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Autor Thema: Wien, Wien, nur du allein ...  (Gelesen 12155 mal)

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Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #30 am: September 23, 2021, 15:47:53 »

 vom: 01. September 2017, 13:26:59 »
________________________________________
Fast 60 Jahre waren sie aus dem Stadtbild verschwunden,jetzt sollen sie 
eine Wiedergeburt erleben.

Die Rede ist vom (Hallo) Dienstmann.

Die Geburtsstunde dieses konzessionierten Gewerbes war 1859,als ein
kaiserliches Patent,diesen Berufszweig ins Leben rief.

1862 warben schon zwei Unternehmungen um die Gunst der Kunden.

Bald waren die Dienstmaenner an 180 markierten Stellen zu mieten.Eine
Stellung als Dienstmann war begehrt,denn eine Uniform erzeugt Respekt
und Ansehen.
Neben den Haenden zum Tragen von Reisegepaeck,waren auch viele mit
Schreibutensillien ausgestattet,sodass man von unterwegs eine Nachricht
verfassen,sie versiegeln und gleich zum Empfaenger transportieren lassen
konnte.

Wer meint,die Arbeit eines Dienstmannes sei eintoenig gewesen,so ist das
ein Irrtum.

Die Arbeit eines Dienstmannes streifte philosophisch-praktische Fragen (wie
nehmen wir ihn denn ?)und fuehrte zu physikalischen Grenzwerterfahrungen,
da sich immer herausstellte,dass ein Kofferstueck "hinten leichter sei,als vorn".

Ab heute gibt es die Dienstmaenner wieder.

Die Bundesbahnen haben sich entschlossen,diesen Service am Wiener Haupt-
bahnhof ( versuchsweise) zur Verfuegung zu stellen.

7 Euronen sind fuer ein Kofferstueck bis 25 Kg.zu berappen,nicht mehr als
2 Stueck Reisegepaeck koennen zu oder von Taxi,Strassenbahn oder U-Bahn
transportiert werden und das ganze darf 15 Minuten Zeitlimit nicht ueberschreiten.

Warum die Bundesbahnen erst am Ende der Sommerreisezeit damit beginnen,
ist noch Betriebsgeheimnis.

Jock
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Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #31 am: September 23, 2021, 15:48:50 »

 vom: 07. September 2017, 14:50:02 »
________________________________________
Wenn man samstags Nachmittag in der Wiener Innenstadt unterwegs ist,sieht
und hoert man sie.

Angehoerige der Staemme  der Zapotheken,der Thauhiken,der Lakadones und
der Mixtheken.

Seit 1992 spielen sie auf Trommeln,blasen auf Muschelhoernern,egal ob Schnee-
flocken fallen oder die Sonne vom Himmel brennt.
Auf dem Kopf tragen sie Federschmuck und ihre Kleidung besteht aus Leder.

Irgendwo nahe der Gruppe haelt einer ein Plakat,wo draufsteht,dass man die
Rueckgabe der Federkrone Montezuma's fordert.

Es gibt nur mehr ein einziges originales Stueck davon und das ist im Voelker-
kundemuseeum in Wien aufbewahrt und fallweise zu sehen.

Etwas nach 1500 herum kam die Krone des Herrschers der Azteken,als Ge-
schenk oder als Raubgut in den Besitz Kaiser Karl V.
Der verwahrte sie erstmals in Innsbruck auf,bevor sie 1700 irgendwas nach
Wien transportiert wurde um sie vor dem Zugriff Napoleons zu bewahren.

Dann verschwand sie,in einem Archiv lagernd,ueber Jahrhunderte aus dem Ge-
daechtnis bis 1992 eine Gruppe Mexikanern musikreich die Rueckgabe anfordert-
en.

Aber was der Staat in seinen Krallen hat,gibt er nicht wieder her,da koennen sie
Tanzen und Spielen,wie sie wollen.

Den aelteren Herrschaften ist der Name "Montezuma" ein Begriff,da er,speziell bei
Reisen in tropische Laender,buchstaeblich manchmal in die Hose gegangen ist.
Juengere Herrschaften,denken bei dem Namen eher an einen Rockstar oder an eine
fernoestliche Automarke.

Jedenfalls ist mittlerweile die Federkrone in einem derartig filligranen Zustand,dass
an einen Transport nach Mexico ohnehin nicht mehr gedacht werden kann.

Dazu wuerde man einen Flieger mit einer Laenge von 350 m benoetigen um die
Schwingungen auszugleichen bzw. einen Container,der die ideale Luftfeuchtigkeit
und Temperatur gewaehrleistet,wenn sie auf See transportiert werden soll.

Nur weder Oesterreich noch Mexico wollen die mehrere 100.000 Euro teure Aktion
finanzieren und so wird die Krone Montezumas wohl in Wien verbleiben.

Jock
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Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #32 am: September 23, 2021, 15:49:46 »

 vom: 16. September 2017, 16:22:48 »
________________________________________
Die Wiener haben eine besondere Beziehung zum Tod,Sterben und Be-
graebnisse.

Wenn die letzte Schaufel mit Graberde auf den Sarg gefallen,der letzte
"Schmattes" in der Hand des Pompfueneberers verschwunden und sich
der Pfarrer mit seinen Ministranten verdrueckt hat,ist es Zeit,sich wieder
dem Leben zuzuwenden.

Wo ist eine bessere Gelegenheit dazu,als dies beim Leichenschmaus zu
versuchen ?

Der Leichenschmaus hat eine jahrhundertalte Tradition,wovon bereits
die alten Roemer wussten und sogar einen eigenen lateinischen Be-
griff schufen.
Epulum funebre lautet er,und ist die Zusammenkunft der engeren Trauer-
gaeste,meist in einem der naheliegenden Gasthaeusern.

Die servierten Speisen und der sueffige Wein oder frisch gezapftes Bier,
lassen den Schleier der Trauer durchsichtiger werden und wenn dann
noch ein Onkel launige Zoten erzaehlt,kann es schon sein,dass aus der
gramgebeugten Witwe so etwas wie Lebenslust durchschimmert.

Genau das ist der Sinn eines Leichenschmauses.Einerseits zeigt man
der hinterbliebenen Familie,dass sie nicht alleine ist und andererseits will
man den Nachfahren dabei Mut machen.

Da der Weg vom offenen Grab zur gedeckter Tafel nicht weit sein soll,hat
der Wiener Zentralfriedhof innerhalb der Friedhofsmauern eine Gaststaette
eroeffnet und erwartet sich regen Zuspruchs.

Ich bin ueberzeugt,dass der Geschaeftsplan aufgehen wird,obwohl man auf
Gaeste,die traditionell nur zwischen 00.00 und 01.00 "Ausgang haben ver-
zichtet.

