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Autor Thema: Wien, Wien, nur du allein ...  (Gelesen 12188 mal)

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Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #60 am: September 23, 2021, 16:18:30 »

 vom: 31. Juli 2019, 21:54:18 »
________________________________________
Die Reichsbruecke in Wien

Nachdem das Hochwasser der Donau 1863 bis zu den Altarstufen des Stephansdoms ange-
stiegen war,musste man das Projekt "Donauregulierung" angehen.

Um jedoch an das andere Ufer zu gelangen,musste eine Bruecke ueber den Strom er-
richtet werden.
Die Planungen wurden 1868 gestartet und ein paar Jahre spaeter war das Bauwerk
fertig.Es war eine Stahlwerkskonstruktion,die mit viel Trara 1876 unter Teilnahme hoher
Wuerdentraeger eroeffnet wurde und auf den Namen "Kronprinz - Rudolf " getauft worden
ist.

Der war aber gar nicht beim Festakt zugegen und auch bei der Bevoelkerung hielt sich die
Euphorie in Grenzen.
Das Passieren der Bruecke war kostenpflichtig.Jedes Fuhrwerk hatte einen Obolus zu ent-
richten,aber auch Fussgeher wurden zur Kasse gebeten.

Ab 1889 nachdem der Kronprinz aus dem Leben schied,tauften die Wiener die Bruecke in
"Selbstmoerder-Bruecke" um.

Nach dem 1.Weltkrieg und Abschaffungs des Adels,musste auch ein neuer Name fuer die
Bruecke gefunden werden.Man einigte sich auf "Reichsbruecke" und dieser Name hatte bis
1946 Bestand.

Mit Mueh und Not ueberstand,die mittlerweile marode Bruecke,den Eisstoss nach dem Jahr-
hundertwinter 1928/29.

Wieder wurden Plaene entwickelt eine neue Bruecke zu bauen.Man entschloss sich fuer
eine"Haengebruecke" auch Kettenbruecke genannt.
Die Techniker,die die Planungen begleiteten,gerieten sich in die Haare,bezueglich der Funda-
mente,worauf ein Professor der Technischen Hochschule und seine Frau sich ihr Leben nahmen.

Wieder wurde die Eroeffnung mit viel Trara begleitet.Hohe Wuerdentraeger schwangen An-
sprachen,die Musik spielte,ein eigenes Musikstueck wurde komponiert,Sonderbriefmarken wurden
aufgelegt u.s.w.

Der Name "Reichsbruecke" blieb,obwohl viele es gerne gesehen haetten,dass die Bruecke auf
"Engelbert Dollfuss" umgenannt wird.
Auch die Nazis blieben beim Namen. "Reichsbruecke" ist doch eine Assoziation mit dem "Tausend-
jaehrigen Reich" nicht unerwuenscht.

Der Name Reichsbruecke hatte Bestand bis zum 10.April 1946.Ab 11.April 1946 wurde er auf
"Bruecke der Roten Armee" geaendert.Als "Dank" fuer die Befreiung Wiens von der NS -Herr-
schaft.

Der Dank dauerte bis 1955 an,dann,nachdem die Sowjets als Besatzungsmacht abgezogen waren,
taufte man wieder auf "Reichsbruecke" um.

Als am 1.August 1976 die Bruecke einstuerzte,mussten die Stadtvaeter an einen Neubau der
Bruecke denken.
Zuvor hatten sie allerdings Muhe,den zuruecktretenwollenden Buergermeister von seinem Vor-
haben abzubringen und opferten lieber den zustaendigen Baustadtrat.Der war gar nicht leicht
zufinden.Erst Tage spaeter fand man ihn am Fusse des Matterhorns,schlafend in einer Almen-
huette.

An der selben Stelle soll die neue Bruecke errichtet werden,das war bald klar.Es soll diesmal
eine Spannbetonbruecke werden,wo oben der Autoverkehr fliesst und in der unteren Etage die
U-Bahn verkehrt.

Kurzzeitig ging das Geruecht um,dass die neue Bruecke den Namen "Johann Nestroy"fuehren
soll,doch das blieb ein Geruecht.

Bruecken,Strassen und Plaetze wurden im Laufe der Zeit oftmals unbenannt.

Wer weiss heute noch wo sich der "Kaiserin Zita- Ring befand,wo der "Kaiser Karl- Ring. Und
will man zu einer Adresse am "18.November- Ring" ,verzweifelt der Taxifahrer.

Aus dem Rathausplatz wurde zwischen 1938 und 1945 der " Adolf Hitler - Platz"  und den"Dr.
Karl Lueger- Ring" gibt es auch nicht mehr.

Zur Zeit gibt es eine politische Diskussion ueber die geschredderten Festplatten aus dem
Bundeskanzleramt.Die OEVP liess einige Stuecke davon 3 x schreddern und seither raetselt
man,was so Geheimnisvolles enthalten war.

Man vermutet,dass auf den Festplatten Ueberlegungen,Korrespodenzen und Planungen ge-
speichert waren,die ganze Ringstrasse auf "Sebastian Kurz - Ring" umzunennen.

Jock

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Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #61 am: September 23, 2021, 16:19:09 »

 vom: 02. August 2019, 09:39:46 »
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Die Wanzenfabrik

Als Wien noch der Nabel der Monarchie war,zog es aus allen Landesteilen Zuzuegler an.

Ungarische Juden,die die Gabe hatten nach dir die Drehtuere zu betreten und vor dir her- auszukommen,Krowoden,Zigeuner,Slawen aus Istrien,Lombarden,Behm und auch einige
Tiroler.
Anlaesslich der Weltausstellung 1873 kamen 6.000 Sinti und Roma nach Wien und jeder
davon war ein ausgebildeter Taschendieb.

Jene die dauerhaft bleiben wollten,brachten ihre Gebraeuche und ihre Lebensgewohn-
heiten mit. Wien's Einwohner insgesamt,war ein Schmelztiegel der Kulturen.

Wien hatte damals fast 2 Mio Einwohner und waren eine Minderheit gegenueber ihren
Mitbewohnern,die der Nichtzoologe, Laeuse,Floehe,Motten und Wanzen nennt.

Ein Johann Zacherl ging nach seiner Ausbildung als Zinngiesser auf die Walz und kam
bis Tiflis.Dort gefiel es ihm,denn er konnte die Naechte durchschlafen,ohne von diesen
Quaelgeistern besonders belaestigt zu werden.

Er forschte ein bisschen nach und kam drauf,dass eine Chrysanthemenart,getrocknet und
zu Pulver vermahlen,ein ausgezeichnetes Insektizid ist.

Darauf begruendete er seine Geschaeftsidee und kehrte nach Wien zurueck,denn er wus-
ste,dass kaum ein Wiener ohne Stechen,Beissen und hinterher Kratzen durch die Nacht
kam.
 
Sein angebotenes Mittel,vertrieb er unter "Zacherlin"das in Flaeschchen abgefuellt,reis-
senden Absatz fand.Zudem war ein Teil seines Marketing,dass er kundtat,dass dieses
Mittel aus Persien stammt.
Auch der Bundestrainer Joachim Loew haette dieses Mittel gut gebrauchen koennen um
sich die telegene Wehr gegen einen unerwuenschten Mitbewohner zu ersparen.

Um das "Persische" abzurunden errichtete er eine Fabrik,die aeusserlich ihresgleichen in
Wien sucht.
Steht man vor der Fabrik,vermeint man in Marrakesch zu sein.Alle Stilelemente der maur-
ischen Baukultur finden sich wieder.Die Ornamente sind orientalisch,die Kuppel ist einer
Moschee in Isfahan nachempfunden und zwei Minarette ragen gegen den Himmel.

Extra angefertigte Fliesen in tuerkisener Farbe an der Fassade,wecken eine Ahnung von der
Schoenheit des Orients.
Trotz des Aussehens war das Gebaeude niemals als Gotteshaus gedacht und war immer "nur"
eine Gewerbeimmoblie.

