Die Uhr im oeffentlichen Raum.
In urbanen Gebieten war der Klerus der Herrscher ueber die Zeit.
Er bestimmte,wann es Mittag ist.Einmal durch das "Zwoelfeleuten",
dann durch das Anzeigen der Zeit am Kirchturm.
Im landwirtschaftlichen Regionen bestimmten die Bauern durch
Abschaetzen der Laenge ihrer Schatten,wann Mittagszeit und Essens-
zeit ist.
Persoenliche Uhren,ein unerschwinglicher Luxus,konnte sich das
niedere Volk nicht leisten.
Trotzdem war Bedarf gegeben,zu wissen,wie spaet es ist.
Die Kirche reagierte darauf,dass schon Uhren an ihren Gebaeuden
(Kirchen) angebracht wurden,auch wenn es vorerst Sonnenuhren
waren.
Mitte des 18.Jhd.bedingt durch gewerbliche und industrialisierte Wirt-
schaft und besonders durch die Entwicklung des Eisenbahnwesens,
wurde es notwendig,fuer einen groesseren Einwohnerkreis,die ge-
naue Zeit kundzutun.
Die ersten "oeffentliche"Uhren hatten jedoch nur einen Stundenzeiger
und noch keinen Minutenzeiger.An einen Sekundenzeiger dachte nie-
mand.
Das aenderte sich schnell bei den oeffentlichen Uhren,speziell bei
den Bahnhofsuhren und bei den Uhren,die an den "Amtshaeusern"
angebracht wurden.
Gleichzeitig wurden auch an frequentierten Plaetzen Uhren an hohen
Stelen angebracht,die von innen mit Gaslicht beleuchtet wurden und
fuer Spott und Hohn sorgten.
So empfahl eine Zeitung,um sein Leben zu verlaengern,bei der Votiv-
kirche um 12 h einen Fiaker zu besteigen und sich zum Stephans-
platz kutschieren zu lassen,wo man um 11,45 h ankam.
Die verbauten Uhrwerke gingen hoechst ungenau,was eigentlich eh
wurscht war,weil in der Monarchie bis 1912 lokale Zeiten massgeblich
waren.Die zeitliche Differenz zwischen Wien und Lemberg betrug im-
merhin 5 Minuten.
Um sich zu vergewisser,wie spaet ist es wirklich,bzw.wann ist genau
12 h Mittag,wartete man auf dem "Mittagsschuss".
Punkt 12 wurde von der Urania eine Kanone abgefeuert und danach
konnte man sich die private Uhr nachstellen.
Klappte oft sehr gut,Verwirrung stellte sich nur ein,wenn das Abfeuern
aus technischen Gruenden unterblieb oder dass 2 oder 3 Schuesse zu
hoeren waren.
War die oeffentliche Hand vorerst zustaendig,der Bevoelkerung mit
der Zeit zu versorgen,zog bald das Gewerbe und Industrie nach und
montierte grosse Uhren an ihren Fabriken und Geschaefte.
Nachdem Wien eine rote Verwaltung bekam,uebertrumphten die Sozi
die Pfaffen,indem sie bei den Gemeindebauten,unuebersehbare Uhren
anbrachten,bzw.einplanten,um ihnen die symbolische Herrschaft ueber
die Zeit streitig zu machen.
Auf den technischen Sektor der oeffentlichen Uhren wurde staendig
gearbeitet.
Waren es anfangs uebliche Uhrwerke,die man zeitweise aufziehen
musste,galt kurz,als hochgradige Errungenschaft,die pneumatische
Uhr.
Durch Luftstossimpulsen sollte das Uhrwerk in Gang gehalten werden
und die erste derartige Uhr wurde vor der Votivkirche errichtet.
Die Konzession,die dafuer vergeben wurde,sah vor,dass der Konzess-
ionsinhaber zu sorgen hatte,die Luftleitung zu errichten,die Instand-
haltung durchzufuehren und 3.000 Gulden jaehrlich als Luftsteuer
an die Stadtkasse abzufuehren.
Bei der Eroeffnung der Uhr,versammelten sich der Stadtsenat und
die Zeitungen priesen Wien als Weltstadt,weil es als Erste eine pneu-
matische Uhr in Betrieb genommen hat.
2 Jahre spaeter folgte Paris.
Diese Uhr war nur kurze Zeit in Betrieb und loeste Verwunderung aus,
weil jedes der vier Ziffenblaetter eine andere Uhrzeit anzeigte.
Modern wurden Uhrwerke,die elektrisch betrieben wurden,die wesent-
lich besser funktionierte.
1909 war die Geburtsstunde der Wiener Wuerfeluhr,die es heute noch
gibt.
Ein wuerfelartiges Gehaeuse mit abgerundeten Ecken,Zeitansage nach
allen vier Himmelsrichtungen,auf einer hohen Stele montiert,wurde
eine kleine Sehenswuerdigkeit in Wien.
Zur besten Zeit waren ca 170 dieser gleichaussehenden Uhren in
Wien zu finden und alle waren elektrisch betrieben.
Mittlerweile sind nurmehr ca 70 und werden als Werbetraeger fuer
eine Versicherung missbraucht.
Diese Uhr,die das markante Design wiedergibt,gibt es auch als Arm-
banduhr.
1907 Stk. wurden davon gebaut und sind sehr selten.
Alle Uhren wurden am 1.Mai 1915 auf Sommerzeit umgestellt,die
bis 30.September galt.
Damals wie heute das selbe Argument. Energiesparen.
Jock