Jock

 
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Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #33 am: September 23, 2021, 15:52:20 »

 vom: 04. Oktober 2017, 13:06:06 »
________________________________________
Faehrt man von der Spinnerin am Kreuz die Triesterstrasse hinunter,faellt einem
genau an der Stelle,wo die Ebene beginnt ein altes Amtsgebaeude auf,das einen
leicht verwahrlosten Eindruck macht.

Es ist das alte Linienamt und hatte die Funktion,Einnahmen fuer die Stadt zu ge-
nerieren,indem es Getraenke -und Verzehrsteuern einnahm.

Diese Linienaemter gab es zwischen 1829 und 1921 an allen Einfallsstrassen.Die
meisten wurden inzwischen abgerissen und von den noch bestehenden stehen zwei
unter Denkmalschutz.

Eine Stadt braucht Geld um den Anforderungen seiner Bueger gerecht zu werden.
So ersannen die Stadtkaemmerer eine Reihe von Abgaben und Steuern,damit die
Stadtbefestigungen finanziert werden konnten,Strassen gepflastert, Bruecken ge-
baut und erhalten wurden.

Der Preis einer Ware,die von Ulm nach Bratislava transportiert werden sollte,ver-
teuerte sich zusehens,da Brueckenzoll,Strassenbenuetzungsgebuehren,das Stapel-
recht eingepreist werden mussten oder gar das Umschlagsrecht, einer am schiff-
baren Fluss gelegenen Stadt zuschlug.

Eine grosse Herausforderung fuer Staedte war die Beschaffung von Energie und
Baumaterialien.

Da bot sich der Wald an und Wien hatte den "Wienerwald" in der Hinterhand.Auch
andere Staedte hatten Gemeindewaelder und konnten so den Hausbrand (Kochen
und Heizen) und Bauholz sicherstellen.
Natuerlich konnte nicht jeder,dem das Heizmaterial ausging einfach in den Wald
gehen und ein paar Baeume schlagen,sondern das war nur gegen Lizenzgebuehren
Auserwaehlten erlaubt,die dann das Material an die Konsumenten weiterverkaufte.

Schon bald kam man drauf,dass nach dem Einschlag auch an die Aufforstung zu
denken ist.Da der Zyklus gut und gerne 30 Jahre lang ist,versuchte man mit schnell-
wachsenden Monokulturen das Auseinanderklaffen der Schere einzubremsen.

Monokulturen sind allerdings auch fuer Schaedlinge reich gedeckte Tafeln und daher
entwickelte sich bereits im Mittelalter so etwas wie Forstwirtschaftskunde.

Diese Gegensteuerungsmassnahmen,die von den Landesherren mit entsprechenden
Dekreten unterstuetzt wurden,verhinderten z.B.,dass ganz Bayern abgeholz wurde.
Der Waldbestand in Bayern reduzierte sich naemlich innerhalb eines Jahrhunderts
um 50 %.

Aber auch der Wienerwald lief in Gefahr abgeholzt zu werden.

In den Kriegszeitenjahren und danach,sowohl nach dem WK I als auch WK II fuhren
die Wiener mit Saegen bewaffnet in den Wald und besorgten sich Brennmaterial.

Ja, man dachte seitens der Gemeinde sogar daran,den ganzen ( zu Wien gehoerenden)
Wienerwald abzuholzen,was am Widerstand eines gewissen Herrn Josef Schoeffel
scheiterte.

Mangels Geld in der Stadt und Staatskasse wollte man ein Viertel der Waldflaeche an
einen Holzhaendler verkaufen,wogegen Herr Schoeffel mobilisierte.

X-Mal wurde er vorgeladen,Schweigegeld in beachtlicher Hoehe wurde ihm angeboten
und als das nicht zum gewuenschten Ergebnis fuehrte,liess man ihn wissen,dass ein
Jaeger mit keiner Strafe zu rechnen hat,wenn er ihn im Wald antrifft.

Herr Schoeffel nahm daraufhin an keiner Jagd mehr teil,blieb am Leben und rettete
so den Wienerwald.

Jock


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Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #34 am: September 23, 2021, 15:53:07 »

 vom: 03. April 2018, 10:51:45 »
________________________________________
Faehrt man die Triesterstrasse Richtung Sueden,sieht man nach der Spinnerin am
Kreuz,an klaren Tagen,einen der Hausberge von Wien.

Am Horizont erhebt sich everestgleich der Schneeberg,so knapp 2.000 m hoch.
Den zweiten Hausberg,die Rax sieht man nicht und ebenfalls nicht den Semmering.

Kahlenberg,Leopoldsberg und Bisamberg sind innerhalb der Stadtgrenzen von Wien
und die lasse ich mal vor,obwohl sie eher dem Begriff "Hausberge" entsprechen.

Obwohl Rax und Schneeberg auch Ziele der,meist Tagesausfluegler sind,sind sie nicht
historisch oder gesellschaftlich so interessant,wie der Semmering.

Einst war der Semmering,besser die Ortschaft Semmering ein verschlafenes Gebiet,
bis die Semmeringbahn eroeffnet wurde.Dadurch wurde der Semmering wachge -
kuesst und schwang sich zu einem der modensten Kurorte auf,der gleichrangig mit
St.Moritz oder anderen Hotspots um die Gunst der gehobenen Staende warb.

Die Errichtergesellschaft der Bahn eroffnete das "Suedbahnhotel" und bald darauf
erfolgte der Bau des "Panhans".
Das Suedbahnhotel ist schon lange geschlossen,nur das Panhans wehrt sich bisher
erfolgreich gegen einer Schliessung.

Es war 1880/ 1882 als die goldene Zeit des Semmerings und des Panhans begann.

Durch die Errichtung der Bahn,die alleine schon als Weltwunder galt,war von Wien aus
der Semmering leicht und in kurzer Zeit erreichbar und die glasklare gute Luft zog
die gute Gesellschaft in Scharen an.

Sie fanden dort alles,was man so gewohnt war.Grossartiges Ambiente,vorzuegliche
Kueche und einen gesellschaftlichen Rahmen,der sie "zwang" sich 3 x umzukleiden
und den Champagner nur im Abendkleid und Smoking zu geniessen.

Aber noch interessanter war fuer diese Klientel der Heiratsmarkt,der sich bot.

Die Tochter des Hauses,die schon leicht Moos angesetzt hat,bekam,dank grosszueg-
igster Mitgift,dort noch eine Chance.

Also das Panhans war "in" und so alle Schriftsteller,Kuenstler der damaligen Zeit ueber-
nachteten Zimmer an Zimmer mit dem juedischen Grossbuergertum aus Wien.
Dort trafen sie aber auch die selbe Gesellschaftsschicht aus Ungarn,Boehmen u.s.w.,
sodass man unter sich blieb und das oft wochenlang,denn kuerzer war eine Sommer-
frische nicht denkbar.