Was die Wiener allerdings nicht daran hinderte,die Zacherl- Fabrik als "Wanzenfabrik" zu ver-
spotten.

Die Fertigstellung der Wanzenfabrik erlebte der Johann Zacherl nicht mehr,doch sein Sohn
fuehrte die Fabrik erfolgreich weiter und eroeffnete Filialen in Paris,London und sogar in New-
York.

Nach dem 1.Weltkrieg begannen die Geschaefte schlechter zu laufen.Eine neumodische Er-
scheinung,sich oefters zu Waschen als zu Ostern und Weihnachten und chemische Produkte
dezimierten die Tierchen dramatisch.

Eine zeitlang versuchte man mit der Uebersommerung der Pelze der hoeheren Damen sich
ueber Wasser zu halten,indem man diese mottensicher einlagerte und als das nicht mehr
reichte,erzeugte man Ski- Bindungen und Thermosflaschen.

1958 erlosch die Firma Zacherl und die Gebaeude standen jahrzehntelang leer.

Um die Jahrtausendwende versuchte ein Nachfahre des Firmengruenders,die Gebaeude und
das Areal zu beleben und veranstaltete Liederabende,Konzerte und Lesungen.

Bis halt ein Brieflein des Magistats kam,wo mitgeteilt wurde,dass man eine Konzession braucht.
Um diese zu bekommen,waeren allerdings einige Millionen zu investieren.

Daraufhin versank die Zacherl - Fabrik wieder in einen Dornroeschenschlaf.

Jock


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Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #62 am: September 23, 2021, 16:20:16 »

 vom: 06. August 2019, 09:57:18 »
________________________________________
Von Kropferten,Kraetzerten,O'zwickten,Kretinen,Krispindeln und Depperten

Vor einiger Zeit lernte ich einen Arzt kennen.Er stamme aus Graz ab,sagte er bei der Vor-
stellung.
"Aha,ein Steirer"bemerkte ich und bekam die Antwort: "Nein,ein Grazer,denn das ist ein
Unterschied".

Jetzt erst verstehe ich,was er meint.

Graz ist die gemuetliche Hauptstadt der Steiermark,wo sich viele Staatsangestellte und
Offiziere der k.u.k. Monarchie ansiedelten,um ihre Pension zu geniessen.

Nur,bevor man Graz erreicht,musste man durch ein Horrorland fahren.

Ein englischer Diplomat,der auf der Durchreise war,meldete aufgeregt nach London,er habe
noch nie zuvor in seinem Leben derart entstellte Menschen gesehen.Kleinwuechsig seien
sie und haben einen Wasserkopf.Frauen muessen ihre Kroepfe ueber die Schulter heben,
damit sie ihre Kinder saeugen koennen.

Da die Kroepfe landesweit verbreitet waren,hatte die Stellungskommision fuer Rekruten zu
berichten,dass nur 9 % der Wehrpflichtigen 18 jaehrigen fuer den " Liniendienst" tauglich
seien.
Alle anderen haben Kraetze,sind O'zwickte,sind Kretinen oder sind schlicht zu Deppert.

Der hohe Prozentsatz an Untauglichen,zwang die Heeresleitung dazu,dass der Militaerdienst
in die Ueberlaenge gezogen werden musste,der bis 12 Jahren andauerte.

Damit waren die ehefaehigen Maenner dem Heiratsmarkt enzogen und die mannbaren junge
Frauen vor die Wahl gestellt,entweder als vertrocknete Jungfrau ihr Leben zu fristen,oder
einen Kraetzerten,O'zwickten oder Depperten zu heiraten.
Meist nahmen sie einen Depperten,denn die Krispindeln waren fuer die schwere Arbeit an den
Bauernhoefen zu schwach und einen Kropf hatten sie meist selber.

Der Kropf ( Struma) war ein der Steiermark weit verbreitet,als sich der Arzt Julius Wagner - Jau-
regg fuer diese Erkrankung interessierte.

Er verschrieb jodhaltige Tabletten einer englischen Firma und hatte Erfolg.Nach und nach be-
handelten auch niedergelassene Aerzte Patienten,die sie aus den Listen der Ortschaften fanden,
weil die Buergermeister verpflichtet waren,Kropferte und Debile darin zu fuehren.

Heute ist der Kropf kein grosses Thema mehr.Jodiziertes Salz und abwechslungsreichere Kost
fuehren genug Spurenelemente des Jods zu.Ausserdem gelingen Kropfoperationen fast immer
und die Narben einer solchen Operation werden mit einem Trachtenkropfband kaschiert.

Daher haette ich keine Bedenken,eine Miss Syria zu heiraten.Die Gefahr,eines Tages mit einer
Kropferten aufzuwachen,ist gleich Null.

Jock

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Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #63 am: September 23, 2021, 16:21:03 »

 vom: 11. August 2019, 11:49:46 »
________________________________________
Das Schicksal des Milliardaers Epstein

Und,sprach Gustav von Epstein,ich brauche natuerlich auch Stallungen fuer 15 Pferde und
Theophil Hansen nickte dazu.

Theophil Hansen war der angesagteste Architekt seiner Zeit.Er erbaute das Parlament,die
Boerse und viele andere Prachtbauten.
Als er gleichzeitig 42 Baustellen zu betreuen hatte,warteten zwei Irrenwaerter diskret im
Hintergrund,damit sie eingreifen koennen,wenn eintritt,was befuerchtet wurde.

Mit Gustav von Epstein und Theophil Hansen sassen sich Bauherr und Architekt gegenueber
und berieten die Plaene fuer ein standesgemaesses Zuhause.

Gustav von Epstein hatte das Grundstueck am Ring,gleich neben dem Parlament zu einem
ungeheuren Preis gekauft,das selbst dem Erzherzog Ludwig-Viktor ( Bruder des Kaisers) zu
teuer war und zurueckzuckte.

Gustav von Epstein war Jude und Bankier und half der finanziell maroden Monarchie mit
Krediten aus,damit sie froehlich einen Krieg fuehren konnte und verzichtete dann und wann
auf die Rueckzahlung.

Sein Vater,Lazar Epstein legte den Grundstock fuer das Vermoegen.In Boehmen erfand er
ein neues Verfahren der Texildruckerei und der angeschlossene Grosshandel garantierte
ein grosses Einkommen.

Seinen Sohn,Gustav sandte er nach Wien um den Grosshandel zu leiten.Einige Jahre fuehrte
Gustav in Wien die Geschaefte,eroeffnete eine Wechselstube und verkaufte,nach dem Tod
von Lazar die Betriebe und wendete sich dem Geldgeschaeften zu.

Bald war er der zweitreichste Bankier,nach den Rothschilds und Direktor der Nationalbank.

Das Palais wurde prachtvoll.

Im Erdgeschoss war die Bank,die man auch durch einen unscheinbaren Seiteneingang be-
treten konnte.
Durch diese Tuere traten verarmte Buerger ein,die ohne jede weitere Sicherheiten anbieten
zu koennen,Geldbetraege bar auf die Hand ausbezahlt bekamen,damit sie vor dem Elend be-
wahrt werden.
An die 500.000 Gulden gelangen so jaehrlich zur Auszahlung,weit mehr als der Kaiser zur
Verfuegung stellte.

In der ersten Etage waren die Repraesentationsraeumlichkeiten.Der Ballsaal,die Salons waren
Treffpunkte der High Society,wo Dichterlesungen und Konzerte stattfanden.

Die zweite Etage ware die "Belle Etage".Die Privatraeumlichkeiten der Familie.
Vom Ring ausgesehen rechts das Herrenzimmer,das Privatbuero und die reichhaltige Bibliothek.
Der linke "Fluegel" das Boudoir der Hausherrin und die Raeumlichkeiten der Kinder.
Diese Etage war besonders kostbar ausgestattet.Spiegel,Fresken an der Decke und das Mobilar
war von ausgesuchter Schoenheit und Eleganz.

Im naechsten Geschoss waren die Raeumlichkeiten des Personals.

