vom: 03. Juli 2019, 08:52:50 »
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Ascot in Wien
Ascot - das ist Elite.Ein Treffpunkt fuer die Koeniglichen,Adligen,Reichen,Wichtigen und einigen
Schoenen.
Jedoch Ascot ist weit,ist teuer und die Tickets sind rar,wenn man nicht rechtzeitig bestellt.
Ist die Krieau vielleicht eine Alternative ?
Auch Wien hat eine lange Tradition beim Pferdesport.Schon Mitte/Ende des 18.Jhd.fanden die
ersten Pferderennen statt.Fuersten,Grafen und ungarische Magnaten stellten ihre Pferde an den
Start,wetten hohe Summen,schluerften Sekt und nahmen den Kaviar gleich suppenloeffelweise
zu sich.
Doch dann kam eine laengere Durststrecke auf,die sich bis Mitte des 19.Jhd.erstreckte,bevor
sich von einer Renaissance abgeloest wurde.
Die Bahnen wurden erneuert,Tribuenen errrichtet und bis zu 40.000 Zuschauer kamen an
den Renntagen sowohl in die Krieau als auch in die Freudenau.Sogar eine eigene Strassenbahn-
linie wurde eingerichtet,die die Massen transportierte.
Die Hautevolee war fein herausgeputzt,Herren im Gehrock mit Zylinder,Damen mit Hueten und
Handschuhen,sowie die unvermeidlichen Sonnenschirme.
Es sind jetzt auch schon wieder fast 60 Jahre vergangen,als es mich juckte,einmal in die Welt
der Eliten hineinzuschnuppern und begab mich eines sonntags zu einem Pferderennen in die
Krieau.
Ich hatte das Bild von Ascot vor Augen und legte daher auf grossen Wert auf die Kleidung.Mangels
eines Cuts und Zylinger,nahm ich einen grauen Anzug,weisses Hemd,passender Krawatte zu den
auf Hochglanz polierten Schuhen.
Diese wurden in dem Moment,als ich die Anlage betrat,dreckig.Erschrocken besah ich das Malheur,
doch meine Bedenknisse verflogen,als ich die Schuhe der anderen Besucher sah.Sie alle waren
dreckig,denn es war fast unmoeglich den Pfuetzen auszuweichen.
Hatte ich Adlige,Reiche und Schoene erwartet,musste ich meine Erwartungen herunterschrauben.
Von den ca. 300 Besuchern auf der Anlage waren gut 80 % jenseits des Renteneintrittsalter.
Die stolzen ungarischen Magnaten waren einer Besucherschicht gewichen,die man nur unschwer
als Angehoerige der Roma und Sinti ausmachen konnte.
Sie steckten in zerknitterten Anzuegen und wenn sie den Mund oeffneten,blitzen goldene Zahn-
prothesen.Deren Begleiterinnen bevorzugten bunte Roecke und auffallend grosse Ohrringe.
Aber diese Maenner,die grueppchenweise zusammenstanden,waren die Experten.In der Hand
hielten sie lange Listen,wo die Leistungen der Pferde verzeichnet waren und worauf zu wetten
ist.
Waren sie sich in ihrem Urteil nicht sicher,so zogen sie uralte Maenner zu Rate,deren Lebensauf-
gabe sie darin sahen,ihrem Rheuma nicht achtend,in Allerherrgottsfrueh hinter Bueschen versteckt,
im taufrischen Gras die Morgenarbeit der Pferde zu beobachten.
Gegen ein kleines Trinkgeld gaben sie ihre Einschaetzungen preis und investierten dieses in ein
Achterl Wein.
Auch mich packte das Wettfieber.Mangels tieferer Kenntnis von Pferd suchte ich einfach die gut-
klingenden weiblichen Namen und setzte darauf auf Sieg.
Nur,es waren alles Nieten und ich sah mich gezwungen meine Einstellung zur Weiblichkeit neu
zu justieren.
Wenigstens bei Adel hatte ich ein Erfolgserlebnis.Einer Angehoerigen eines uralten Geschlechts
konnte ich die Ohren kraulen,bis sie mir die Hand abschleckte.
Es war eine wunderschoene Boxerhuendin,die den edlen Namen "Dascha von der Echsenschlucht"
trug.
Kulinarisch war es auch bescheiden.Gut,die Frankfurter wurden mit suessen oder scharfen Senf
angeboten.Die Schnitzelsemmeln konnte man nur dann essen,wenn man den gummiartigen Ag-
gregatzustand der Semmel ausser Acht liess.
Das Getraenkeangebot erschoepfte sich auf Bier,Wein,Traubisoda und Cola.
Was ich dem Rennveranstalter noch heute hoch anrechne,ist der pietaetsvolle Umgang mit den
Pferdchen.
Auf der ganzen Anlage wurde kein einziger Pferdeleberkaese verkauft.
Jock