Nach dem ersten Weltkrieg war die Hausse vorbei.Teile der Gaeste waren verarmt,hat-
ten Amt und Wuerde verloren oder wurden durch Staatsgrenzen gehindert den Sem-
mering zu besuchen.
Nur dann und wann suchte ein Generaldirektor die Abgeschiedenheit und Ruhe auf,um
mit seiner Sekraeterin bis spaet in die Nacht an einem Projekt zu arbeiten.

Springen wir in die heutige Zeit.

Noch immer floesst die gewaltige Fassade des Panhans Respekt ein.Noch immer haelt
sie 4 Sterne,doch die Auslastung ist zu gering um wirtschaftlichen Erfolg zu feiern.

Oft und oft haben unterschiedliche Besitzer und Investoren versucht an die glorreiche
Zeit anzuknuepfen.Derzeit ist das Panhans und anderes rund um den Semmering im
Besitze einer ukrainischen,etwas undurchsichtigen Gesellschaft.

Die versprochenen Geldfluesse sind spaerliche Rinnsale und zum Verdruss stellt sich
mancher in der Gemeinde die Frage,ob es wirklich Kaufleute sind,die sich hier einge-
nistet haben oder sind es eher Ornithologen,da immer haeufiger ein Pleitegeier an-
sichtig wird.

Eine einzige Chance auf Wiederauferstehung hat das Panhans noch.Aber da muss sich
"Basti" einen Ruck geben.

Das Verhuellungsverbot muesste im Umkreis von 25 Km aufgehoben werden und nach
ein bisschen Werbung in den Emiraten sprudelt das Geld nur so.

Jock
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Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #35 am: September 23, 2021, 15:53:59 »

 vom: 04. Oktober 2018, 09:42:07 »
________________________________________
In vielen Grossstaedten findet man sie - in Graz,Salzburg,Lampang oder in Wien.

In Wien werden sie Fiaker genannt und haben eine lange Tradition.

1693 vergab der Kaiser Leopold I. die ersten Lizenzen fuer den lohnpflichtigen Trans-
port von Personen in Wien,mittels Pferdewagen.

Die ersten Fiaker hatten ein schweres Leben,denn sie waren gegenueber den Saenften-
traegern zu teuer.Und der Adel und das Grossbuergertum hatte ohnehin ihre eigenen
Fuhrwerke.
Doch langsam wandelte sich die Offerte :Trag ma,aller Gnaden"zu "Fahr
ma,aller Gnaden" ab,denn auch damals,in der guten alten Zeit ,galt "Time is Money" und
8 Beine sind nun mal schneller unterwegs als jene der 4 von den Traegern.

1860 waren in Wien 1149 Fiaker,1352 Einspaenner und 890 Einstellwagen in den Strassen
Wiens unterwegs.

Der Beruf eines Fiakers hatte hohes Ansehen und unterlag aber strengen Standesregeln.

Sie mussten ordentlich gekleidet sein und einen Zylinder tragen,durften waehrend der Fahrt
nicht rauchen und es war ihnen auch verboten,einen Nebenberuf auszuueben.

Sollte er einem Fahrgast zuviel verrechnet haben,drohte ein Tag Gefaengnis,fuhr er zu
schnell und die Polizei erwischte ihn in flagranti,wurde er an Ort und Stelle geohrfeigt oder
sogar geschlagen.

Einer der bekanntesten Fiaker war Josef Bratfisch,wegen seiner Leibesfuelle auch "Nockerl"
gerufen.
Sein unnummeriertes Zeugl stand dem Kronprinzen Rudolf zur Verfuegung,wenn er und seine
Freunde inkognito ins Nachtleben von Wien eintauchen wollten.Er wusste auch die Tuer in der
Hofburg,wo die dahinterliegende Treppe in die Gemaecher des Kronprinzen fuehrte.Dort
lieferte er die Damen ab,die die Absicht hatten,eine Nacht mit dem Kronprinzen zu verbringen.

Am 30.Jaenner 1889 absolvierte er eine seiner letzten Fahrten und fuhr die Graefin Mary
Vetsera nach Mayerling,wo der Rudolf schon wartete.

Er sang ihnen noch ein paar Wienerlieder vor,bevor er sich auf den Heimweg machte.

Stunden spaeter fielen die Schuesse und am Morgen fand man zwei Leichen,die Anlass fuer
ein hektisches Treiben im Staatsapparat war.

Alles was der Kronprinz mit "Rudolf" unterzeichnet hat,verschwand.Das umfangreiche Konvolut
soll sich im Familienschloss der Taaffe in Schottland befinden. Bis heute verweigert die Familie,
dass Historiker Einsicht nehmen und so bleibt das Geheimnis um Rudolfs Staatsstreichsplaenen
ungeloest.

Auch Bratfisch wurde aus dem Verkehr gezogen.Der Hof "pensionierte" ihn und zahlte ihm einen
hohen Geldbetrag,damit er seinen Mund haelt.

Es war soviel Geld,dass er ein "Schloessel" kaufen konnte.Das Schloessel war zwar nur ein kleiner
Gutshof,doch der wird heute noch von seinen Nachfahren bewirtschaftet.

Seither ist viel Wasser die Donau hinuntergeflossen und die Fiaker sind heute andere.

Kaum einer traegt noch Zylinder und die Pferdchen tragen modische Poohbags und haben an
heissen Tagen hitzefrei.

Auch mit der Moral ist es hin und wieder schlecht gestellt.So soll es vorkommen,dass ein Fiaker
unbedarften amerikanischen Touristen,den Donaukanal  als die "schoene blaue Donau" ausgibt
um sich die Fahrt in den 2. oder 20.Bezirk zu ersparen.

Und das Schlimmste - Auch Frauen duerfen als Fiaker am Kutschbock die Pferde lenken.

Seither weiss man - die Welt steht auf keinen Fall mehr lang.

Jock

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Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #36 am: September 23, 2021, 15:55:59 »

 vom: 23. Oktober 2018, 10:44:53 »
________________________________________
Wie jeder weiss,ist Wien die Hauptstadt der Bundesrepublik Oesterreichs.

Zum Gueck,denn es haette anders kommen koennen.

Als die Zeit gekommen war,die Monarchie auf den Misthaufen der Geschichte zu werfen
und etwas Neues zu etablieren,stellte sich die Frage,wie nennen wir es.

Seltsame Namenskreationen waren im Umlauf.

"Suedostdeutschland" soll die neue Republik heissen,meinen die einen.Nein,besser "Hoch-
deutschland",die anderen.
Vielleicht ist "Deutsches Bergreich" passender, oder "Donau- Germanien" ?