1873 titelten die Zeitungen: "Als er Wien verliess,war er Millionaer,als er kam war er ein Bettler".
Damit meinte man Gustav von Epstein und nicht etwa einen Kollegen,der nach Thailand zog.

Die Tragoedie begann mit der Weltwirtschaftskrise 1873,wo viele durch Spekulation ihr Hab,Gut
und Vermoegen verloren.
Die Epstein - Bank waere halbwegs gut durch die Zeit gekommen,wenn nur der Kassier der Bank
die Fingern aus der Blase gehalten haette.

Adolf Taussig (34 J) war der Name jenes Mannes,der eines Tages in der obersten Etage noch
hoeflich ein Dienstmaedchen gruesste,dann das Fenster oeffnete und sich auf die Lothringer -
strasse hinabstuerzte.
Zuvor hatte er sein Buero akkurat aufgeraeumt und in einem Abschiedsbrief um Entschuldigung
gebeten.

Taussig hatte ohne Wissen von Gustav Epstein mit Bankgeldern spekuliert,war kurz reich und
stand dann nach Platzen der Blase vor einem Desaster.

Gustav befand sich zu dieser Zeit in Italien,einerseits Kunstwerke zu kaufen,andererseits sein
Halsleiden zu kurieren.
Zurueckgekehrt versprach er,alle offene Verbindlichkeiten auszugleichen und musste dafuer
seine Barmittel aufwenden,die Bank verkaufen und sein Palais mit Hypotheken zupflastern.

Bis 1875 konnte er noch im Palais wohnen bleiben,doch nach dem Tod seines Sohnes zog die
Familie in eine kleinere Wohnung in der Naehe des Rathausplatzes um.
Nachdem er 1879 an Kehlkopfkrebs verstorben war,uebersiedelte seine Witwe mit den Toechtern
nach Budapest.
Die Toechter heirateten in weniger bekannten Familien ein,die aus dem Militaer- und Juristen -
kreisen stammten.

Daher verliert sich langsam die Spur der einst vermoegenden und einflussreichen Familie.

Das Palais kaufte eine englische Gasfirma,die in Wien ihr Unwesen trieb,war waehrend der
Besatzungszeit nach WK II.Sitz der sowjetischen Kommandatur.
Dass das Palais nicht gepluendert und vandaliert wurde,hat man einen kunstsinnigen Offizier
zu verdanken,der dies verhinderte.

Heute ist das Palais eine Dependance des Parlaments.

Mit Jeffrey Epstein,jenen amerikanischen Milliadaer,dem Unzucht mit Minderjaehrigen vorge-
worfen wird und jetzt tot in seiner Zelle aufgefunden wurde,hat die oesterreichische Familie
Epstein keine verwandtschaftliche Verbindung,

Jock

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Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #64 am: September 23, 2021, 16:21:47 »

 vom: 25. August 2019, 09:00:35 »
________________________________________
Der Triester - Kanal

1796 setzte der gute Kaiser Franz II. seine Unterschrift unter ein Hofdekret,das einer
Gesellschaft das Recht einraeumte,eine Schifffahrtstrasse zwischen Wien und der be-
deutenden Hafenstadt Triest zu errichten und zu betreiben.

Die Idee dahinter war,dass man in England draufkam,dass man fuer den Transport von
2 Tonnen Material 2 Pferde noetig sind,wogegen auf dem Wasser nur 1 Pferd fuer 20 Ton-
nen ausreicht.

Die Folge davon war,dass die Transportkosten in den Keller gingen und sich die trans-
portierten Gueter,hauptsaechlich Kohle,Holz und Ziegel entscheidend verbilligten.

Um sich die Dimension etwas vorzustellen,muss man wissen,dass zwischen Wien und
Triest taeglich 40.000 Pferde im Einsatz waren,um Transporte abzuwickeln.

Der Triester - Kanal,der heute Wr.Neustaedter - Kanal heisst,war unter keinem guten
Stern beheimatet.

Die Probleme waren die Einspeisung von Wasser,Versickerungen,Schmelzwaesser im
Fruehjahr und Unwetter im Sommer.

Mit 48 Arbeitern begann man das Bauwerk,der Fortschritt war entsprechnend.Dann setzte
man Militaerangehoerige ein,um sie nach kurzer Zeit fuer einen Krieg einzusetzen.Ersetzt
wurden sie durch Strafgefangene,die die sprichwortliche Eisenkugel am Fussgelenk tragen
mussten.

Immerhin 1801 war Wr.Neustadt ( 40 Km von Wien entfernt) erreicht.

Die Fuellung mit Wasser geriet zum Desaster.Es versickerte.Ganze Fluesse (Schwechat,
Piesting etc.) einzuleiten,war deshalb nicht moeglich,weil sonst die dahinterliegenden
Brunnen trockenfielen  und die Landwirtschaft nicht genuegend Wasser gehabt haette.

Daher musste man den Kanal aufwendig verdichten,bevor die ersten Flussschiffe fahren
konnten.

Zu dem Zeitpunkt waren ohnehin statt der geplanten 48 Kaehne nur 4 angeliefert worden.

Von Wr.Neustadt sollte der Kanal ueber Oedenburg und weiter auf der ungarischen Seite
Richtung Triest gefuehrt werden.

Doch da legten sich die Magnaten quer und verweigerten die Abtretung der noetigen Grund-
stuecke.Diesen Widerstand konnte nicht einmal der Kaiser brechen und war somit das
Projekt gestorben.

Die Betreibergesellschaft machte trotzdem lange Zeit gute Gewinne.

Die Kohle aus dem suedlichen Wr.Becken,das Holz aus den Waeldern rings um Schneeberg
und Rax und spaeter die Ziegel,die man fuer die Errichtung der Bauten entlang der Ring-
strasse benoetigte,wurden auf dem Kanal transportiert.

Auch an den Personenverkehr wurde gedacht.Ein "Luxusschiff" befuhr die Strecke Wien -
Laxenburg,der Fahrpreis waren 6 Kreuzer wohlfeil.
Der Betrieb wurde aber bald wieder eingestellt,weil die Pferdchen einfach zu langsam waren.

Mit der aufkommenden Eisenbahn sank die wirtschaftliche Bedeutung des Triester - Kanals
soweit ab,dass der Kanal langsam seinen Schifffahrtbetrieb einstellte.

Ein wenig Bedeutung erlangte er wieder in der Nazi - Zeit.

Da die Bombenangriffe auf die wichtigen Kriegsindustrien - und Fertigungen im Altreich
zunahmen,verlegten man speziell den Flugzeugbau in den Raum suedlich von Wien.

Den Kanal sanierte man und fuellte ihn mit Wasser,fuer den theoretischen Fall,dass die
Alliierten doch noch den Kuckuck wecken sollten.Dann haette man zumindest genug Loesch-
wasser.

Das wurde dann auch gebraucht.Wr.Neustadt versank im Bombenhagel,die Messerschmidt-
Werke wurden den Erdboden gleich gemacht und der Kanal wurde stark beschaedigt.

Heute ist der Wr.Neustaedter - Kanal ein beliebter Radweg und kehrt man in Traiskirchen
beim Heurigen Wustinger ein,ist alles gut.

Jock
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Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #65 am: September 23, 2021, 16:23:51 »

 vom: 09. September 2019, 16:11:03 »
________________________________________
Als ich vor 60 Jahren in Wien aufschlug,landete ich in Penzing - besser gesagt in
Breitensee.

Dort dominierte die Pfarrkirche,daneben der Ludwigshof mit dem Boxerhund Arthus,
der es sich schon vor Jahren abgewoehnt hat,seinen Kopf zu heben,wenn ein Gast die
Wirtsstube betrat.
Mit den Jahren nahm er genau die selbe Farbe an,wie der fossile Brennstoff im Ofen.

Entlang der Breitenseerstrasse fand sich alles,was man zum Leben so braucht,auch
eine  Strassenbahnlinie fuhr durch das graetzelliche Idylle.

Der Fleischer war neben dem Konditor,weiter unten das Feinkostgeschaeft,dann der
Gemueseladen,sogar ein Farbengeschaeft gab es,der Elektroladen nicht unweit vom
Textilgeschaeft Kremser,die Modewaren der fruehen 50gern anbot.

