma do/wer kauft uns an o".

Die Lawendelstraeusschen waren ein begehrtes Mittel gegen die Motten.

Der Pfeifenhausierer,der frueher in den Gaststaetten Porzellanpfeifen und Tabake
anbot,gibt es schon lange nicht mehr.

Nur eine Abart hat sich noch lange gehalten.

In Bars und Varietees boten leichtbekleidete junge Frauen auf ihren Bauchlaeden
Rauchwaren an,die die Herren mit einen Klaps auf den Hintern der Damen,ihren
Dank spendeten.
Es soll auch vorgekommen sein,dass man,um die gewuenschte Humiditaet der Zi-
garre herzustellen,zur der Methode "Bill Clinton"gegriffen hat.

Heute sind diese Berufe so gut wie ausgestorben oder wurden durch andere Taetig-
keiten ersetzt.

Huetchenspieler,Bettler und Hellseherinnen aus Osteuropa haben die Luecken ge-
fuellt.

Jock
 Gespeichert
jock
Moderator informieren   Gespeichert

Jock

  • Hero Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 2697
Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #103 am: September 23, 2021, 16:59:10 »

 vom: 28. Dezember 2020, 10:36:21 »
________________________________________
Von Gschaftlhuber und Vereinsmeier

Wird man in den Ruhestand geschickt und die Kinder ausser Haus sind,wird manchen Mitbuerger erst die unausgefuellten Zeitraeume bewusst,die sich auftun.

Der erste Kaffee ist schnell getrunken und die Kronenzeitung bald gelesen,dann die
Besorgungen fuer den Haushalt beim Billa erledigen.Angesagt ist dann das Abwarten
der endlos langen Stunden,bis das Abendprogramm des Fernsehens beginnt.

Diese Zeitraeume koennte man ja auch nutzen,indem man der Gesellschaft etwas
"zurueck"gibt.Vielleicht uebernimmt man bei einem Verein ehrenhalber die Aufgabe
eines Stellvertreter des Schriftfuehrers bei dem Kanninchenzuechterkreis u.s.w.

Ein Freund aus Jugendtagen hat dies beispielhaft hinbekommen und dabei sein Ego
aufgewertet.

Als Sohn eines Eisenbahners,wollte er nach dem Abitur ebenfalls bei der Bahn ar -
beiten und wurde Stationsvorstand eines Bahnhofs im tiefsten Burgenland,wo nicht
mehr als 4 Zugspaare taeglich passierten.

Das ging schief,denn eine falsch gestellte Weiche,fuehrte zum Glueck nicht zu einen Unglueck sondern nur zu einem fluchenden Lokomotivfuehrer und einer Meldung an
die obere Etage.

Dort fand man,dass das Eisenbahnerblut von Hans zwar sozialdemokratisch ist,aber
stark verfluessigt und legte ihm nahe,er solle sich einen anderen Beruf suchen.

Jahrzehnte spaeter,am 20.Feber 2007 hatte er einen grossen Tag,weil er von der Vize-
buergermeisterin im Amtsgebaeude von Fuenfhaus,das Goldene Verdienstzeichen
des Landes ueberreicht bekam.

Hans war,nach dem unerquicklichen Zwischenspiel bei der Bahn,in die Dienste der Ge-
meinde Wien eingetreten und wurde Pflichtvater von 100 Kindern,deren Amtsvormund
er geworden war.
Neben den 100 fremden Kindern hatte er auch 3 eigene.Die sind die Fruechte eines
Spazierganges durch den Schlosspark Schoenbrunn,wo er 1964,seiner spaeteren
Frau,Suessholz ins Ohr raspelte,um sie "herumzukriegen".

Da er als Oberamtsrat und als Bediensteter der Gemeinde Wien,offensichtlich nicht
ausgelastet war,wendete er sich auch anderen Aufgaben zu.

Er wurde Sekretaer der Eisenbahnergewerkschaft,des Gewerkschaftssprengels XV beim
Westbahnhof.Dann wurde er Bezirksrat fuer Penzing-Fuenfhaus.Zudem wurde er Ob-
mannstellvertreter einer Schrebergartensiedlung,weit draussen in Hirschstetten,
Hausvertrauensmann im Gemeindebau,wo er wohnt und Kassier fuer die Mitglieds-
beitraege der Sozialdemokraten in seiner SPOe- Sektion.

Seine grosse Liebe gilt,neben seiner Margareta,dem Pfadfinderwesen,wo er eine steile
Karriere hinlegte.

Erst gruendete er eine Altpfadfindergilde,die er den pfiffigen Namen " Papa Lehner"gab.

Papa Lehner,war sein Schwiegervater,der in den 1920 einmal das Woelflingsversprechen
abgelegt hat.
Er wurde natuerlich Gildenmeister und verbiss sich in die Altpfadfinderbewegung.

Als sich die Papa Lehnergruppierung aufgeloest hatte,arbeitete er am "Gildenweg"mit
und weitete seine Taetigkeit auf die internationale Ebene aus.

Er wurde Internationaler Sekretaer der Bewegung,dann Stellvertreter des Praesidenten
des "The International Scout and Guide Fellowship"und endlich sogar deren Vorsitz-
ender.

In dieser Funktion reist er um den Erdball.Besucht da eine Konferenz,dort ein Jam-
boree,wenn er nicht in Bratislava eine hohe Auszeichnung in Empfang nimmt.

Wird er einmal gestorben sein,wird auf seinem Grab ein Kreis mit einem Stein in der
Mitte liegen,das das alte Pfadfinderzeichen fuer "Ich habe meine Arbeit erledigt und
bin nach Hause gegangen" ist.