"Ostass","Ostdeutscher Bund","Deutschmark","Teutheim","Treuland",und "Friedeland" oder
"Deutsches Friedland" waren in der Diskussion.

Mit keinem dieser Namensvorschlaege koennte ich mich anfreunden.Schon gar nicht,wenn
mein Land "Ostass" hiesse und ich Antwort auf die Frage geben muesste,von wo ich herkaeme.

Schlussendlich wurde beschlossen,dass die neue Republik "Deutsch-Oesterreich" heissen soll.

Dieser Name bestand allerdings auch nicht lange und die Briefmarken,mit dem Aufdruck "Deut-
sch-Oesterreich"mussten bald darauf eingestampft werden.

Bei den "Friedensverhandlungen"machten die Siegermaechte vieles falsch.

Nur eines machten sie richtig und ich bin heute noch dankbar dafuer.

Sie verboten den Namen "Deutsch-Oesterreich" und versagten die Erlaubnis,dass Oesterreich
sich an Deutschland anschliesse oder vereine.

Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #37 am: September 23, 2021, 15:56:38 »

 vom: 27. Oktober 2018, 23:49:55 »
________________________________________
Der Winter steht vor der Tuer

Laengst hat man das Mobilar der Schanigaerten in die Keller geraeumt und ueber-
wintert bei den Kuebeln wo der Oleander eingepflanzt ist.

Wenn die Aussentemperatur 3 Grad anzeigt und die Schneegraupel vom Himmel
faellt,empfindet mancher sibierische Kaelte von minus 15 Grad.

Aus dieser Begebenheit entsteht so mancher freundliche Dialog,wenn jemand zu
langsam ein Wiener Kaffeehaus betritt.

Gast,der in der Naehe des Ofens sitzt :"Hearst bist deppat ? - Moch de Tiar zua ! "

Der Eintretene : "Oida sei net so haglich,i bin jo scho do "

Gast der in der Naehe des Ofens sitzt und leichte Erfrierungen davon getragen hat,
zieht eine betruebliche Erkenntnis ueber die ganze,auf dem Planeten lebende Mensch-
heit : " Lauta Trotteln !" 

Grund fuer die Auseinandersetzung ist die nicht choreographierte Handhabung von
Eingangstuere und Kotze.

Die Kotze ist eine wichtige Einrichtung eines Kaffeehauses zur Winterszeit,die den
Geschaeftsgang stark beeinflussen kann.

Eigentlich sind es zwei Stoffbahnen aus Filz,die dazu dienen sollen,den kalten Luftzug
von draussen abzuhalten und die Temperatur im Inneren ertraeglich  zu halten.

Der neu eingetretene Gast hat mittlerweile Platz genommen und seine Melange ser-
viert bekommen und wollte sich eben in die Kronenzeitung vertiefen,als ein weiterer
Gast das Kaffeehaus betritt.

Und schon kann er sich nicht zurueckhalten und ruft ihm zu:"Hearst bist deppat ?-
Moch die Tiar zua,es geht jo koit eina ! "

Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #38 am: September 23, 2021, 15:56:58 »

 vom: 31. Oktober 2018, 12:40:17 »
________________________________________
Wien ist anders,

und das wollte Wien auch beweisen und stellte sich jahrelang stur,den Rechtsverkehr ein-
zufuehren.

Erst als ein gewisser Adolf kam,mussten alle Strassenbahnen,die noch nicht auf Rechts-
verkehr umgebaut waren,dies endgueltig erledigen.
Nicht nur die Garnituren auch die Signalanlagen mussten den neuen Begebenheiten an-
gepasst werden,was sich schmerzlich in der Stadtkasse bemerkbar machte.

Seit jeher war der Linksverkehr in Europa ueblich,bis Robespierre,um die Gleichheit aller
franzoesischen Buerger bemueht,eine einheitliche Regelung der Verkehre verordnete.

Ab da wurde an der rechten Strassenseite gefahren und Napoleon zwang die bezwungenen
Laender ebenfalls,diese Verkehrsregelung zu uebernehmen.
Nach der Vertreibung Napoleons,blieben viele Laender auch Deutschland beim Rechtsverkehr.

Nur die oesterreichisch - ungarische Monarchie nicht.Sie fuehrte sofort nach der napoleon-
ischen Zeit wieder den Linksverkehr ein.

Ausser Tirol und Vorarlberg,dort fuhr man auf der rechten Strassenseite weiter.

1921 endlich,wurde der Rechtsverkehr amtlich.Es dauerte allerdings noch 17 Jahre bis ueber-
all der Rechtsverkehr gang und gaebe wurde.

Dadurch entstanden zwischen 1921 und 1938 Gebiete,wo man auf unterschiedlichen Seiten
fahren durfte.

Wien links,Niederoesterreich rechts,ausser auf den Ausflugsstrecken z.B nach Mariazell,wo
man,wie gewohnt,die linke Seite befuhr.

Warum sich ueberhaupt der Linksverkehr eingebuergert hat,erklaert sich aus der Tatsache,
dass die meisten Menschen Rechtshaender sind.

So besteigt man das Pferd auf seiner linken Seite,so besteigt man das Fahrrad oder das
Motorrad ebenfalls links.
Ist Linksverkehr angesagt,ist die Motorradtour ein Aeutzerl sicherer,da man beim Auf -
oder Absteigen nicht so sehr auf den vorbeifahrenden Verkehr achten muss.

Als letztes Land Kontinentaleuropas stellte 1967 Schweden auf Rechtsverkehr um.

Anfangs waren ein paar Verkehrstote mehr zu beklagen,doch das hat sich eingependelt.

Nur die Briten,Irlaender,Maltesen und Zyprioten haben noch Linksverkehr und muessen
sich von den Kontinentaeuropaeern vorwerfen zu lassen,dass sie stets auf der falschen
Strassenseite unterwegs sind.

Jock



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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #39 am: September 23, 2021, 15:58:18 »

 vom: 04. Januar 2019, 11:56:32 »
________________________________________
Der Hutnadelerlass in Wien

Fast nicht zu glauben,dass eine 10 Jahre alte EU - Verordnung ueber eine bestimmte Pizza,
einen Herrn Kern,derart aus dem Gleichgewicht bringt,dass er sogar die bestehende EU ab-
schaffen will.

Da kann ich mir gut vorstellen,was fuer einen Aufstand er gemacht haette,als der Hutnadel-
erlass verfuegt wurde.

1880 hatte Wien eine Einwohneranzahl von 750.000.Bis 1918 wuchs diese bis auf 2,3 Mio Ein-
wohnern an.

Nicht nur die Stellung Wiens als Haupt-und Residenzstadt war fuer den Zuwachs verant-
wortlich,sondern auch die Eingemeindung umliegender Staedte,wie Klosterneuburg,Schwechat
oder Floridsdorf.