Stadtauswaerts wurde es laendlich und trostlos.Eine Eisengiesserei war neben einem
Kasernengebaeude,bewacht von einem gelangweilten Schuetzen.Der wiederum getren-
nt von der Ordination des lokalen Arztes,wo man nach ein paar Schritten zu einem
kleinen "Prater" kam,wo zwei einsame Ringelspiele warteten.

Ich und meine Freunde fuehlten uns wohl dort und nahmen uns vor,ewig und immer
dort zu bleiben,bis Bruder Hein uns abholt.

Fanden wir Gefallen an dem Besuch des Stadionbades oder gar der Alten Donau,bedeutete
es eine Tagesreise.3 oder 4 maliges Umsteigen bei der Strassenbahn,die am Sonntag
nur zu allen heiligen Zeiten fuhr,war ein Ausflug zu anderen Teilen der Stadt,eine zeit-
raubende Angelegenheit.

Niemand,den ich kannte wollte nach Floridsdorf oder Simmering. Und Kaisermuehlen war
jenseits des Endes der Welt.

Als ein Freund,der aus einer Substandardwohnung kam,voreilig ein Fraeulein zur Frau nahm,
die ebenfalls in einer Substandardwohnung mit Eltern und Geschwister wohnte,das zur
Folge hatte,dass das eheliche Getriebe nur dann stattfand,wenn regelmaessige Schnarchge-
raeusche etwas Ungestoertsein garantierten,wuchs der Wunsch bei ihnen,eine eigene Wohnung
zu haben.

Die Stadtgemeinde hatte Einsehen und wies ihnen eine schicke Wohnung am Stadtrand
jenseits der Donau zu.
Damals gab es noch Gemeindewohnungen,die ohne Baukostenbeteiligung zugewiesen
wurden.
Trotzdem wir waren entsetzt ! Wie kann man in eine Gegend ziehen,die weit weit weg von
jeder Zivilisation ist ?

Als er sich verabschiedete,hatten wir das Empfinden,er zoege nach Australien und ein Wieder-
sehen steht in den Sternen.

Denn damals gab es noch keine U-Bahn in Wien.

Dabei waren die ersten Plaene fuer dieses Massentransportmittel bereits 1844 auf dem Tisch.

Die Stadtvaeter berieten lange und ausgiebig - fast hundert Jahre lang,bis dann doch 1978
ein regulaerer Verkehr aufgenommen wurde.

Zwischenloesungen,den Massenverkehr unter die Erde zu verlegen,gerieten vorher ins Stocken.

Stadtbahn nannte man den nach oben offenen Verkehrsweg.Ustraba(hn) jene Teilstrecken der
normalen Strassenbahn,die auf der 2 er Linie und beim kurzen Stueck am Suedtiroler Platz
ab 1959 verkehrten.

Seitdem es die U-Bahn in Wien gibt,sieht die Welt anders aus und niemand entlang der
Breitenseerstrasse weint der alten Zeit nach.

Arthus liegt schon laengst im Hundehimmel beim Ofen,sein Herrchen am Zentralfriedhof.Der
Konditor ist vergessen,der Gemuesehaendler.wenn er noch lebt,reibt sich die Aeuglein ob
der schmalen Rente und statt die Greisslerei zu besuchen,eilt man zum Hofer.Und wegen einer
Farbe faehrt man in den Baumarkt.

Nur ein paar Minuten ist der Weg lang,bis man die U-Bahnstation erreicht.Und von da an,
dauert es nur kurze Zeit,entweder in der Mitte der City zu sein oder man steigt bei der
Neuen Donau aus.

Ein Freund,der ebenfalls ein Thaiweibchen gefreit hat,wohnt jenseits der Donau,wo man
frueher "nicht einmal begraben sein wollte".

Seinen Wohnung ist freundlich,hell und hat eine geraeumige Terrasse und abends wenn er
vom Dienstort in Penzing via U-Bahn heimkommt,nimmt er das Fahrrad,laeuft oder schwim-
mt ein wenig beim Ufer der Donauinsel.

Nie im Leben,wuerde er nach Breitensee ziehen.Aber vielleicht nach Thailand  ?

Nein,vielen Dank,winkt er regelmaessig ab,vielen Dank.

Jock



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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #66 am: September 23, 2021, 16:24:37 »

 vom: 02. Oktober 2019, 11:36:34 »
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Die Geschaefte an der Friedhofsmauer

In Traiskirchen, an der hinteren Friedhofsmauer steht auf einer kleinen Gruenflaeche ein
seit Monaten verlassener Kiosk.

Kein Mensch ist zwischen November und Ende August zu sehen und auf der vorbeifuehr-
enden Strasse bleibt kein Auto stehen,sondern faehrt im zuegigen Tempo daran vorbei.

An den letzten Tagen jedes Augusts,aendert sich alles und fuer 2 Monate kehrt Betrieb-
samkeit ein.

Der Kiost wird geoeffnet,gereinigt und eine einfache Sitzbank aufgestellt.
Die Wirtin hat leichte Sommerbekleidung an und klagt ueber die 28 Grad,die die letzten
Sommertage noch bringen.

Spaeter, Ende Oktober wird sie winterlich ausgeruestet und doch frierend,keinen Schritt
von der transportablen Gastherme weichend,den ersten Schneeflocken trotzen.

Dann ist die Weinlese in Traiskirchen vorbei.

Hat der Weinhauer mit Petrus gut verhandelt,hat er eine qualitative und quantitaetsan-
sprechende Ernte eingefahren,optimiert er den Ertrag,indem er an seinem Lokal einen
Buschen anbringt und somit kundtut,der "neue" Wein,will aus den "alten" Schlaeuchen.

In den vorangegangenen Monaten wurde an der Friedshofsmauer Most und Sturm,auch
Staubiger genannt,verkauft.
Spaziergaenger goennen sich eine kurze Rast und die Autofahrer stoppen und nehmen
sich,in 2 lt.Flaschen abgefuelltes "Blut der Erde" mit nach Hause.

Man kennt die Spaziergaenger,aber man kennt nicht die Autofahrer.Und so wird jedes stop-
pendes Fahrzeug zunaecht misstrauisch beaeugt.
Verlaesst der Fahrer sein Fahrzeug und kauft,scheint alles gut zu sein.

Doch parkt das Auto und der Fahrer verlaesst das Fahrzeug nicht,ist Gefahr im Verzug.

Da wird sofort fuer jedes "Achterl" Most eine Rechnung ausgestellt,jeder "Doppler" Sturm
penibel auf der Rechnung vermerkt und in der Registriekasse dokumentiert.

Wenn sich endlich das geheimnisvolle Auto in Bewegungs setzt,setzt unmittelbar Entspan-
nung ein.
Man verzichtet,die Gaeste mit einer Rechnung zu belaestigen und die Registrierkasse un-
noetig abzunuetzen.

Der Weinhauer hat es ohnehin schon schwer genug,denn der Weinbau ist eine reines Lot-
teriespiel.

Nicht nur der Boden ist entscheidend,besonders das Wetter in den vorvergangenen warmen
Monaten.

Ist es zu trocken,ist es nicht gut,ist es zu feucht,besonders vor der Lese,ist es noch schlim-
mer.

In dieser Zeit,wo die Weinlesen stattfinden,wird der Winzer genau seine lokale Wettersituation
studieren,Alarm schlagen,wenn sich zum unguenstigsten Zeitpunkt eine regnerische Kaltwet-
terfront anmeldet und seine Lesemannschaft,mit Methoden,die den Baumwollfarmen in den
USA nicht unaehnlich gewesen waren,antreibt.

Jeder Wassertropfen,der die Trauben erreicht,mindert die Qualitaet,dagegen ein hohes Oechsle-
Grad ist des Winzers Lust.

Ist die Lese vorbei verwaist der Kiosk wieder und die Winzerin gewinnt wieder an Temperatur.

