vom: 24. Juli 2021, 09:16:17 »
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Wenn die Bar El Floridita in Havana oeffnet,sitzt die Figur schon am Ende der Bar-
theke da.
Stumm wie ein Fisch,unbeweglich aber die Barkeeper wissen was sie zu tun haben.
Unaufgefordert servieren sie ein Glas Daiquiri,so wie jeden Tag seit 2003.
Es hat Jahre gegeben,wo Hemingway nicht die El Floridita besuchte,aber von 1939
bis 1960 kam er fast jeden Tag und so wurde die Bar beruehmt.
"Harry's Bar"in Venedig ist auch beruehmt,seit sie vor 90 Jahren ihre Pforten oef-
fnete und zu einem fixen Treffpunkt des internationalen Jetset wurde.
Sie ueberstand viele Krisen,erst Mussolini,dann die deutsche Wehrmacht,hinterher
die Touristen,aber jetzt scheint Ende der Fahnenstange erreicht zu sein.
Corona,dieses teuflische Virus bewirkt,dass wahrscheinlich die Bar nicht mehr oef-
fnen wird.
Geschlossen ist auch in Wien,die einzige Bar,der man internationales Flair zusprechen
kann.
"Die Eden" ist der Sammelplatz der Wiener Society,wo man sich am Abend trifft.
Echte Filmstars frequentierten die Bar,Kosmolpoliten,wie ein reich gewordener Fleisch-
hauer und ein moralisierender Edelfederjournalist,die sich im abgewetzten Pluesch
so verhedderten,dass sie vor dem Richter landeten oder ein verurteilter Bankdirektor,
der auf dem Parkett eine kesse Sohle hinlegte,dass seinem Kardiologen schwarz vor
den Augen wurde und er kurz vor einem Herzinfarkt stand.
Alle,alle kamen sie zum 100 jaehrigen Bestandsjubilaeum,wo 2011 ein grosses Fest
angesetzt wurde.
Gleich nach dem gelungen Fest,kam man allerdings drauf,dass das Gebaeude ueber-
haupt erst 1913 errichtet wurde.
Das Problem loeste man,indem man 2013 nochmals "100 Jahre Eden" feierte.
Wir im Waldviertel koennen da nicht mit und doch schaffte es eine Bar,europaweit be-
kannt zu werden.
Die "Orient- Bar" in Waidhofen/Thaya war in den 60gern der Magnet aller Bauern im weiten Umkreis.
Der Besitzer der Bar,hielt sich ein echtes lebendes Krokodil in einem Terrarium,in der
Mitte der Bar.
Mit dem Tierchen muss er wohl eine besondere Beziehung gehabt haben,weil er
sommers mit "Jokl" zu den Teichen der Umgebung fuhr und sie gemeinsam schwam-
men.
Die Gewaesser hatten sie stets fuer sich alleine.Obwohl das "Krokodue" angeleint
war,verloren alle Schwimmer die Lust am Baden und retteten sich ans Ufer.
Sowohl die Bar,wie auch das Krokodil kamen in die Jahre.
Erst kamen die Maedchen in Miniroecken und hochgesteckter "Farah Diba- Frisur"
nicht mehr,weil sie mit der Zeit gelangtweilt waren,den Abend nur bei einem 1/16
Eierlikoer oder einer Cola,den Burschen zuzuhoeren,wenn sie ueber die Probleme
beim Stierschneiden berichteten,dann eroeffneten nach und nach Dorfdiskotheken.
Und dann starb auch noch das Krokodil und die Bar nahm den Weg aller Bars.
Zuerst sind sie "wegen Urlaubs" geschlossen,dann "voruebergehend" und wenn ein
Schild verkuendet,"wegen Renovierung geschlossen",weiss man,es wird niemals
mehr geoeffnet.
Die Raeumlichkeiten werden anders genutzt.Sind sie gross genug,etabliert sich eine
Bank,ist die Flaeche kleiner,eroeffnet bald ein Chinarestaurant seine Pforten und
wenn auch diese schliesst,erwartet ein Muenzwaschsalon seine Kunden.
Will der Oesterreicher in das Flair einer internationalen Bar eintauchen,muss er weite
Wege zuruecklegen.
Singapore,Hongkong,New York,London,Buenos Aires sind dann die Stationen,wo er
weltbekannte Drinks ordern kann und sich dabai die Asche seiner Zigarre vom Smok-
ing klopft.
(Leider ist Waidhofen/Thaya nicht mehr dabei)
Jock