Spaeter,im Laufe des Krieges kamen noch hunderttausende Fluechtlinge,Vertriebene und
Verwundete hinzu.

Diese Entwicklung stellte die Stadt vor grosse Herausforderungen,denn es musste gesorgt
werden,dass genug Wohnraum vorhanden ist,die Lebensmittelversorgung klappt und die
Menschenmassen transportiert werden koennen.

Bis zum Kriegsbeginn 1914 konnten die Stadtvaeter den Herausforderungen noch halbwegs
gerecht werden.

Aber nach der Kriegserklaerung sank jedoch die Bauleistung gegen Null und die Schatten des
Krieges legten sich mehr und mehr auf die Stadt.
Je laenger der Krieg andauerte,brach die Lebensmittelversorgung aus der Kornkammer Ukraine,
der Fleischkammer Ungarn und aus der umliegenden Landwirtschaft,ein.

Die umliegenden Bauern verdienten sich eine goldene Nase,indem sie zu ueberhoehten Preisen
ihre Produkte an die "Hamsterer" verkauften,anstelle sie den normalen Versorgungskanaelen
zur Verfuegung zu stellen.

Da bald nach Kriegsausbruch die Industrien mehr und mehr auf Kriegswirtschaft umgestellt
worden waren und davon war auch die Lebensmittelindustrie betroffen,deren Produktion zu gros-
sem Teil der Verpflegung der kaempfenden Truppen zur Verfuegung gestellt wurde,war Schmal-
hans in den Kuechen allgegenwaertig.
Frauen hatten ohnehin wenig Zeit,sie in der Kueche zu verbringen,da sie in den Fabriken die
Maenner,die im Feld waren,ersetzen mussten.Der Frauenanteil in der Wirtschaft war in diesen
Jahren sehr gross und nahm nach Kriegsende wieder rapide ab.

Dann hiess es wieder "Frauen zurueck an den Herd".

Bis 1914 war die Stimmung in der Bevoelkerung ausgezeichnet und man war es auch noch kurz
als ein unannehmbares Ultimatum den Krieg ausloeste und Truppen ausgehoben wurden.

Die Mariahilferstrasse war mit Girlanden geschmueckt und allerorts hoerte man den Schlacht-
ruf" Serbien muss sterbien" oder  " Jeder Schuss,ein Russ,jeder Tritt,ein Brit".
Beim Abtransport zur Front rief man sich noch begeistert zu " zur Weihnacht san ma wieder da-
hoam".
Keiner dachte daran,dass der Krieg vier Jahre dauern wuerde und mit einer Niederlage endet.

Doch bald darauf kamen die ersten Fluechtlinge und Kriegsversehrten an und verschaerften die
Wohn-Lebensmittel- und Transportprobleme.

Viele der Fluechtlinge waren Juden,was ein Spannungsfeld auftat und den,in der Stadt beheimar-
enden Antisemitismus,Auftrieb gab.
Jedoch diese und auch die Kriegsversehrten mussten irgendwie versorgt werden.

Die Stadt funktionierte das Parlament und die Universitaet,wie auch weitere oeffentliche Ge-
baeude zu Notschlafstellen um und errichtete zudem in den Flaechenbezirkten Simmering,
Favoriten und Meidling ausgedehnte Barakensiedlungen.
Die Massenausspeisungen von, immerhin 375.000 taeglich verabreichte Portionen,erfolgte in schnell
errichteten Hallen,wovon es 19 in Wien gab.
Nebenbei waren auch kirchliche und private Einrichtungen eingebunden,den Hunger nicht ueber-
hand kommen zu lassen.

260.000 Kriegsverwundete mussten ebenfalls versorgt werden,was in 7 Kriegsspitaelern,in 91
Hilfsspitaelern des Roten Kreuzes und 11 Notspitaelern,geschah.

Die Probleme beim Massentrasport waren ebenfalls eklatant.Die Verkehrsbetriebe hatten einfach
nicht genug Kapazitaet die notwendigen Leistungen zu erbringen.

Daher ergingen (erfolglos) Aufrufe,Uberfuellungen der Garnituren zu vermeiden und sich nicht
an jene Strassenbahngarnituren anzuhaengen,die die Verstorbenen transportierten.

Diese Garnituren fuhren meist zeitig in Frueh oder in der Nacht,trotzdem wurden sie von den
Schwarzfahrern gerne genutzt.
Die Verkehrsbetriebe haben angesichts des Umstandes,dass die Verstorbenen in den allermeisten
Faellen,ohnehin keine Fahrkarten haben,darauf verzichtet,Schaffner den Waggons mitzugeben.

Grosse Empoerung und Aufregung loeste jedoch der "Hutnadelerlass" aus.

Damals verliessen die Damen der oberen Staende ihre Wohnungen nur mit vollstaendiger Be-
kleidung.Dazu gehoerte selbstverstaendlich Hut und Handschuhe.

Ihre Hutcreationen waren jedoch nicht gegen Windboeen gefeit und damit die teuren Produkte
der Modistinnen nicht fortgeweht werden koennen,wurden sie mit langen Hutnadeln im Haar be-
festigt.

Bei Draengereien in der Strassenbahn,gab es daher lautes "Auweh" und " Bist deppat ?",wenn
durch die Nadel ein Auge verletzt oder ein Gesicht zerkratzt wurde.

Die Haeufung solcher Unfaelle zwangen die Stadtvaeter einen Erlass herauszugeben,worin der
Gebrauch von Hutnadeln verboten wurde.

Dagegen wurde das Buergertum rebellisch und erreichte,dass der Erlass entschaerft werden mus-
ste und fortan Hutnadeln dann erlaubt wurden,wenn die Nadelspitze gesichert werden konnte.

Der Hutnadelerlass war aber keine "Spezialitaet" der Wiener Stadtregierung.

Auch in Berlin gab es einen aehnlichen Erlass,der Hutnadeln verbot.

Traf ein Polizist eine Dame mit Hutnadel an,gab es eine Strafe von 60 Mark.

Und 60 Mark waren immerhin der Wochenlohn eines Arbeiters.

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #40 am: September 23, 2021, 15:59:02 »

 vom: 04. Januar 2019, 17:54:04 »
________________________________________
@Malakor stellt die Frage,was waere gewesen,haette es keinen Thronfolger gegeben.

Nun,es haette immer einen Thronfolger gegeben.

War zuerst Kronprinz Rudolf der natuerliche Thronfolger,kam nach seinem Suizid Erz-
herzog Franz Ferdinand an die Reihe.

Nachdem dieser ermordet worden ist,kam ein weiteres Familienmitglied zum Zug - der
spaetere Kaiser Karl.

In der "engeren" besser weiteren Familie,waren fast 2 Dutzend Erzherzoegeda ,die als Nach-
folger des Kaisers Franz-Joseph in Frage gekommen waeren.