In den Kellern nimmt der junge Wein langsam Gestalt an,wird,sobald er kredenzt wird,beroch-
en,gebissen und beurteilt.

Nur jene Trauben,die fuer den Eiswein vorgesehen sind,bleiben bis Jaenner an den Stoecken,
bevor Gestalten,deren Outfit an Eskimos erinnern,auch die ablesen.

In kleineren Flaschen wird der Eiswein zu guten Preisen angeboten und ich rate jeden davon
ab,den Inhalt als Durstloescher in groesseren Mengen zu trinken.

Das Schaedelweh,das folgt dauert garantiert bis Ostern an.

Jock


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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #67 am: September 23, 2021, 16:25:20 »

 vom: 06. Oktober 2019, 09:10:42 »
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Die Tapetentuere

Vom ehemaligen Schlafzimmer der (Kaiserin) Maria Theresia fuehrt eine rote Tapeten-
tuere in einen anschliessenden Raum,der heute als Buero des Bundespraesidenten
dient.

Die Tuere ist mit roter Seidentapete bespannt und die Klinke kindersicher in Augen-
hoehe eines Erwachsenen angebracht.Das Muster der gewebten Seidentapete ist gut
150 Jahre alt und die Weblehren werden bei der Firma Backhausen sorgfaeltig aufbe-
wahrt,denn womoeglich muss man,weil man ja nicht weiss,was dem Bundespraesident-
en noch einfaellt,neu tapezieren.

Als es sicher war,dass  Alexander Van der Bellen als Bundespraesident das Amt ueber-
nehmen wird,trat die Leitung des Bundesdenkmalamtes zu einer Krisensitzung zusam-
men.

Das erste Problem,das es zu besprechen war,ist seine Nikotinsucht.Van der Bellen ver-
qualmt pro Tag 2 Packungen Chesterfield rot und bevor er vom Laster abfaellt,verzichtet
er lieber auf das Amt.
In diesem imperialischen Gemaeuern der Hofburg ist allgemeines Rauchverbot,weil die
Hofburg,neben Belvedere oder Schoenbrunn als oeffentlicher Raum gilt.

Man loeste das Problem,indem man sein Buero zu einem nichtoeffentlichen Raum er-
klaerte und einen kristallglaesernen Aschenbecher auf seinen Schreibtisch stellte.

Sonst haette VdB entweder ins Freie gehen muessen oder auf dem Balkon rauchen.

Er muss ja ohnehin 2 x am Tag,ohne einen oeffentlichen Termin wahrnehmen zu mues-
sen,die Hofburg  bzw. sein Buero verlassen.
Schuld daran ist sein Hund,der das eine oder andere Geschaeftchen erledigen will.

Immer hat VdB bei der Gelegenheit ein "Sackerl fuer's Gackerl"mit,das er umweltfreund-
lich,seiner gruenen Herkunft erinnernd,entsorgt.

Ob sein Staatsgast,derweilen zu warten hat,weiss man nicht und die Besprechung wuerde
erst dann forgesetzt werden,wenn sich sein Hund wieder ins Hundebett begeben hat.

Der Bundespraesident hat ein grosses Pouvoir.Er ernennt die Bundesregierung,kann sie
andertags wieder absetzen,erklaert uneheliche Kinder zu ehelichen,verleiht Titel und
Orden,unterschreibt Gesetze und Kriegserklaerungen u.s.w.

Nur eines darf er,um Gotteswill,niemals tun.

Niemals,in seinem Buero,mit einen Hammer einen Nagel einschlagen und ein Bild daran
aufhaengen.
In dem Fall wuerde der Chef des Bundesdenkmalamtes Suizid begehen.

Praesidenten werden auch mit Autos gefahren.

VdB bevorzugte ja einen Alfa Romeo oder zumindest ein E-Mobil der Firma Tesla.Beides
wurde ihm aus Sicherheitsgruenden untersagt und muss sich daher mit einem 7- BMW
der schon sein Vorgaenger benuetzt hat,begnuegen.

Die Wahl der praesidentialen Fahrzeugen ist immer auch eine poltisch/wirtschaftliche
Entscheidung.

Die Praesidenten der I.Republik fuhren Fahrzeuge von Daimler und Graef & Stift.Dann
in der II.Republik einen Strassenkreuzer der Marke Chrysler Imperal,als Dank,dass uns
die Amerikaner in den Marshall - Plan miteinbezogen hatten um dann auf einen Mercedes
Pullman umzusteigen.
Dieses Fahrzeug wurde bald als zu protzig empfunden und man wechselte auf ein "kleineres"
Modell von Mercedes,das aber auch etwas "hergab".
BMW kam deswegen zum Zug,weil diese Firma ein Motorenwerk in Steyr betreibt.

Den Praesidentenfahrzeugen  ( und Dienstfahrzeuge anderer Amtstraeger ) widmet sich
eine eigene Strassenverkehrsverordnung.

Wohl darf vorne am Fahrzeug ein Bundesadler statt eines Nummernschildes prangen,doch
auf der Rueckseite muss ein amtlich zugelassenes Kennzeichen montiert sein, ( W 1000)
da sonst ein Dorfgendarm einen Strafzettel  verpassen koennte.

"Vurschrift ist Vurschrift" darauf bremst die Republik und so ist es nicht verwunderlich,
dass die Oesterreicher,damals am 15.Mai 1955 beinahe vergebens auf den Augenblick ge-
wartet haben,wo ihnen der Aussenminister Figl am Balkon des Schlosses Belvedere den
unterschriebenen Staatsvertrag vorgezeigt hat.

Als Figl mit dem Staatsvertrag auf den Balkon treten wollte,wollte man ihn daran hindern,
weil der Balkon nicht bautechnisch kommissioniert war.

Von den zwei Hundebetten im Buero der Aussenministerin der Regierung Kurz I. wird noch
zu schreiben sein.

Jedenfall steht fest,dass die Regierungen in Oesterreich tierfreundlch waren und es auch sein
werden.
Viele Oesterreicher sind der selben Meinung und sagen es mit den Worten :" Die haben ja
einen Vogel".

Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #68 am: September 23, 2021, 16:26:53 »

 vom: 12. Oktober 2019, 12:52:19 »
________________________________________
Die Tabak- Trafik von der Existenzbasis zur Goldgrube


Seit jeher hatte der Staat das Tabakmonopol und war daher berechtigt "Lizenen"
fuer den Verkauf von Tabakwaren zu verleihen.

Betreiber einer Tabak- Trafik waren,nach dem 1. und 2. Weltkrieg fast ausschliesslich
Kriegsversehrte und Kriegswitwen,um ihnen eine Existenz zu gewaehrleisten.

Nach 1945 war  Oesterreich vor das Problem gestellt,sich um ca. 400.000 Kriegs-
opfer zu kuemmern.Die Rentenleistungen war die eine Moeglichkeit,die andere Moegl-
lichkeit war,ihnen eine Ueberlebensbasis zu verschaffen,indem man ihnen eine Tabak-
Trafik zuwies.

Alleine in Wien gab es zu dieser Zeit einige Tausend Tabak-Trafiken,die Rauchwaren, Zeitungen,Ansichtskarten,Briefmarken, Stempelmarken und sonstige Papierkleinwaren
anboten.

Reich wurde dabei niemand aber es half,bei einigen Versehrtenfamilien den sozial - ge-
sellschaftlichen Druck zu nehmen,der meist nach einem verlorenem Krieg ans Tages-
licht kommt.

Von der Vorkriegszeit her,schwappte noch die patriachalische Einstellung zur Familien-
hirachie ueber,dass viele Probleme interfamiliaer bedeutete.

Das Familienoberhaupt und Ernaehrer seiner Familie kam als "Krueppel" aus dem Krieg.
Bein-Armamputierte,Blinde und Traumatisierte (Kriegsschuettler)war oftmals angewiesen,
von ihren Frauen gepflegt zu werden.
Diese Abhaengigheit auf seitens des Mannes und der Ueberforderung der Frau,die nun
die ganze Last der Erziehung,Ernaehrung,Versorgung und Pflege aufgebuerdet bekam,
waren Gruende,dass die Scheidungsraten in die Hoehe gingen.
Dabei war Kriegsinvaliditaet kein Scheidungsgrund.