Nur sein Grabstein wird teuer kommen,wenn er darauf besteht,dass er so aussieht,
wie seine Visitenkarte.

Neben seinem Namen,Adresse und Telefonnummern,sind alle aktuellen und fruehere
Taetigkeiten aufgedruckt und das sind so viele,dass sogar die Rueckseite der Visit-
karte herhalten muss.

Jock

Moderator informieren   Gespeichert

Jock

  • Hero Member
  • *****
  • Offline Offline
  • Beiträge: 2697
Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #104 am: September 23, 2021, 16:59:55 »

 vom: 01. Januar 2021, 11:20:15 »
________________________________________
Der "Brexit" von 1867

Der "Brexit von 1867"ging auch als "Ausgleich" in die Geschichtsbuecher ein.

Wie Britannien,wollte auch Ungarn seine Souverenitaet zurueck,um sich der Gaengelei
von Wien bzw.Bruessel zu loesen.

Sowohl beim richtigen Brexit,als auch beim Ausgleich,wurden schwierige Verhand-
lungen gefuehrt und zum Abschluss gebracht.Kompromisse mussten geschlossen
werden und die Schrammen,die beide Teile hinnehmen mussten,wurden als Erfolge
verkauft.

Wichtige Persoenlichkeiten,die rund um den "Brexit von Wien" eingebunden waren,
hatten eine interessante Vergangenheit und bestaetigen das Sprichwort,dass man
sich immer zweimal im Leben begegnet.

"Hearns Haymerle,sie wissen eh,dass bold daschossen werd'n,informierte der Ge-
faengnisdirektor,den bei den Maerzunruhen 1848 gefangen genommenen Studenten.
"Do haum's a Schreibzeug,do kennans a Testament moch'n oder an Obschiadsbriaf
schreibn".

Herr Hamerle schrieb kein Testament und auch keinen Abschiedsbrief sondern richtete
sein Schreiben an den gebuertigen Herrn Josef Hafenbredl,mit der Bitte, doch beim
beim militaerischen Stadtkommandanten vorzusprechen und eine Begnadigung zu erwirken.

Niemals waere der Herr Josef Hafenbredl bei seiner Gnaden Alfred I.Fuerst Windisch-
graetz vorgelassen worden,aber als unehelicher Sohn des Fuersten Metternich und
Namensaenderung auf Graf Alexander von Huebner gelang es und es gelang auch,
den Herrn Haymerle zu verschonen.

Herr Haymerle dankte es,indem er sich als Ministerpraesidenten von Cisleithanien
zu Verfuegung stellte.Die Stadt Wien dankte zurueck,inden sie eine Gasse nach ihn
benannte.Allerdings irgerndwo in der Vorstadt.

1848/49 tobte in der ungarischen Reichshaelfte die Rebellion der Ungarn gegen das
Kaiserreich,die aber niedergeschlagen wurde.
Eine Reihe der Anfuehrer der Aufstaendischen wurde zum Tod durch den Strang ver-
urteilt und einige davon auch hingerichtet.

Darunter sollte auch der Magnat Gyula Andrassy,Angehoeriger einer uralten ungarischen
Familie sein.Der junge Kaiser Franz-Joseph kannte keine Gnade und lehnte alle Be-
gnadigungsantraege ab.
(Der Sohn vom Gyula Andrassy,ebenfalls mit dem Namen Gyula Andrassy zahlte dem
Kaiser das zurueck,indem er ein Techtelmechtl mit der Sisi gehabt haben soll und
dem Kaiser gewaltige Hoerner aufgesetzt hat.)

Am Tag der Hinrichtung,blieb der Galgen des Herrn Andrassy leer und nur ein Zettel
am Strick wies darauf hin,dass er dort baumeln sollte.

Herr Andrassy d.Aeltere roch den Braten und blieb ohne Erklaerung oder Entschuldi-
gung dem Spetakel fern.
Als Grund fuer seine Abwesenheit haette er anfuehren koennen,dass er wegen einer
unaufschiebbaren Auslandsreise nicht kommen kann,denn in Paris war er gerade auf
Freiersfuessen unterwegs.

Jahre spaeter,Graf Andrassy war inzwischen Ministerpraesident der ungarischen Reichs-
haelfte geworden,trafen sich er und Kaiser Franz-Joseph.
Das Thema Galgen und Amnestie sparten sie bei den Gespraechen aus.

Fuer Graf Andrassy und Herrn Ferenc Deak,den sie den Weisen von Ungarn nennen,
wurden grossartige Denkmaeler errichtet.

Deak sitzt dabei auf einen hohen Stuhl,waehrend Graf Andrassy auf einen hohen Ross
verweilt.

Fuer die Kommunisten war dies unannehmbar.

Andrassy wurde vom Pferd geholt und eingeschmolzen.Aus dem Material schuf man
eine mannshohe Statue des damals verehrten Herrn Stalins und setzten ihn auf Ross.

Das blieb nicht so.Kurz nachdem in der Sowjetunion der Stalin in Ungnade gefallen war,
musste der bronzene Kerl auch ins Feuer gehen.

Die alten Gussvorlagen wurden hervorgeholt und den Andrassy,in seiner ganzen Herr-
lichkeit neu gegossen.
Seither sitzt er,steif wie immer,wieder auf seinem Ross.

Wegen des echten Brexit kann es auch geschehen,dass man Boris Johnson in London
eine Bruecke nach ihn unbenennt.

Von Black Friarsbridge auf Blond Liarsbridge vielleicht.

Jock


Moderator informieren   Gespeichert