Die interessantere Fragestellung ist,wie waere die Geschicke der grossen Monarchie ausge-
fallen,wenn Kaiser Franz-Joseph zu Lebzeiten Kronprinz Rudolfs gestorben waere.

Bekanntlich haben sich die politischen Einschaetzungen zwischen Vater und Sohn,der-
art unterschieden und die wenigen schriftlichen Unterlagen zeigen es,dass man den vorsicht-
igen Schluss ziehen kann,dass die Monarchie wohl umgebaut worden waere,aber vielleicht als
" Bundesstaat "als Gesamtgebilde erhalten haette werden koennen.

Der Kaiser Franz Josef war gepraegt aus einer anderen Zeit und hatte nicht erkannt,dass
sich ein absolutistischer Regierungsstil ueberholt hat.

Zugestaendnisse die der Palast nach der Maerzrevolution 1848 machen musste,hob er klein-
weise wieder auf.Dabei wurde negiert,dass die Unzufriedenheit speziell bei den Ungarn und
Boehmen und in der italienischen Provinz stets anstieg.

Es war die Zeit,wo sich die Bestrebungen zum Nationalstaat besonders bemerkbar machten,
und nur ein Wort auschlaggeben war,diesen Trend noch zu verstaerken.

"Zde" war das Wort,dass dem alten Kaiser viel Kopfzerbrechen bereitete.

Zde ist tschechisch und bedeutet "hier".Die Kommandosprache der k.u.k - Armeee war je-
doch deutsch und es musste beim Zaehlappell so geantwortet werden.

Die tschechischen Soldaten und Truppenteile jedoch antworteten auf tschechisch,was als
Retourkutsche allerlei Sanktionen zur Folge hatte- bis hin zur Nichteinberufung des Parla-
ments durch den Kaiser.

Auf Kronprinz Rudolf folgte Erzherzog Franz-Ferdinand,der die politische Lage ganz anders
sah,als der Kaiser.

Er erkannte die Gefahr eines Auseinanderbrechens der Monarchie und hatte allerlei Plaene
im Schreibtisch,durch Aenderungen im Regierungsstil oder einer Staatsreform mit besonderer
Zielrichtung auf den Balkan,den absehbaren Zerfall hintanzuhalten.

Alle Bemuehungen,den Kaiser umzustimmen schlugen fehl.Wenn sich die Herren nach ent-
sprechenden Gespraechen trennten,hatten beide vor Zorn einen roten Kopf.Den Ordonanzen
droehnten nach lange die Ohren vom gegenseitigem Geschrei.

Der "richtige" Nachfolger auf dem Thron war Karl. Der arme Kerl war auf eine Regentschaft
in keinster Weise vorbereitet.Auch als schon feststand,dass er Franz-Joseph folgen wird,wurde
er von Kaiser von den Staats-und Regierungsgeschaeften ferngehalten.

1916,als er Kaiser wurde,war es fuer Aenderungen oder Reformen zu spaet.

Der Krieg war im Gange und Europa,ausser Deutschland,war nicht auf der Seite der Monarchie.

Die Folgen kennt man und vorher dachte niemand daran,dass innerhalb 1 1/2 Jahren drei
bestimmende grosse Monarchien untergehen koennten.


Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #41 am: September 23, 2021, 15:59:57 »

 vom: 08. Januar 2019, 13:53:51 »
________________________________________
Die Mandolinen von Penzing

Als junger Mann wohnte ich in einem Vorstadtbezirk in der Goldschlagstrasse.

Genau vor der Verbindungsbahn steht eine der "Trutzburgen",auch genannt Gemeindebau,der in
den 20gern Jahren des vergangenen Jahrhunderts errichtet worden ist.

Eines Tages im Mai,war ich auf dem Weg zu meiner Wohnung,als ich aus einem Souterainlokal
suedlaendisch klingende Musik hoerte.

Ich blickte durch das offenstehende Fenster und war erstaunt.

Darin bildeten 20 Leute ein Orchester und uebten ein Musikstueck, das auf /mit Mandolinen ge -
spielt wurde.

Das war fuer mich ungewoehlich,denn mit Wien verbindet man die Violine,die Gitarre oder das
Akkordeon,wenn man nicht gerade an philharmonische Konzerte denkt.

Die Assoziation,die eine Mandoline und ihr Klang hervorruft,verbindet man mit suedlichen Ge-
filden,wie Italien,Palmen,silbernes Meer und bluehende Zitronenbaeume.

Nur,in Wien gibt es kein Meer,und Palmen findet man nur im Palmenhaus in Schoenbrunn und stellt
sich daher die Frage,wieso findet man ausgerechnet hier ein Mandolinenorchester ?

Und zwar nicht nur eines,sondern zu dieser Zeit gab es in den Arbeiterbezirken an die 20 da-
von."Das "Erste Favoritner Mandolinenorchester",das aus dem"Ersten Laaerberger Mandolinen-
orchester" entstanden ist,gibt heute noch Konzerte.Leider fast unbemerkt von der breiten Masse.

Eine Erklaerung,warum die Mandoline in Wien grosse Beliebtheit errang,liegt darin,dass das
Instrument,nicht nur leicht und somit einfach zu transportieren ist und andererseits man es damals
relativ billig zu erwerben konnte.

Es war vor allem die Arbeiterschaft,die zur Mandoline griff und das war gleichzeitig eine Auswirk-
ung der Bildungsoffensive,die um 1900 herum gestartet wurde.

Nicht nur vor 1900 sondern auch nach dem WK I,trachtete die Bourgeoisie bei der Arbeiterschaft
die "Arme getrennt vom Kopf" zu halten.Also sie ungebildet zu lassen,damit man billige Arbeits-
kraefte rekrutieren kann.

Da griff vor allem,aber nicht nur,die Sozialdemokratie ein und richtete Bildungsstaetten in den
Bezirken ein,dessen Angebote von der Arbeiterschaft regelrecht gestuermt wurden.

Die Offerte waren breit gestreut.Von allerlei praktischen Kursen,Fremdsprachenunterricht u.s.w.
wurde auch nicht auf die "Schoenen Kuenste"vergessen,die sich von Musikunterricht ueber Origami
und Modellieren von Skupturen,erstreckte.
Damals wurden auch eine Reihe von Volksbibliotheken eroeffnet,wo man sich Buecher leihen konnte,
die damals sich breite Masse nicht geleistet haette.

Die Urania,fuer deren Erbauung Kaiser Franz Josef aus seiner Privatschatulle einen ansehlichen Be-
trag beisteuerte,ist heute noch in Betrieb.
Neben Vortragssaal,Kino und Sternwarte gibt es auch etwas fuer die Kleinsten - das Kasperltheater.