Damals waren Kriegsinvalide im staedtischen Strassenbild eine taegliche Erscheinung.
Beidseitige Beinamputierte sassen auf selbstgebauten,mit Raedern versehene Holzunter-
gestellen und bewegten sich mittels abgeschnittener Skistoecken weiter.Blindenhunde
fuehrten ihre Herrchen sicher durch die Stadt und die Stadtverwaltung sorgte dafuer,
dass diese bevorzugt Wohnungen bekamen,wenn sie keine hatten,weil ausgebombt.

Mit der Zeit wurden die Verhaeltnisse besser.

Raucher stopften immer weniger ihre Zigaretten selbst,sondern kauften sie fertig.Erst
einzelne,dann schon ganze Packungen oder gar stangenweise.
Die Umsaetze in den Trafiken steigert sich mit den Jahren,weil neben Toto auch Lotto
scheine dort angenommen wurden,Fahr - und Parkscheine kaeuflich erworben werden
konnten,das Zeitungs-und Magazinenangebot groesser wurde  u.s.w.

Heute gibt es in Wien nur mehr ca. 500 Trafiken und es werden immer weniger.

Obwohl die Beschraenkung der Zuteilung nur an Invalide schon laengst aufgehoben
wurde,sind kleine,nur ein paar Quadratmeter grosse,in Seitengassen liegende Trafiken
ein Auslaufmodell.

Und trotzdem sind Trafiken an exponierten Lagen Goldgruben,um die hart gekaempft
wird.

Otto Normalverbraucher,beidseitig arm-und beinamputiert,dazu blind,traumantisiert
und mit Leberzirrhose hat keine Chance,auch nur in die Naehe einer Zuteilung zu kom-
men.

Dafuer muss man schon sehr gute Verbindungen zum Finanzminister haben,wenn man
z.B. eine Trafik in einem grossen Einkaufscentrum oder am Hauptbahnhof betreiben will.

Jock
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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #69 am: September 23, 2021, 16:27:33 »

 vom: 17. Oktober 2019, 12:34:31 »
________________________________________
Buergermeister von Wien

Es ist der Traum von H.C.Strache einmal Buergermeister von Wien zu werden.

Zu diesem Behufe koennte er nochmals in die politische Arena einsteigen,doch die
Chancen stehen derzeit schlecht.

Er wuerde sich in die lange Reihe der Buergermeister von Wien,die mit Konrad Poll
im Jahre 1282 beginnt und nun bei Herrn Ludwig angekommen ist,einreihen.

Fast alle Buergermeister,die seit 1945 im Amt waren,koennen auf eine gute Weile an
Amtsjahren zurueckblicken,bis auf einen.

Rudolf Prikryl ist sein Name und seine Amtszeit dauerte gerade mal 3 Tage.

Im April 1945 ging es in Wien drunter und drueber.Die NAZI - Amtsinhaber machten
sich teils aus dem Staub,teils tauchten unter oder beschworen,beim Augenlicht ihrer
Kinder,niemals Nazis gewesen zu sein.
Viele der Beamten waren noch im Krieg,Wien war zerbombt,die Bevoelkerung fuerchtete
die Sowjets,nichts funktionierte - kurz es herrschte Chaos.

Am 13.April 1945 tauchte ein Mann in Begleitung seiner Tochter,die eine Schreibma-
schine mitschleppte im Rathaus auf und gab sich als,von den Sowjets ernannter Buerger-
meister aus.

Er besetzte ein Buero und begann sofort mit der amtlichen Arbeit.

Auf Briefbogen der Stadt,teilte er Wohnungen zu,stellte Genehmigungen und Passier-
scheine aus und schmueckte sie mit einem eindrucksvollen Stempel samt Unterschrift.

Am 16.April 1945 endete seine Amtszeit schon wieder und er verschwand von der Ober-
flaeche.

Wer war dieser Mann ?

Erlernt hat er den Beruf eines Installateurs,ging nach der Pleite seines Betriebes nach
Spanien,kaempfte dort bei den Internationalen Brigaden,wo er einen Sowjet als Kamer-
aden kennen lernte.
Irgendwann kam er wieder nach Wien zurueck und traf zufaellig den damaligen Kampfge-
faehrten,der inzwischen eine hoeherer Offizier geworden war.

Nach der Erzaehlung von Prikryl ernannte dieser ihn zum Buergermeister.Eine Geschichte,
die allerdings nicht authentisch sein duerfte und eher nach einem "Hauptmann von Koep-
enik" - Vorgang erinnert.

Nach der kurzen Zeit als Buergermeister,wobei er keine Pensionanspruecher erwerben kon-
nte,eroeffnete er wiederum einen Installateurbetrieb,starb aber verarmt 1965.

Ein kleines Dankeschoen fuer sein verdienstvolles Wirken als Buergermeister gab es aber
schon noch.

Sein Grab im Urnenhain in Simmering hat die Gemeinde Wien ehrenhalber gewidmet.

Jock
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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #70 am: September 23, 2021, 16:28:15 »

 vom: 21. Oktober 2019, 11:12:09 »
________________________________________
Kammerschauspieler,Kammersaenger u.s.w.

Das Seniorenheim fuer alte Kuenstler in Baden meldete einen Todesfall.

Lotte (von) Tobisch- Layotin ist 93 jaehrig verstorben.Diese Tatsache wird allgemein von der (bes-
seren) Presse als Skandal empfunden.

Sie war Kammerschauspielerin und glaenzte 1 1/2 Jahrzehnte als Organisatorin des Opernballs.
68 Jahre wohnte sie unweit der Oper und zog erst in hohen Jahren ins Seniorenheim nach Baden,
wo sie eine Suite bewohnte und dafuer ca.2.400 Euros pro Monat zahlte.Allerdings ist da alles
(Wohnen,Essen und medizinische Betreuung) inbegriffen.

An ihre Karriere als Schauspielerin koennen sich nur ganz alte Burgtheaterbesucher erinnern,
da ihr letzter Auftritt auf der Buehne in den 60ger Jahren stattfand.

Zoege es mich auf die Buehne oder zum Film,und waere ich ueberzeugt ein Weltstar zu werden,
ginge ich nach Hollywood.
Reicht es dazu nicht,dann zum Burgtheater.

Sind meine Stimmbaender geeignet,Placio Domingo vor Neid erblassen zu lassen,hoerte man
mich in der Scala oder in der Metropolitan Opera.
Wenn das nicht zutrifft,dann reihe ich mich in das Ensemble der Staatsoper in Wien ein.

An diesen Haeusern ist man bestens aufgehoben und erfreut sich Privilegien,von denen der ge-
meine Arbeiter nur traeumen kann.

Endgehaelter bei (alten) Vertraegen monatlich zwischen 6.000 und 9.000 Euros ( 14 x pro Jahr)
Keine Verpflichtung zur Buehnenleistung,wenn der Direktor oder Regisseur,einem nicht ein -
setzt.
Ein bisschen Nebengeld kann man noch verdienen,wenn man an einer anderen Buehne enga-
giert wird.
Mit dem Krankenschein (heute E-card) kann man zum Arzt und mit 65 wird man pensioniert,wo
80 % des Letzbezuges als Pension ueberwiesen werden.

Johanna (Hannerl) Matz war in den 50 gern Volksschauspielerin und ihre Rolle als "Wiener Maedl)
gerne gesehen.
Nach kurzen Aufenthalt in Hollywood,hatte sie 1960 ihren letzten Buehnenauftritt und spaeter
noch einige Mitwirkungen in Fernsehfilmen.

Dann wurde sie vergessen,doch sie lebt.Zwar zuerueckgezogen,aber nicht am Hungertuch nagend.

Privilegienstadl nennt der Boulevard das Burgtheater oder die Oper.,dabei bemueht man sich,das
Geld der Steuerzahler mit vollen Haenden beim Fenster hinauszuwerfen.