Heute heissen diese Bildungseinrichtungen Volkshochschule,wo Interessierte zwischen 70 Fremd-
sprachenkurse waehlen koennen und jaehrlich  150.000 Wiener die diversen Kurse besuchen.

Der alte Kalauner,wo der Politiker zum Bischof sagt:"also ihr haltet sie dumm und wir halten sie arm"
wurde durch diese Initiative unterlaufen,aber dafuer der Spruch:"Wissen ist Macht"unterfuettert.

Jock

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #42 am: September 23, 2021, 16:00:42 »

 vom: 15. Januar 2019, 09:22:32 »
________________________________________
Die Wiener und ihr Verhaeltnis zum Scharfrichter

Oft vermittelt der Wiener,er sei ein Grantscherm,dem alles Zwider ist und er stets das
Bummerl hat.

Uebersehen wird dabei,dass in seinem Inneren ein goldenes Herz schlaegt,das sich da-
hingehend aeusssert,dass er nicht verstehen kann,wenn nicht die halbe Berufsfeuerwehr
ausrueckt,um ein verstiegenes Kaetzchen vom Baum zu holen.

Die Ambivalenz kam besonders zum Ausdruck,wenn wir das Verhaeltnis der Wiener zum
Scharfrichter/Henker beleuchten.

Als vor knapp dem Jahre 1900,Herr Josef ( Pepi) Lang,der schon einige Jahre seinem Schwager
bei Hinrichtungen geholfen hatte,gefragt wurde,ob er denn nicht als Hauptberuflicher Hin-
richtungen ausueben wolle,schlug er ein.

Herr Lang betrieb in der Simmeringer Hauptstrasse ein Kaffeehaus,das stets gut besucht war,
denn er war ein umgaenglicher freundlicher Mann,der die Strasse  nur mit seinem "Stoesser"
am Kopf betrat und den Eindruck vermittelte,mit ihm sei gut Kirschen zu essen.

Allerdings ergab sich da ein kleines Problem,das man loesen musste,bevor man ihm das Amt
anvertraute.

Er war zu diesem Zeitpunkt bereits ueber 40 Jahre als und eigentlich durfte er mit diesem
Alter nicht mehr Beamter werden.
Nach einigen Hin-und Her fand man eine Loesung und er wurde in den Staatsdienst uebernom-
men.Das Kaffeehaus jedoch musste er dafuer aufgeben.

Er gab das Kaffeehaus auf,wurde Scharfrichter und die Herzen der halben Monarchie flogen
ihm zu.

Reiste er zu einer Hinrichtung an,wurde er am Bahnhof mit der Musikkapelle empfangen und
der Buergermeister begruesste ihn mit herzlichen Worten.
Die Haute Volee riss sich um ihn und ueberschuettete ihn mit Einladungen zu vornehmen Abend-
veranstaltungen,wo man ihm Schampus und Kanapees reichte.
Alle Aufmerksamkeit war ihm sicher,wenn er von seiner Arbeit berichtete und aus dem Naeh-
kaestchen plauderte.
Erwartungsgemaess fielen dabei Damen des ersten Ranges standesgemaess in Ohnmacht und
mussten mit Riechsalz wieder ins Leben zurueckgerufen werden.

Am naechsten Tag erledigte er sein Staatsgeschaeft,indem er einen Verurteilten aufknuepfte,
verfasste darueber einen Bericht an das Justizministerium und reiste zufrieden wieder heim.

Nie gab es eine Beschwerde ueber ihn,denn er arbeitete sauber und gewissenhaft.

Seine hervorstechenste Hinrichtung vollzog er an Cesare Battisti.

Battisti war in Trient geboren und oesterr.-ungarischer Staatsbuerger,der im WK I.nachdem
Italien in den Krieg eintrat,die Seite wechselte und in der italienischen Armee fuer die Italiener
kaempfte.

Er wurde am 10.Juli 1916 gefangen genommen und nach Trient verbracht und zum Tode ver-
urteilt.
Als er im Gefaengnis sass und auf sein Verfahren wartete,hoerte er schon den Zimmermann,
der an seinem Galgen arbeitete.
Auch Josef Lang,stieg in einen Schnellzug um rechtzeitig die Hinrichtung zu vollziehen.

Nach getanem Werk,liess er sich hinter dem Hingerichteten fotographieren,wobei er darauf
achtete,breit zu Grinsen und den Stoesser am Kopt zu behalten.

Von der Fotographie wurden Postkarten angefertigt,die reissenden Absatz fanden und mit
lieben Gruessen an die Anverwandten zu Hause,zur Post gegeben wurden.

1918 schaffte die junge Republik die Todesstrafe ab und Herr Lang wurde pensioniert.

Da er von der schmalen Pension nicht leben konnte,verdingte er sich als Hausmeister bis er
1925 starb.

Nochmals kam dabei seine Popularitaet zum Ausdruck,denn 10.000 Wiener begleiteten ihn
zum Grab.

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #43 am: September 23, 2021, 16:01:32 »

 vom: 16. Januar 2019, 09:50:12 »
________________________________________
Die Tante Dorothee


Zeitlebens habe ich jeden Kontakt mit ihr vermieden,doch einmal vor 12 Jahren hatte ich sie
doch besucht und ich staunte nicht schlecht.

Ihr Haus,das durchaus als Palais durchgehen kann,wurde von einem beruehmten Architekten
erbaut.Die Raeumlichkeiten mit meterhohen Decken gleichen Saelen und jede Menge Marmor
und Stuck ist an den Waenden und Boeden.

Wertvolle Teppiche,Gemaelde,goldene Uhren und sonstiges Geschmeide fand sich zuhauf.

Tante Dorothee bevorzugt ein offenes Haus.Jeder ist ihr willkommen,egal ob gross oder
klein,alt oder jung und sie ist bekannt,dass sie immer ein offenes Ohr fuer finanzielle Noete
hat.

Allerdings hat sie sich ein kaufmaennisches Empfinden bewahrt und Geld gibt sie nur dann
her,wenn sie dafuer ein kleines Pfand entgegennehmen kann.
Genaugenommen ist sie eine Wucherin,denn umgerechnet aufs Jahr,verlangt sie geschmalz-
ene 40 % Zinsen und Gebuehren.

Wird das Pfand nicht rechtzeitig eingeloest,wird sie kaltherzig und versteigert die Kuckucksuhr,
den Ehering mit Gravur oder auch die Briefmarkensammlung mit der roten Merkur.

Damit wurde sie reich und trotzdem ist sie wohlgelitten und niemand verliert ein boeses Wort
ueber sie.

Heute ist Tante Dorothee schon ueber 200 Jahre alt und noch immer im Geschaeft.