Mit vollem Erfolg muss man neidlos eingestehen.

So wurde einer Schauspielerin,die nicht an der Burg eingesetzt wurde,40.000 Euro in bar ausbe-
zahlt und dies unter "Regieassistenz" verbucht.
Da zahlte man einen Buehnenmacher (Schlingensieg) noch Jahre nach seinem Tod 6.000 Euros
aus.
Da wurde einem zukuenftigen Burgtheaterdirektor bar auf die Hand betraechtliche Betraege aus-
bezahlt und dies mit Vorschuesse auf Regietaetigkeit begruendet.
Bei seinem Jahresgehalt von 220.000 Euros waeren ja Regiearbeiten mit eingeschlossen gewesen
sein.

u.s.w.

Angesichts dieser paradiesischen Zustaende versuchte ich,mein bescheidenes Dasein kuenstlerisch aufzufetten - als Opernsaenger.

Als ich gerade tremolierte "Ach ich hab sie ja nur auf die Schulter gekuesst",frug meine Frau spitz,
wie denn sonst die Lady gewesen sei.
Und als dann die Hunde mitjaulten,gab ich auf.

Jock


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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #71 am: September 23, 2021, 16:29:11 »

 vom: 23. Oktober 2019, 13:56:49 »
________________________________________
Am 26.Oktober ist in Oesterreich Nationalfeiertag.

Faelschlicherweise hat sich in der Bevoelkerung eingepraegt,dass an diesem Tag 1955 der
letzte sowjetische Soldat das Land verlassen hat.

Das stimmt nicht,denn die Sowjets sind schon vorher abgezogen.Die letzten Soldaten der
Besatzungsmaechte waren die Franzosen,die Adieu sagten.

Dieser Tag ist aber auch der nationale Volkswandertag,der mittlerweile nicht mehr nati-
onal ist,sondern eher lokal.
In hunderten Ortschaften werden Wanderungen organisiert und finden viele Teilnehmer.

Vielleicht nicht mehr soviel,wie 1970 als diese Tortur auflebte und der Bundespraesident
Franz Jonas daran teilnahm.

Wandern soll ja,den Umfragen zufolge,eines der liebsten Freizeitbeschaeftigungen der
Oesterreicher sein.

Spielt das Wetter mit,ist die Herbstsonne mild,die Blaetter bunt gefaerbt und der Himmel
dunkelblau,nur verziert mit den Kondensstreifen der Flugzeuge,kann es ein Vergnuegen
sein,daran teilzunehmen.

Doch die Wahl der Streckenfuehrung sollte sorgsam ausgewaehlt werden.

Bei Strecken im flachen Burgenland,wo nur 3 Hoehenmeter auf 15 Km zu ueberwinden
sind,ist es angenehm.Hingegen gibt es Leuteschinder,die die Strecken auf steilen Wiesen-
haengen in den Voralpen anlegen,die geeignet sind,sich auf die eigene Zunge zu steigen,
weil sich gnadenlos jede einzelne Zigarette atemlos in Erinnerung ruft.

Der oben erwaehnter Bundespraesident Franz Jonas,hatte keinerlei Atembeschwerden,
wenn er mit seiner Frau Margarete losmarschierte.

Er rauchte nicht,er trank nicht und seine Kondition holte er sich beim Spaziergang im
Prater.

Niemand begleitete den alten Herren im mausgrauen Anzug und einen Personenschutz
kannte man damals noch nicht.Diese waren im Einsatz,wenn die Beatles wo auftraten,
Politiker waren davon (noch) nicht betroffen.

Weissgott wie populaer war Franz Jonas waehrend seiner langen Karriere nie.

Er war ebenso eine Verlegensheitsloesung bei der Wahl zum Buergermeister von Wien,
wie  auch bei der Bundespraesidentenwahl.

Und doch blieb er in Erinnerung.Sei es,dass er uns Wiener das "Jonas- Reindl"und die
"Jonas- Grotte" hinterliess,sei es durch seine Korrektheit und Penibilitaet oder seine,an
Askese erinnernden Lebensweise.

Ende der 60 ger,war es eine Sensation,wenn Journalisten zum Interview eingeladen
wurden.

Thomas Chorherr,Chefredakteur der "Presse"hatte das Glueck,das vergleichbar mit einem
Lottosechser ist,zur Praesidentenvilla geladen zu werden.

Nach dem Interview bat der Hausherr zur "Jause".

Tee oder Kaffee fragte er hoeflich und bevor noch eine Antwort kam,klaerte seine Frau
auf,dass es nur Tee gibt.Und statt Kuchen nur Birnen.

Bruno Kreisky,der Sonnengott am Zenit seiner Macht,bekannte ein,dass er sich bei Gespraech-
en mit Franz Jonas wie ein Schulbub fuehlte,der zu seinem Schuldirektor befohlen wurde.

1974 wurde Jonas als amtsunfaehig erklaert.Seine Krebserkrankung,die lange verschwiegen
wurde,machte es unmoeglich,seinen Amtsgeschaeften nachzukommen

Heute ruht er am Zentralfriedhof bei seinen Amtsvor-und nachfolgern.

Jock
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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #72 am: September 23, 2021, 16:29:54 »

 vom: 01. November 2019, 09:59:56 »
________________________________________
Die Heilige Barbara

Wenn ein praktizierender Atheist durch Wien wandert,wundert er sich.Eine Menge an Kirchen
wird er auf seinen Weg finden.

179 und noch eine Unzahl an Gebetseinrichtungen,die den muslimischen Glaeubigen zur An-
dacht einladen,wird er passieren.
Alleine davon 25 Kirchen,die sich in der Innenstadt draengen.

Viele dieser Kirchen sind besonderen Heiligen geweiht- dem Hl.Stephan,Peter und Paul,dem
guten Franz von Assisi,aber auch der Heiligen Barbara.

Die hl.Barbara entstammte desolaten Familienverhaeltnissen.Ihr Vater folterte sie,warf sie ins
Gefaengnis und schlussendlich koepfte er sie eigenhaendig.Einer anderen Version nach,warf
er sie von einer Klippe.Aber da griff der Himmel ein.

Der Fels,wo sie aufprallen sollte,oeffnete sich und fing sie auf.Da war sie gerade 29 Jahre alt.

Dieses Ereignis war der Anlass,dass die Hl.Barbara bis heute von den Bergleuten hoch geachtet
wird und sie als Schutzpatronin fungiert.

Ueber die Jahrhunderte hindurch passt sie auf,dass bei der Schicht kein Schlagwetter eintritt
und kein Stollenbruch die Kumpel verschuettet.
Die Kumpel tragen ihre Verbundenheit auch aeusserlich.So haben sie an ihrer Uniform stets
29 Knoepfe angenaeht,die an die Lebensjahre der hl.Barbara erinnern und tragen immer die
3 obersten Knoepfe offen.

Die schwarze Montur soll das Dunkel im Bergwerk symbolisieren,die goldenen Knoepfe das
Tageslicht und den Schurz tragen sie am Ar.sch.
Im "Steigerlied",dass immatrikuliertes Welterbe werden soll,wird die hl.Barbara erwaehnt und
wohl jeder Bergmann wird ein Stossgebet vor der Einfahrt,an sie richten.

Doch die hl.Barbara hat noch andere Verpflichtungen.

So ist sie nicht nur eine der 14 Nothelfern - eine Art "first aid" - Einrichtung der Christlichen,
wenn es darum geht, einer misslichen Lage zu entkommen,sondern sie ist auch Schutzpatronin
der Architekten,der Artilleristen,Dachdecker,Feuerwerker,Geologen,Tunnelbauer,Giesser,Gloeckner,
Maurer,Steinmetze,Gefangene und Totengraeber.

Bei der Anrufung der Nothelfer sollte man aber genau wissen,wer fuer was zustaendig ist.
Es hat keinen Sinn den hl.Achatius anzurufen (Helfer bei Todesangst),wenn der hl.Erasmus sich
besser eignet und zustaendig ist,wenn einem Kraempfe im Unterleib plagen.

Wie ja jeder,der taetig ist,seinen Schutzpatron hat.Ausnahmen sind vielleicht Geldfaelscher oder
hinterlistige Pferdehaendler.

Mir ist auch nicht bekannt,welcher Schutzpatron fuer Thailand-Tip - Forum- Moderatoren zu -
staendig ist.

Nicht mehr lange hin,dann hat die hl.Barbara ihren Namenstag und da ist es ein schoener Brauch,
an diesem Tag ( 4.Dezember) einen Apfelbaum- oder Kirschbaumzweig in eine Vase zustellen,
der am Weihnachtstag zur Bluete kommt.

So soll Licht und Hoffnung in diese dunkle und kalte Jahreszeit gebracht werden.

Die Barbarazweige dienen aber nicht nur alten religioesen Gebraeuchen,sondern durchaus auch
profanen Absichten.

Lottospieler stellen genau so viele Zweige ins Wasser,als Nummern gezogen werden.Dann num-
merieren sie diese.Sobald die ersten 6 Zweige Blueten angesetzt haben,dessen Nummer werden
auch am Lottoschein angekreuzt.

Jock
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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #73 am: September 23, 2021, 16:30:49 »

 vom: 16. November 2019, 09:20:25 »
________________________________________
Haus des Meeres

Viele Jahre lang stand ein schwarz-graues Betonmonster mitten in Wien.

Ein ehemaliger Flakturm war die die Schande vom 6.Bezirk,doch die Stadtvaeter kon-
nten sich nicht entschliessen,diesen abzutragen.Die Kosten,die Kosten jammerten sie.

Doch nun hat er eine Funktion,indem das Haus des Meeres dort etabliert wurde.

Allerlei Meeresbewohner und sonstige exotische Tierchen tummeln sich auf 10 Etagen
in riesigen Wasserbehaeltern und Terrarien.
Aeffchen springen froehlich herum,die angeblich groesste,in Gefangenschaft lebende
Anaconda uebt sich in tagelanger Ruhestellung.Ein Hoehepunkt ist die Fuetterung der
Haie und der Kaffee in der Rooftop - Bar.

Nur ein Tier sucht man vergebens.Ein Wal hat noch kein Zuhause gefunden und kann
deswegen noch nicht begafft werden.

Da waren die Schremser,damals in den 50gern besser dran.Wir konnten den Wal nicht
nur begaffen sondern ihn auch inwaendig betreten.

Das kam so.

Vor dem Gasthaus Fichtenbauer war ein groesserer Platz und 3 Arbeitslose nuckelten
an ihren Bieren.Damals waren Arbeitslose eine exotische Spezie und noch war Arbeits-
losigkeit kein Berufsstand.

Die 3 rissen ihre Augen auf,als ploetzlich eine Zugmaschine,der einen 8 -achsigen Nieder-
fluranhaenger mitzog,vorfuhr.
20 Meter war der Anhaenger lang,4 Meter hoch und mit einer Plane zudeckt.

Darunter befand sich ein ausgehoehlter Wal.Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile
und bald schon stroemten Neugierige,Kinder,Greise und Krueppel herbei.
Die Kasse verlangte 2 Schillinge Eintrittsgebuehr,Kinder und Kriegsversehrte die Haelfte
und die Warteschlange erreichte eine beachtliche Laenge.
Selbst Sterbende verschoben ihre Absicht,nur um den "Walfisch" zu sehen.

Inseitig des Walfisches,der schon in einem erbaermlichen Zustand war und Risse in der
Walhaut mit schwarzer Pappe abgedeckt wurden,waren Fotos vom Walfang,eine Harpune
und ein Stueck Tau ausgestellt.
Die Schremser gafften,denn so ein Ungetuem hatten sie noch nie in Natura gesehen.

Wir Kinder waren natuerlich die Ersten,die den Wal besuchten und fuehlten uns dabei
wie der gute Jonas aus der Bibel,der ein paar Tage die Gastfreundschaft eines Wals ge-
niessen konnte,bevor er ausgespuckt wurde.

Um uns Schulkinder langsam auf das Berufsleben vorzubereiten,zeigten die Lehrer dann
und wann Filme,die einen Einblick in den Berufsalltag div.Berufe gaben.

Darunter waren die Korbflechter,Koehler und Kalkbrenner.

Diese Berufe wollte jedoch keiner von uns je ausueben.Die Maedchen wollten alle Film-
stars werden oder zumindest Friseurinnen,wir Buben entweder Automechaniker,Feuer-
wehrmaenner oder Lokomotivfuehrer.

Im Arbeiterkino lief,kurz bevor der Wal zu Besuch kam,ein Film ueber den Walfang.

Dramaturgisch geschickt gedreht mit meterhohen Wellen,weisser Gischt und dem uner-
schrockenen Mann an der Harpune,veranlasste 4 der Klassenkameraden Walfaenger zu
werden.

Es kam jedoch anders.

Einer wurde Koch,einer Schlosser,und einer uebernahm die Baeckerei seines Vaters.

Dem Vierten spielte das Schicksal uebel mit.Erst verfiel er dem Suff,dann dem Nikotin
und anschliessend einem samthaeutigen Mandelauge.

Heute lebt er verarmt und vergessen in einem fernen Lande.

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #74 am: September 23, 2021, 16:32:33 »

 vom: 24. November 2019, 11:30:42 »
________________________________________
Als ich Stunden spaeter mein Leid an der Sony- Bar klagte,erklaerte man mir,dass die
Einstein'sche Relativitaetstheorie ( Zeit ist dehnbar ) in Thailand praktisch erprobt wird.

Zusammen mit dem Zeitbegriff,dem tuerkisenen Meer,des goldgelben Strandes,der un-
endlich scheinenden Sonne und dem frisch gezapften Carlsberg,beschloss ich,dem Paradies
beizutreten und hier in Thailand fuer immer zu leben,zumal die Sony- Bar rund um die Uhr
geoeffnet hatte.

Keine Rede war damals von einem TM30 oder von einer Privatkrankenkassenpflicht und der
Strand war jeden Tag im Betrieb.Raucher konnten ihre Sargnaegel fast ueberall einschlagen.

Nach einiger Zeit war eine Erosion bei dem paradiesischen Zustand bemerkbar.

Die Bekannten in der kleinen Village,duennten aus.Bekannte,die seit Jahren immer zur sel-
ben Zeit zum Ueberwintern kamen,blieben weg.Die Sony- Bar schloss um 2 h,dann ueber-
siedelte sie und der Gin war definitiv gepanscht und wurde im Hintergrund einer Colaflasche
entnommen.
Das einst freundliche Laecheln der Einheimischen nahm geschaeftsmaessige Zuege an und
wirkte aufgesetzt.

Nachdem Unklarheiten entstanden sind,wie und ob der Pachtvertrag mit dem Landlord ver-
laengert wird oder nicht,verkaufte ich mein Haus und zog auf Land,was vielleicht ein Fehler
war.

Thailand pur herrschte da,inklusive Schlangen,Moskitos und mannstolle Nachbarinnen.

Mit der Zeit stumpft das ab und Sehnsuechte nach Vertraute,Freunde,Tannenwaelder und
des Geruchs vom ersten Schnee poppten auf.Sich am Weihnachtsmarkt die kalten Finger am
Gluehweinhaeferl zu waermen,graebt sich als Vorstellung tief ins Gehirn.

Um es kurz zu machen,ich werde wieder in Wien aufschlagen - gleich nachdem der euro-
paeische Winter vorbei ist und am Heckenrosenstrauch die ersten Knospen ansetzen.

Der Verlust von 3 Mio THB durch den Kursverlauf sind genug und wenn ich ein neues Herz
brauche,muss ich keinen einzigen Euro in die Hand nehmen.
Zwar erfuelle ich derzeit alle Anforderungen fuer einen weiteren Verbleib in Thailand,doch ich
hasse es,wenn ich hier mehr und mehr schikaniert werde und unsinnig ueberwacht werden
soll.

Jock

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