Damals ermoeglichte ihr ein kaiserliches Patent die Ausuebung dieses Gewerbes und je schlechter
die Zeiten sind oder noch werden,um so besser laufen ihren Geschaefte.

Tante Dorothee ist das groesste und bekannteste Pfandleihaus von Wien und ihre Auktionen
sind weltweit beachtet.

Weniger beachtet werden die thailaendischen Pendants zur Tante Dorothee,obwohl sie ebenfalls
eine wichtige Funktion im Zusammengefuege der Gesellschaft leisten.

So wie jene Dame aus Samut Prakan,deren Bekanntschaft ich gemacht habe.

Sie war eine alte ungepflegte Frau,billigst angezogen und ihre Haare standen straehnig vom
Kopf ab,die von meiner Frau,die offenbar einst Kundin gewesen war besucht wurde.

Sie und meine Frau,die mittlerweile Millionaerin geworden ist,verstanden sich gut und tauschten
Neuigkeiten aus.
Ich sass dabei,verstand kein Wort wovon gesprochen wurde und beobachtete die Szene.

Da kam ein Mann vorbei,der sich mit einem tiefen Wai einfuehrte,ein schmerzvolles Gesicht auf-
zog und der guten Frau seine Not schilderte.
Nach kurzem Palaver,hob die die gute Frau ihren Haengebusen an,zog ein paar Geldscheine her-
vor und ueberreichte sie dem armen Teufel.
Auf Papierkram wurde verzichtet und mit einem weiteren tiefen Wai zog der Mann ab.

Noch waehrend der Besuchsdauer erschien eine Frau,die sich ebenfalls mit einem tiefen Wai ein-
fuehrte und uebergab Banknoten an die alte Hexe.
Die zaehlte kurz nach,dann nickte sie und gab das Geld in den einbruchssicheren Tresor zur Ver-
wahrung.
Wie vorhin musste ebenfalls der Busen dabei angehoben werden um sicherzugehen,dass durch
Verlieren oder Verstreuung Verluste entstehen.
Dank des Gravitationsgesetzes und des Volumens des Haengebusen,war ich sicher,dass nicht
einmal Fort Knox mehr Sicherheit bieten koennte.

Tante Dorothee und ihre thailaendischen Schwestern erfuellen daher eine wichtige Erfordernis der
Bevoelkerung.

Braucht jemand,der in kurzfristige monetaere Klemme gekommen ist,Geld,wendet er sich an die
Tante Dorothee.Sie ist immer zur Stelle.

Ohne besonderen buerokratischen Aufwand,ohne hypothekarischer Verbuecherung - ruckzuck-
und in ein paar Minuten ist alles erledigt und man geht zufrieden seiner Wege.

Nach der Auszahlung des Arbeitslosengeldes sieht man sich wieder.

Die eigentlich bedauernswerten Besuche bei Tante Dorothee setzen die Wiener,die gezwungen
sind sie aufzusuchen,in einen golden Rahmen.

Sie sprechen davon,dass SIE der Tante Dorothee Geld geliehen haben.

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Re: Wien, Wien, nur du allein ...
« Antwort #44 am: September 23, 2021, 16:02:19 »

 vom: 18. Januar 2019, 09:10:19 »
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Die Spanische Hofreitschule

Die Spanische Hofreitschule ist eine Institution,die zu Wien gehoert,wie der Wuestel-
stand neben der Oper.

Und uralt ist sie auch noch.

Bereits 1565 wurde sie erstmals urkundlich erwaehnt,doch der Bestand reicht sicherlich
noch laenger zurueck,denn an den Koenigshoefen war es ueblich,koenigliche Reitstaelle
zu haben.

Da konnten die Kaiser in Wien nicht zurueckstehen und importierten geeignete Pferde
erst aus Spanien,da zum spanischen Regenten verwandtschaftliche Beziehungen bestanden,
dann aus anderen Weltgegenden bis man endlich aus dem Gestuet Lipizza Pferdematerial,
die sich als gut trainierbare Tiere erwiesen und oberdrein,als erwachsene Hengste als
Schimmel stolz ihr Koennen dem Publikum zeigen,zurueckgriff.

Dort wo dem zahlenden Publikum ihre Kuenste vorgefuehrt werden,naemlich der Hofreit-
saal,mitten in der Innenstadt von Wien gelegen,gilt als schoenster Reitsaal der Welt.

Fischer von Erlach hat die Plaene fuer den lichtdurchflutenen Auffuehrungsort entworfen und
sein Sohn hat ihn erbaut.Auftraggeben war Kaiser Karl VI,der dafuer tief in die Tasche griff.

Noch heute danken die Bereiter dem Erbauer,wenn sie in die Bahn einreiten und ihren Zweispitz
von Kopf ziehen.
Das zusehende Publikum fuehlt sich geschmeichelt und denkt,der Gruss geht an sie.
Nein,das ist ein Irrtum.Die Bereiter ziehen ihr Gehuet vor dem angebrachten Bildnis des guten
Kaiser Karl VI.

Nach Zusammenbruch der Monarchie,stand es um die Spanische Hofreitschule schlecht.

Die junge Republik hatte kein Geld und andere Sorgen,als ein paar Aspiranten fuer eine Leber-
kaessemmel,am Bestand zu erhalten.

So ueberlegte man tatsaechlich,in das Gebaeude der Hofreitschule entweder ein Kino einzu-
richten oder als staedtisches Schwimmbad weiterzufuehren.

Dieser Kelch ging gottseidank vorueber,die Spanische Hofreitschule kam an den Staat und das
Personal wurden Staatsbeamte und erwirtschafteten verlaesslich jedes Jahr Verluste.

Durch viele Jahrhunderte hindurch,waren es nur Maenner,die mit den Pferden arbeiteten.
Als es in neuerer Zeit unumgaenglich wurde,dass man auch Frauen,die Karriere von der Eleven
bis zur Oberreiterin,eroeffnete,standen Vielen die Sorgenfalten an der Stirn.

Aber es half nichts,Frauen eroberten die maennliche Domaene und das Bundesdenkmalamt
ueberwachte die Einrichtung der notwendig gewordenen Toiletten fuer die weibliche Belegschaft.

Ab nun tragen die Schimmel der Hofreitschule Trauer.

Bei der notwendigen Besetzung der Leitung der Hofreitschule,wurde nicht der bestqualifizierte
Mann bestellt,sondern die Frau eines ehemaligen Bundeskanzlers,die bei dem Hearing nicht
die beste Benotung bekam.
Sie,die nichteinmal mit dem Familienhund umgehen kann,wie die Kronenzeitung vor Jahren be-
richtete,hat von Pferden keine Ahnung und wurde trotzdem bestellt.

Wie man hoert,soll der sonst schweigsame Bundeskanzler heftig interveniert haben.

Jock
 
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